Trotz Protesten und Gnadengesuchen wurde in Missouri Ernest Johnson hingerichtet – sein Intelligenzquotient von 61 Punkten hätte dies eigentlich verhindern sollen.
Jefferson City. Begleitet von negierten Protesten und Gnadenappellen ist am vergangenen Dienstagabend der Afroamerikaner Ernest Lee Johnson im US-Gefängnis Bonne Terre mit der Giftspritze hingerichtet worden. Der 61-Jährige hatte im Jahr 1994 bei einem missglückten Überfall auf einen Supermarkt in Columbia drei Menschen erschossen. 1995 wurde er von einem Geschworenengericht schuldig gesprochen und anschließend zum Tode verurteilt. Nun wurde die Strafe, nach 26 Jahren im Todestrakt, vollstreckt. Ein kurz zuvor eingetroffenes Gnadengesuch von Papst Franziskus hatte Mike Parson, der republikanische Gouverneur von Missouri, zurückgewiesen.
Die Tatsache, dass im Falle Johnsons viele Menschen und Organisationen für eine Umwandlung der Todesstrafe in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe plädierten, hatte nicht nur grundsätzliche Gründe – denn natürlich ist die staatliche Hinrichtung von Menschen in jedem Fall abzulehnen. Im Konkreten ging es jedoch darum, dass gemäß einer Entscheidung des US-amerikanischen Supreme Courts aus dem Jahr 2002 Ernest Johnson wohl sogar zwingend verschont werden hätte müssen: Der Oberste Gerichtshof hatte damals bestimmt, dass Menschen mit geistiger Behinderung oder intellektuellen Entwicklungsdefiziten nicht hingerichtet werden dürfen. Bei Johnson lag eine entsprechende Diagnose tatsächlich seit dessen Kindheit vor, sein IQ hat bei verschiedenen Tests nur knapp über 60 Punkte betragen. Jedoch hat es der Supreme Court den einzelnen Bundesstaaten überlassen, „geistige Beeinträchtigung“ jeweils selbst zu definieren – und in Missouri befand man Ernest Johnson, der zudem an einem Gehirntumor litt, für normal.
Gegenwärtig werden noch in 20 von 198 Staaten der Erde Menschen per Gesetz hingerichtet, auf dem Papier sind es jedoch noch wesentlich mehr Länder, die die Todesstrafe formell nicht abgeschafft haben. In Österreich erfolgte die Abschaffung 1950 für ordentliche und 1968 für standrechtliche Verfahren. In der gesamten EU ist die Anwendung der Todesstrafe verboten. In den USA ist in 27 von 50 Bundesstaaten die Todesstrafe noch vorgesehen. Bei der Anzahl der Verurteilungen und Hinrichtungen liegt Missouri im Spitzenfeld, allerding deutlich hinter Texas. Die Gesamtzahl der jährlichen Hinrichtungen betrug in den USA zuletzt jeweils zwischen 40 und 50 Personen. Menschen aus bildungsfernen Schichten sowie Afroamerikaner werden von US-Gerichten überdurchschnittlich oft zum Tode verurteilt.
Quelle: Der Standard