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Graue Wölfe in Kufstein

Am 15. Juni tauchte ein Foto in den sozialen Netzwerken auf, das Mitglieder des Türkischen Kulturvereins Kufstein mit dem verbotenen Symbol der Grauen Wölfe abbildet. Laut Experten handelt es sich bei der Tiroler Bezirkshauptstadt Kufstein schon seit längerem um einen Hotspot der Grauen Wölfe

Kufstein. Nach den Vorkommnissen rund um den 24. Juni 2020 in Wien, wo eine Kundgebung gegen Gewalt an Frauen von Anhängern der Grauen Wölfe angegriffen und bald darauf sogar Morddrohungen gegen die Integrationsministerin Susanne Raab und den Innenminister Karl Nehammer publik wurden, lässt man, zumindest medial gesprochen, weniger Toleranz gegenüber türkischen faschistischen Gruppierungen walten. Neun Tage vorher, am 15. Juni nämlich, postete der „Türkische Kulturverein Kufstein“ ein Foto mit einer verbotenen Fahne. Vertreter der bürgerlichen Parteien in Kufstein melden sich nun zu Wort.

Bürgermeister Martin Krumschnabel („Die Parteifreien“) verspricht längst fällige Konsequenzen und fordert, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden. Dem ORF gegenüber ließ Krumschnabel verlauten: „Es kann nicht sein, dass jemand öffentlich mit verbotenen Symbolen liebäugelt, und dann trifft ihn nicht die Härte des Gesetzes. Da gehört eindeutig die betroffene Person gestraft, allenfalls auch der Verein. Sollten diese Vereine Umtriebe haben, die sich nicht mit unserer geltenden rechtlichen Lage decken, sollte man sich überlegen, warum solche Vereine in Österreich überhaupt zugelassen sind.“

Kritik von mehreren Seiten

Die Situation in Kufstein wird mittlerweile vom Verfassungsschutz beobachtet. Laut diesem handele es sich bei den Grauen Wölfen um eine Bewegung, der es ausschließlich um das Vorantreiben eines aggressiven türkischen Nationalismus geht, zu keinem Zeitpunkt aber um die Integration ihrer Mitglieder in die Gesellschaft. ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf bezeichnete es als „absolutes Warnsignal“ und empörte sich über die Selbstverständlichkeit, mit der von den dortigen Vereinsmitgliedern „Sympathie zu nationalistischen und rechtsextremen türkischen Organisationen“ bekundet würde. Er forderte ein konsequenteres Vorgehen: „Fakt ist, dass viele Anhänger der rechtsextremen türkischen Partei MHP kein Interesse an Integration haben, sondern einen kulturellen Nationalismus betreiben, sich bewusst von der Mehrheitsgesellschaft abschotten und versuchen, Parallelstrukturen aufzubauen. Hier muss der Rechtsstaat mit allen Mitteln dagegenhalten und klar machen, dass wir solche Tendenzen nicht dulden.“ Auch Ranzmaier (FPÖ) kritisierte die offensive Zurschaustellung von illegaler Symbolik und bezeichnete sie als „unfassbare Provokation“. Das ist verständlich, denn die Mitglieder der FPÖ dürfen sich ja auch nicht mit der ganzen Symbolik zeigen, die ihnen gerade durch den Kopf geht.

Eine Identitätsfrage

Aus einer schriftlichen Stellungnahme des Türkischen Kulturvereins geht hervor, dass für türkischstämmige Österreicherinnen und Österreicher die Wolfsymbolik vor allem Assoziationen mit der türkischen Mythologie hervorrufen würde und nicht unbedingt der heutige politische Hintergrund. Die Symbolik würde durch manche Gruppierungen missbraucht und/oder unbedacht verwendet werden, so zumindest nach Isa Günyeli, Obmann des Türkischen Kulturvereins Kufstein. Vielen sei der Wolf ein bekanntes Zeichen für den türkischen Teil ihrer Identität. Die Fotos seien überdies noch vor dem 1. März 2019 aufgenommen worden (also bevor das Verbot in Kraft trat). Diese Argumentation ist im politischen Diskurs nichts Neues, denn wenn man die letzten 100 Jahre Zeitgeschichte einfach willkürlich ausblendet, ist das Hakenkreuz ja auch nur ein hinduistischen Glückssymbol.

Der sich schon seit Jahren mit den Aktivitäten der Grauen Wölfe beschäftigende Extremismusforscher Thomas Rammerstorfer hingegen meint, der Türkische Kulturverein in Kufstein sei sehr genau einordenbar: Nämlich als Teil der Grauen Wölfe und damit einhergehend in direktem Zusammenhang stehend mit der faschistoiden Partei MHP (Milliyetçi Hareket Partisi). Laut Rammerstorfer handelt es sich bei Kufstein um einen Hotspot der Grauen Wölfe, die vor allem für Minderheiten, linksgerichtete Menschen und Christen eine Gefahr darstellen. Nicht zuletzt seien das Nachwirkungen von jahrzehntelangen Versäumnissen in der Bundespolitik, die „nicht einfach so abgestellt werden“ könnten.

Quellen: meinbezirk​.at

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