Einfach nur widerlich: Bundeskanzler Nehammer lästert im ÖVP-internen Kreis über soziale Nöte von Frauen, Müttern und armen Menschen. Als Armenessen für hungernde Kinder empfiehlt er McDonald’s.
Wien/Hallein. Exakt 22.639 Euro und 90 Cent verdient Bundeskanzler Karl Nehammer monatlich – aus Steuergeld, versteht sich. Netto bleiben ihm dann immer noch knapp 12.000 Euro (hinzu kommen ausreichend Spesen, Vergütungen etc.), pro Tag stehen Nehammer somit rund 400 Euro zur Verfügung. Nach eigener Rechnung kann sich der Bundeskanzler damit täglich nicht weniger als 285 Hamburger bei McDonald’s leisten. In Wirklichkeit sind’s aber nur 235, denn der feine Herr kennt sich mit so profanen Dingen wie Verbraucherpreisen halt nicht aus – aber auch 235 sind wohl immer noch wesentlich mehr, als Nehammer fressen kann.
Wer das geleakte ÖVP-Video aus Hallein gesehen hat, in dem der Bundeskanzler in einer mondänen Vinothek weinselig und vermeintlich unbeobachtet über die angebliche Faulheit von Frauen, Müttern und Armen herzieht und Mäci-Burger als Armenessen für Kinder empfiehlt, dem wird sowieso schon schlecht: Man kann nicht so viel essen, wie man kotzen möchte. Nehammer bringt – zum hörbaren Gaudium seiner ÖVP-Zuhörer – seine ganze Verachtung für Armut, Kinderarmut, Frauen und Teilzeitarbeiterinnen, aber auch für die berechtigten Lohnforderungen der Arbeiterklasse zum Ausdruck. Als Spitzenverdiener, der in Hallein eigentlich nur auf der Durchreise zu den Salzburger Festspielen war, kann er in seiner ignoranten Abgehobenheit mit den Problemen der einfachen Menschen, die unter der massiven Teuerung leiden, nichts anfangen: Er versteht die Situation nicht, er kennt die soziale Realität nicht. Oder schlimmer: Es ist ihm egal.
Das ist zunächst erschütternd, aber auch insofern problematisch, als es eigentlich die Aufgabe des Bundeskanzlers wäre, für die Menschen in Österreich zu arbeiten – die zahlen ja auch sein fürstliches Gehalt. Die Menschen können mit Recht einfordern, dass Nehammers Bundesregierung wirksame Maßnahmen gegen die Teuerung und hohe Preise, gegen Armut und Armutsgefährdung, gegen niedrige Löhne und reale Einkommensverluste unternimmt, aber auch für kostenlose flächendeckende Kinderbetreuung oder ausreichend Arbeitsplätze unterschiedlichen Bedarfs. Absolut nichts davon bringen die ÖVP als Reichenpartei und die Grünen als Besserverdienerpartei auf die Reihe. Sie scheren sich nicht um die einfachen Menschen, die aus ÖVP-Reihen schon mal als Pöbel oder Gesindel bezeichnet werden.
Wenn jemand einen zu niedrigen Lohn erhält, dann soll er einfach mehr arbeiten; wenn sich das Volk kein Brot mehr leisten kann, soll es Hamburger essen. Und „an Österreich glauben“. Das ist das Weltbild Nehammers und der ÖVP, das keine Spur mehr einer „christlich-sozialen“ Ausrichtung enthält, aber dafür den austrofaschistischen Funktionär Leopold Figl als Vorbild ausruft. Es ist offensichtlich: Nehammer muss weg, diese arbeiter- und volksfeindliche Regierung muss weg. Doch es wird nichts Besseres nachkommen: Die FPÖ betreibt soziale Demagogie, ist in Wirklichkeit aber zutiefst asozial. Die SPÖ versteht unter „unseren Leuten“ offenbar v.a. die eigene Parteifamilie, wo Verteilungsfragen näher bei der Cosa Nostra als anhand von Rechten und Bedürfnissen der Arbeiterklasse umgesetzt werden. Und die NEOS sind sowieso eine radikalkapitalistische „Eliten“-Partei.
Der Augiasstall der österreichischen Politik gehört offensichtlich gründlich gesäubert – da wird man mit dem Staubwedel nicht viel ausrichten, sondern es braucht schon den Kärcher. Die Arbeiterklasse und die Volksschichten, die Frauen, die Armen und die Arbeitslosen werden sich selbst organisieren müssen, um für ihre Interessen zu kämpfen, denn von den etablierten Parteien ist durchwegs nichts zu erwarten. Sie sind die menschenverachtenden Systemparteien eines menschenfeindlichen Ausbeutungssystems, des Kapitalismus, in dem die Banken, Konzerne (wie z.B. McDonald’s) und die Minderheit der Reichen Maximalprofite lukrieren und auf Kosten der großen Mehrheit im Luxus leben. Nehammer hat nun zufällig wieder mal ausgeplaudert, dass er die Masse der Bevölkerung verachtet und nichts für sie tun wird, denn er steht im Sold des Kapitals, das mit der Teuerung Profit macht.
Und was McDonald’s betrifft: Wir wollen keine einzelnen Hamburger, sondern den ganzen Laden. In einem gerechten Gesellschaftssystem wird der US-Konzern vergesellschaftet und mit anständigen Lebensmitteln betrieben, die diese Bezeichnung auch verdienen. Bis es so weit ist, könnte man Herrn Nehammer, der als Bundeskanzler untragbar ist, einen Job als Mäci-Burgerbrater für zehn Euro die Stunde beschaffen, damit er endlich weiß, was arbeiten bedeutet – und trotzdem arm zu bleiben. Aber keine Sorge: Alles, was ihm bei der Burgerzubereitung versehentlich auf den Boden fällt, darf Nehammer gratis essen – schließlich soll niemand hungern in Österreich.
Quelle: Der Standard