Ein Wiener muss sich wegen homophober Drohungen und Beleidigungen vor Gericht verantworten. Obwohl er die Taten nicht leugnet, weist er den Vorwurf der Homophobie zurück – das Opfer hingegen spricht von jahrelanger Schikane und Angst. Der Fall wirft auch Fragen zum Umgang der Polizei mit Betroffenen auf.
Wien. Ein 64-jähriger Mann wurde wegen gefährlicher Drohung und Beleidigung zu fünf Monaten Haft verurteilt – die Strafe wurde jedoch zur Gänze bedingt auf drei Jahre ausgesprochen. Hintergrund war, dass er seinem homosexuellen Nachbarn mit dem Tod gedroht hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Da der Mann bisher nicht vorbestraft war, wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich ordnete der Richter an, dass der Angeklagte dem Opfer ein symbolisches Schmerzensgeld von 200 Euro zahlen muss. Diese Auflage sorgte beim Verurteilten für Unmut: Er erklärte, er lebe von der Mindestsicherung und könne sich den Betrag nicht leisten – obwohl er zuvor von einem mehrmonatigen Brasilienurlaub erzählt hatte. Der Mann trat ohne anwaltliche Vertretung vor Gericht auf.
Das Opfer wohnt in einem Gemeindebau im Wiener Bezirk Favoriten und lebt offen homosexuell. Nach eigenen Angaben fühlte er sich jedoch vom Angeklagten schikaniert und mied dessen Wohnung im Erdgeschoss, indem er sich unauffällig vorbeibewegte, um Konfrontationen zu vermeiden. Er erklärte: „Ich trau mich fast nicht aus dem Haus gehen und schleich die Stiegen runter.“
Polizei drückt immer wieder beide Augen zu
Im Juli soll der Angeklagte den Mann durch ein Fenster beleidigt haben, als dieser mit dem Hund einer Nachbarin spazieren ging. Laut Anklage habe er ihn unter anderem als „schwule Sau“ beschimpft. Als das Opfer ihn aufforderte, damit aufzuhören, soll sich der 64-Jährige mit einem Küchenmesser ins Fenster gestellt und gerufen haben: „I stich di o, du schwule Sau.“ Eine Nachbarin wurde Zeugin des Vorfalls und verständigte die Polizei.
Vor Gericht sagte das Opfer aus, es werde vom Angeklagten regelmäßig beschimpft und beleidigt. Dadurch sei bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung erneut ausgebrochen, weshalb er nun wieder psychotherapeutische Hilfe benötige.
Der 58-jährige Betroffene erklärte, die Polizei habe seine Anzeige wegen gefährlicher Drohung zunächst nicht aufnehmen wollen. Erst auf sein ausdrückliches Drängen sei sie schließlich bearbeitet worden. In der Folge sei ein Wegweisungs- und Betretungsverbot gegen den Angeklagten verhängt worden – letzteres halte dieser jedoch nicht ein. Das bestätigte auch jene Nachbarin, die den Vorfall beobachtet und die Polizei verständigt hatte. Sie wurde als Zeugin einvernommen und sagte aus: „Jeder hat Probleme mit ihm.“
Quelle: ORF