HomeSchwerpunkt75 Jahre Befreiung„Volkskrieg gegen die deutschen Okkupanten!“

„Volkskrieg gegen die deutschen Okkupanten!“

Die österreichischen Freiheitsbataillone in der jugoslawischen Partisanenarmee

Die Aufstellung und die Kämpfe österreichischer Freiwilligenverbände im Rahmen der antifaschistischen Volksbefreiungsarmee und Partisanenverbände Jugoslawiens (Narodnooslobodilačka vojska i partizanski odredi Jugoslavije, NOV i POJ) wurden und werden in der Geschichtsforschung wie in der öffentlichen Wahrnehmung wenig beachtet. Zwar blieb deren unmittelbare militärische Bedeutung regional begrenzt, doch in politischer Hinsicht implizieren sie eine erhebliche Relevanz, die mehr Resonanz verdient.

Vorbereitung und Gründung

Vor ziemlich genau 76 Jahren befand sich eine Militärdelegation der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee in Moskau, um sich im Auftrag Titos mit dem Leitungsstab der Roten Armee sowie politischen Gremien der UdSSR zu beraten und zu koordinieren. Die im sowjetischen Exil befindliche Führung der KPÖ – Vorsitzender Johann Koplenig, Parteisekretär Friedl Fürnberg sowie Franz Honner – nützte die Gelegenheit, um mit den jugoslawischen Abgesandten über die Aufstellung eines österreichischen Freiwilligenbataillons innerhalb der NOV i POJ zu sprechen, das zunächst in Slowenien, möglichst nahe zur österreichischen Grenze, zum Einsatz kommen sollte. Der KPÖ-Vorschlag wurde begrüßt und auch von der Sowjetunion unterstützt.

Von der Roten Armee ausgerüstet und in ein Flugzeug gesetzt, sprangen Honner und zwei weitere Genossen im August 1944 über dem slowenischen Partisanengebiet mit dem Fallschirm ab, um vor Ort die Formierung der österreichischen Kampfeinheit vorzubereiten. Anfang Oktober 1944 folgten 20 weitere Freiwillige, wiederum per Flugzeug und Fallschirm, die schon zuvor in der UdSSR ausgebildet und nun von Honner – einem erfahrenen Spanienkämpfer – instruiert wurden. Die Waffen stellte die Sowjetunion, die Uniformen entsprachen jenen der jugoslawischen Volksarmee – ergänzt durch ein rot-weiß-rotes Wappenschild am linken Oberarm.

Am 24. November 1944 war es schließlich so weit: Das 1. Österreichische Freiheitsbataillon wurde formell gegründet und seine ersten Kämpfer wurden im Rahmen einer kurzen Zeremonie im slowenischen Dorf Tribuce angelobt. Die österreichischen Freiwilligen bekannten sich zum bewaffneten Kampf für die Befreiung Österreichs sowie zum gemeinsamen Kampf mit den slowenischen Kameraden gegen den deutschen Faschismus und seine Verbündeten. Das Bataillon verfügte durchaus über Schlagkraft und militärische Erfahrung: Zu ehemaligen Schutzbund-Mitgliedern, die im Februar 1934 in Österreich, und einigen Männern, die ab 1936 im Spanischen Bürgerkrieg bei den Internationalen Brigaden gekämpft hatten, stießen desertierte oder gefangengenommene Wehrmachtsangehörige, die sich nun gegen Faschismus und Fremdherrschaft stellen wollten. Auch Widerstandskämpfer und Partisanen aus Österreich, die sich durch die feindlichen Linien schlagen konnten, kamen hinzu. Anzumerken ist: Keineswegs handelte es sich durchwegs um Kommunisten, obgleich die Schaffung des Freiheitsbataillons natürlich eine Initiative der KPÖ war.

Als erster Kommandant des 1. Österreichischen Freiheitsbataillons – das Oberkommando lag freilich bei den jugoslawischen Ebenen – fungierte Max Baier, ein Bauer aus Tirol, der ebenfalls schon in Spanien gekämpft hatte. Er wurde jedoch bald bei einem Attentat durch einen Spion der SS schwer verwundet. Parallel zur Aufstellung des Bataillons kam es, ebenso in Slowenien, zur Etablierung der Österreichischen Freiheitsfront, deren Leitung v.a. propagandistische und agitatorische, d.h. auch mobilisierende Aufgaben zukamen: Dieser Leitung gehörten Kommunisten, Sozialisten und Katholiken an, u.a. Honner und Fürnberg, aber auch Erwin Scharf, später, in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre, als Zentralsekretär aus der SPÖ hinausgesäubert und in Folge NR-Abgeordneter der KPÖ bzw. Volksopposition. Der Aufruf der Freiheitsfront lautete: „Für Frieden! Für Freiheit! Für Österreich! Volkskrieg gegen die deutschen Okkupanten!“ Schlussendlich folgten immerhin so viele Freiwillige diesem Aufruf (und anderen), dass bis zum Kriegsende im Mai 1945 drei weitere Österreichische Freiheitsbataillone aufgestellt werden konnten, die jedoch nicht mehr zu regulären Kampfeinsätzen kamen.

Kämpfe und Einsätze

Das Zentrum des befreiten slowenischen Gebietes – und damit der erste Standort des 1. Österreichischen Freiheitsbataillons – lag in der Stadt Črnomelj, ganz im Süden Sloweniens. Anfang Jänner 1945 wurden die Österreicher in die Gegend von Jama verlegt, wo sie die Aufgabe hatten, den Flussübergang über die Krka/Krainer Gurk zu verteidigen. Diese Mission wurde mit 16. Jänner trotz überlegender Feuerkraft der deutschen Einheiten ohne eigene Verluste erfüllt.

Am 21. Jänner bezog das Österreichische Freiheitsbataillon in Ort Podturn Stellung und verteidigte es gegen einen Angriff mit Artillerie und Minenwerfern. Hierbei waren die ersten drei Gefallenen zu beklagen: Ihre Namen – Alfred Kinkela, Anton Jogl und Karl Kirkenweiz – sind am Partisanendenkmal in Žuženberk eingraviert. Nach dem ersten Angriff konnte Podturn ohne weitere Verluste gehalten werden.

Nach weiteren heftigen Gefechten im Februar und März – darunter die Kämpfe bei Stranska Vas – schlug das 1. Österreichische Freiheitsbataillon seine letzte Schlacht am 12. April bei Kočevje: Die Stellung konnte so lange gegen einen nächtlichen Überfall der Waffen-SS gehalten werden, bis ein jugoslawisches Bataillon zu Hilfe kam und die Faschisten gemeinsam zurückgeschlagen wurden. Die Liste der Gefallenen verlängerte sich jedoch im Frühjahr 1945: Leo Eder, Bruno Petru, Johann Winkler, Willi Högl, Willi Frank und Politkommissar Roman Füchsel konnten nicht mehr dabei sein, als die österreichischen Freiwilligen Schulter an Schulter mit den siegreichen jugoslawischen Partisanen am 9. Mai 1945 in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana einmarschierten.

Zu diesem Zeitpunkt war die erste Delegation der Österreichischen Freiheitsfront bereits in Wien, das schon am 13. April durch die Rote Armee der Sowjetunion befreit worden war: Auf beschwerlichem Wege – der Krieg war ja keineswegs vorbei –, reisten Honner, Fürnberg und Scharf von Slowenien über Belgrad und Ungarn in die österreichische Hauptstadt, wo sie am 21. April ankamen. Am 12. Mai marschierte das 2. Österreichische Freiheitsbataillon über die Wiener Ringstraße, am 7. Juni 1945 waren auch alle Angehörigen des 1. Bataillons in Wien. Manche rüsteten nun ab, viele verblieben jedoch auf Wunsch des Innenministers der Provisorischen Regierung – es war der Freiheitsbataillon-Begründer Franz Honner – für Aufgaben des Sicherheitsdienstes bereit, einige wurden später in die Polizei übernommen.

Bedeutung und Einordnung

Wie eingangs erwähnt blieb die militärische Bedeutung der Österreichischen Freiheitsbataillone limitiert – das Einsatzgebiet des 1. Bataillons war im Wesentlichen auf Slowenien beschränkt, wo allerdings mutige und wichtige Aktionen gesetzt wurden. Die Bataillone 2, 3 und 4 mussten überhaupt nicht mehr in das unmittelbare Kriegsgeschehen eingreifen. Doch das ist auch gut so, denn es bedeutet schlicht und ergreifend, dass der deutsche Faschismus bereits geschlagen war, als sie aufgestellt und kampfbereit waren, wodurch zweifellos weitere Opfer erspart blieben. Der ursprüngliche Plan, über Slowenien den antifaschistischen bewaffneten Kampf auf österreichisches Territorium auszudehnen, bedurfte keiner Umsetzung mehr. Insofern kam es in Österreich selbst freilich nicht (oder nicht mehr) zum organisierten antifaschistischen Volkskrieg gegen die deutschen Okkupanten, wie er nicht zuletzt am Balkan stattfand und leuchtendes Vorbild war.

Es blieb vor allem ein Verdienst der Roten Armee der Sowjetunion, den Großteil Österreichs befreit zu haben, im geringeren Ausmaß auch der Westalliierten. Doch die Kämpfe des 1. Österreichischen Freiheitsbataillons sowie das Aufstellen drei weiterer Einheiten markieren genau das, was in der „Moskauer Deklaration“ im Oktober 1943 von den Österreichern und Österreicherinnen verlangt wurde: Einen eigenen Beitrag zu ihrer Befreiung von faschistischer Diktatur und deutscher Fremdherrschaft zu leisten. Gemeinsam mit dem vornehmlich kommunistischen Widerstand im Untergrund, mit kommunistischen und österreichisch-slowenischen Partisanen sowie dem quantitativ oft überbewerteten christlichen Widerstand schufen sie mit die Voraussetzung für das Wiedererstehen einer freien, unabhängigen und demokratischen österreichischen Republik.

Freilich, von „offizieller“ staatlicher Seite, repräsentiert von ÖVP und SPÖ, wurde es den mutigen Freiwilligen der Österreichischen Freiheitsbataillone wenig gedankt – zu sehr war und ist man bemüht, den kommunistischen und Kommunismus-verdächtigen Hauptteil des antifaschistischen Kampfes in Österreich kleinzureden, umzuinterpretieren oder totzuschweigen. Doch es bleibt eine historische Tatsache, dass die Österreichischen Freiheitsbataillone in der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee ihren ehrenvollen und unauslöschlichen Anteil hatten am Großen Antifaschistischen Sieg der Völker, der sich mit 8. und 9. Mai 2020 zum 75. Mal jährt.

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