HomePanoramaWien: Polizist und Polizistin wegen übertriebener Polizeigewalt verurteilt

Wien: Polizist und Polizistin wegen übertriebener Polizeigewalt verurteilt

Bei einem Prozess wegen Amtsmissbrauchs wurden die beiden zu einer neun- und fünfmonatigen bedingten Haftstrafe verurteilt. Das Opfer musste harte Kniestöße und Unmengen an Pfefferspray über sich ergehen lassen, ehe die Polizisten von ihm abließen.

Wien. Der Schwerpunkt des Verfahrens lag auf einem Polizeieinsatz, der am 1. August des Vorjahres in einer McDonald’s‑Filiale in der Rotenturmstraße stattfand. Zum Glück existierte eine Videoaufzeichnung des äußerst brutalen Vorgangs. Hintergrundgeschichte ist die, dass ein ehemaliger Mitarbeiter, der zuvor einvernehmlich vom Unternehmen gekündigt worden war, an jenem Tag ohne erkennbaren Grund die Filiale betrat, sich in der Mitarbeitergarderobe umzog und in der Küche zu arbeiten begann, als wäre nichts geschehen.

Als sich der ehemalige Mitarbeiter hartnäckig weigerte, die Räumlichkeiten zu verlassen, rief der Geschäftsführer schließlich die Polizei. Der Ex-Mitarbeiter folgte der Aufforderung der Polizisten zunächst, sie in die Büros zu begleiten, doch dann eskalierte die Situation. Nach Angaben des Erstangeklagten machte der Mann einen bedrohlichen Schritt in seine Richtung, was dazu führte, dass er ihn heftig mit den Handballen in eine Ecke stieß. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem der Erstangeklagte dem Mann mehrere Kniestöße versetzte und ihn mit Pfefferspray besprühte. Kurz darauf setzte auch ein weiterer Polizeibeamter, der etwa einen Meter entfernt stand, Pfefferspray ein. Schließlich wurde der ehemalige Mitarbeiter von den drei Polizisten zu Boden gestoßen und festgenommen.

Video klärte Tathergang auf

Allerdings zeigte ein Video, das den Vorfall in der McDonald’s‑Filiale aufzeichnete, ein gänzlich anderes Bild. In dem Video war keine erkennbare Gefahr vom ehemaligen Mitarbeiter ausgegangen, die einen derart brutalen Einsatz gerechtfertigt hätte. Beim zweiten Einsatz von Pfefferspray befand sich der Mann völlig wehrlos in einer Ecke. Richter Philipp Krasa beurteilte den Faustschlag gegen einen der Polizisten während des Handgemenges auch richtigerweise als „Notwehr“ gegen den ungerechtfertigten Einsatz.

Der Schöffensenat kam zu dem Schluss, dass die beiden Angeklagten während einer Amtshandlung in einer McDonald’s‑Filiale übermäßige Gewalt gegen einen Mann angewendet und anschließend einen verfälschten Bericht unterzeichnet haben. Die Urteile sind noch nicht endgültig.

Ursprünglich standen am Montag drei Personen wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht. Da der erste Angeklagte, der mutmaßliche Haupttäter, als einziger nicht vollständig schuldig plädierte, wurde sein Verfahren aus dem Hauptverfahren herausgenommen. Es wurde auf den 21. August verschoben.

„Alles richtig gemacht“

Die Polizistin und der Drittangeklagte, der zu der Zeit noch in der Polizeiausbildung war und nach dem Vorfall eine Stelle als Sachreferent bei einer Versicherung annahm, gaben zu, schuldig zu sein. Sie erklärten jedoch, dass sie bei dem Vorfall nur eine untergeordnete Rolle gespielt hätten, was auch durch das Video bestätigt wurde. Sie akzeptierten ihre bedingten Haftstrafen. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung dazu ab. Der Erstangeklagte räumte zwar Fehler ein, behauptete jedoch, dass er zu der Zeit „alles richtig gemacht“ habe. Da der ehemalige Mitarbeiter trotz einer erhaltenen Vorladung nicht zum Prozess erschien und somit nicht befragt werden konnte, wurde dieses Verfahren aus dem Hauptverfahren herausgenommen und vertagt. Es bleibt zu hoffen, dass der wahrscheinlich stark traumatisierte Mann sich doch dazu entschließt, einen Beitrag an der Wahrheitsfindung in diesem brutalen Fall von willkürlicher Polizeigewalt zu leisten.

Quelle: ORF

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