Die Pflege- und Betreuungssituation in Österreich steht vor erheblichen Herausforderungen, wie aus der kürzlich veröffentlichten aktualisierten Pflegepersonalbedarfsprognose der Gesundheit Österreich (GÖG) hervorgeht. Bis zum Jahr 2050 werden fast 200.000 Pflege- und Betreuungspersonen benötigt, um die aktuelle Versorgung sicherzustellen. Die Prognose verdeutlicht eine potenzielle Lücke von bis zu 3.000 Personen pro Jahr zwischen der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungen im Pflegebereich und dem tatsächlichen Bedarf.
Die GÖG-Bedarfsprognose, die 2019 bis 2030 reichte und nun bis 2050 fortgeführt wurde, berücksichtigt sowohl den Ersatzbedarf durch Pensionierungen (ca. 108.000 Personen) als auch den Zusatzbedarf aufgrund der demografischen Entwicklung (ca. 88.000 Personen). Allerdings sind mögliche Abwanderungen oder Personalfluktuation aufgrund fehlender Daten nicht im Ersatzbedarf eingerechnet, was die Prognose als absolute Untergrenze kennzeichnet.
Die Studie bezieht sich auf Personal in Akutkrankenhäusern, Reha-Einrichtungen sowie in der stationären, teilstationären und mobilen Langzeitpflege. Nicht einbezogen wurden Personal in Arztpraxen, Behinderteneinrichtungen, Freiberufler sowie Personen in Lehre, Forschung und in Sozialversicherungen. Bis 2030 ergibt sich ein kumulierter Mehrbedarf von etwa 51.000 Personen, bis 2040 von 120.000 Personen und bis 2050 von 196.500 Personen.
Die Prognose konzentriert sich auch auf Pflegepersonen im engeren Sinn, darunter Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz und Diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal. Bis 2030 werden jährlich zwischen 5.000 und 5.900 Personen mehr benötigt. Obwohl derzeit etwa 5.100 Personen in diesen Bereichen ausgebildet werden, muss berücksichtigt werden, dass nur etwa 80 Prozent tatsächlich in den Beruf einsteigen. Fluktuation und andere Abgänge, einschließlich Pensionen, führen zu einer jährlichen Lücke von 2.000 bis 3.000 Personen.
Um diesen Bedarf zu decken, schlägt die Studie Maßnahmen wie die Attraktivierung und finanzielle Unterstützung der Ausbildung vor. Die Rekrutierung internationaler Pflegekräfte, die Anwerbung von Wiedereinsteigerinnen und Quereinsteigern sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen werden ebenfalls empfohlen. Effizienzsteigerungen durch Technologieeinsatz und die Entlastung des Pflegepersonals durch administrative Kräfte sind weitere Handlungsfelder. Die Erhöhung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung wird ebenfalls als präventive Maßnahme genannt, um die Pflegebedürftigkeit zu reduzieren.
Einige Akteure sehen die Prognose als zu konservativ an. So betont die Volkshilfe, dass noch Aspekte wie mehr Zeit für Beziehungsarbeit und eine Reduktion der Wochenarbeitszeit nicht berücksichtigt wurden. Vertreter von Gewerkschaften fordern bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung in der Pflegeausbildung, um den Herausforderungen im Pflegebereich langfristig zu begegnen.
Quelle: ORF