Nach dem zweiten Putsch in Mali innerhalb von nur 9 Monaten plant die EU, ihren Einsatz auszuweiten und das Truppenkontingent der EUTM (European Union Training Mission Mali) zu erhöhen.
Bamako. Im August 2020 putschten Militärs rund um Oberst Assimi Goïta die damalige malische Regierung aus dem Amt. Der Putsch war zu diesem Zeitpunkt auch ein Ergebnis der großen Unzufriedenheit der Bevölkerung über soziale Missstände im Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie Korruption, und wurde dementsprechend auch von weiten Teilen des Volkes unterstützt. Die Hoffnung auf eine Besserung nach dem ersten Putsch ist jedoch schnell wieder verflogen. Vor allem die militärische Situation in Mali, wo ein Bürgerkrieg zwischen den Regierungstruppen und islamistischen Milizen herrscht, eskaliert immer weiter. Nach neuen Protesten gegen die malische Regierung sowie einem Aufruf zum Streik der größten Gewerkschaft, nutzte Assimi Goïta, der zum Vizepräsidenten aufgestiegen war, die Chance zu einem zweiten Putsch, nahm am 24. Mai die Regierung fest und ernannte eine neue. An den bisherigen Plänen, im Oktober ein Verfassungsreferendum und im Februar 2022 Wahlen durchzuführen, will Goïta, mittlerweile Interimspräsident, jedoch weiterhin festhalten.
Verschärfung des Konflikts
Der Bürgerkrieg in Mali verschärfte sich im letzten Jahr immer weiter. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Und das reguläre malische Militär, das von der Trainingsmission der EU ausgebildet wird, trägt dazu viel bei. Immer öfter kommt es zur Ermordung von Zivilistinnen und Zivilisten, das Vertrauen der Bevölkerung in das Militär schwindet immer mehr. 2020 hatten Regierungstruppen in Mali, Niger und Burkina Faso mehr zivile Opfer – bis zu 2400 – zu verantworten als die islamistischen Milizen auf der anderen Seite. Immer wieder veröffentlichen Menschenrechtsorganisationen Berichte von verschwundenen Personen sowie von Massakern des malischen Militärs an flüchtenden Dorfbewohnern.
Auch europäische Truppen sind involviert. Bei einem Angriff der französischen Luftwaffe am 3. Jänner 2021 wurden 19 (zivile) Gäste einer Hochzeitsfeier getötet.
Nichtsdestotrotz war die Reaktion der EU auf den erneuten Putsch, die Einmischung zu erweitern und noch mehr Truppen nach Mali zu schicken. So will Deutschland sein Kontingent beispielsweise von bisher 450 Militärs auf 600 erhöhen. Auch Österreich wird die Ausweitung der militärischen Einmischung bereitwillig unterstützen. Verteidigungsministerin Tanner erklärte, die Anzahl der österreichischen Auslandssoldaten in Mali ab Juni von bisher 12 auf bis zu 100 zu erhöhen. Auch den Kommandanten der Mission wird Österreich ab Dezember mit dem niederösterreichische Brigadier Christian Riener stellen.
Fragwürdige Strategie
Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten müssen sich hier jedoch durchaus die Frage gefallen lassen, ob diese Strategie wirksam ist, denn bislang erreichte die EU mit ihrer militärischen Einmischung eher das Gegenteil einer Beruhigung des Bürgerkrieges. Die Militarisierung von ausländischen Konflikten voranzutreiben, führte bisher weder im Nahen Osten noch in Afrika zu Waffenstillstand und Frieden.
Trotzdem wird dieser Weg wohl weiter beschritten, auch ein Auslandseinsatz der EU in Mosambik steht seit kurzem immer wieder zur Debatte. Dort kam es zuletzt zu Angriffen von islamistischen Truppen unter anderem auf eine 17 Milliarden Euro schwere Flüssiggasfabrik des französischen Total-Konzerns. Das verdeutlicht vielleicht, wo die eigentlichen Interessen der EU in afrikanischen Bürgerkriegsländern verortet sind: In der Sicherung und Ausweitung ihrer Profite und Einflusszonen.
Quelle: APA-OTS/Die Presse/Der Standard