Der G7-Gipfel in den kanadischen Rocky Mountains sollte eigentlich ein Signal der Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit senden. Doch was am Ende blieb, war vor allem eines: Ernüchterung. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hatte vor Beginn großspurig erklärt, die sieben führenden Industrienationen würden sich geeint zeigen. Doch der Eindruck, den die Gipfel tatsächlich hinterließ, war ein anderes Bild: Uneinigkeit, Stocken und scharfe Differenzen prägen das Treffen.
Bereits am ersten Tag zerfiel die hehre Absicht in Streitigkeiten über Handel, Krieg und geopolitische Konflikte. US-Präsident Donald Trump machte deutlich, dass er die G7 mehr als Bühne denn als Plattform für gemeinsame Strategien sieht. Sein vorzeitiger Abgang ließ keinen Zweifel daran, dass Einigkeit höchstens eine Wunschvorstellung war. Ein paar dürftige Sätze zum Nahostkonflikt, in denen Israel als „Recht auf Selbstverteidigung“ bestätigt und Iran als „Hauptquelle für Instabilität“ gebrandmarkt wurde, waren das einzige gemeinsame Ergebnis – und selbst diese Erklärung wurde durch Trumps Streichungen auf ein Minimum reduziert. Was gestrichen wurde ist nicht bekannt.
Ein Abschlussdokument, wie es normalerweise bei solchen Gipfeln üblich ist, wurde dieses mal gar nicht erst vorbereitet. Ein deutliches Signal für zunehmende Widersprüche. Stattdessen versuchte man, durch einzelne, mehr oder weniger inhaltsleere Erklärungen zumindest den Anschein von Einigkeit zu wahren. Selbst diese blieben jedoch ohne Unterschrift von Trump. Ein besonders pikantes Beispiel: Eine Erklärung zum Umgang mit Chinas Dominanz im Bereich kritischer Rohstoffe wurde trotz klarer Zielrichtung gegen Peking von Trump nicht unterschrieben.
Handel – eigentlich das beherrschende Thema – entwickelte sich zur Farce. Trotz drohender und bereits bestehender US-Zölle auf Autos, Stahl und Aluminium konnten sich die G7 nicht auf eine gemeinsame Strategie einigen. Merz sprach zwar von „kleinen Schritten“ in Richtung Lösung, die Hoffnungen auf ein baldiges Abkommen sind jedoch gedämpft.
Der Ukraine-Krieg sorgte zwar für einige Momente des Zusammenhalts, doch auch hier offenbarte sich die Zerbrechlichkeit der Allianz. Die G7 versprachen weitere Militärhilfe und Sanktionen gegen Russland, doch US-Präsident Trump äußerte Zweifel am Ausschluss Russlands aus der G8 und zeigte wenig Interesse an einem baldigen Waffenstillstand.
Nach Trumps Abreise wurde zu mindestens einige Erklärungen unterzeichnet – ein Erfolg, der eher an minimale Mindeststandards als an echten Fortschritt erinnert. Parallel dazu bereitet der eskalierende Nahostkonflikt zusätzlichen Sprengstoff, den die G7 nicht zu entschärfen vermochten. Selbst Japan wich in seiner scharfen Kritik an Israels Angriffen deutlich von der westlichen Linie ab, was die Zerklüftung der Gruppe nur unterstreicht.
Unterm Strich bleibt ein Bild von Machtallüren und Zerfall. Der G7-Gipfel in Kanada zeigte eindrücklich: Die sieben größten Industrienationen sind zwar handlungsfähig – allerdings vor allem darin, sich uneinig zu zeigen. Nicht zuletzt ein Ausdruck der sich vertiefenden Krise des Kapitalismus und der daraus resultierenden Zuspitzung der innerimperialistischen Widersprüche.