Kommentar von Otto Bruckner, stv. Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs
Auf Platz siebzehn ihrer Kandidatinnen- und Kandidatenliste hatte die Liste „Team HC Strache – Allianz für Österreich“, (T)HC, eine 24-jährige Flugbegleiterin gereiht. Diese trat in der Vergangenheit als Rednerin bei Anti-Corona-Demos auf und kündigte dort videodokumentiert an, wer aller „weg muss“: Soros, Rothschild, die Illuminaten, die Antifa und die Freimaurer. Was sie mit „weg“ meint, hat sie nicht näher ausgeführt. Nun ist Soros ein skrupelloser Börsenspekulant, der sich gerne als liberaler Philanthrop gibt, die Familie Rothschild eine traditions- und steinreiche Bankiersdynastie, die Illuminaten sind schon lange Geschichte, über die „Antifa“ wird die Dame ungefähr soviel wissen wie Donald Trump, und mit Wissen über die Freimaurerlogen wird sie sich wohl auch noch nicht belastet haben. Dass die Namen Soros und Rothschild wegen ihrer jüdischen Herkunft genannt werden, ist in rechten Kreisen so üblich. Als hätte skrupelloser Kapitalismus ein religiöses Mascherl. Denn nicht mehr als eine Religion ist das Judentum für aufgeklärte Menschen. Politischen Scharlatanen, christlichen Fundamentalisten und Faschisten aller Schattierungen hingegen dient das Judentum seit Jahrhunderten als Projektionsfläche für alles Böse, zu diesem Zweck wurde etwa auch die Legende eines „Protokolls der Weisen von Zion“ erfunden. Dass skrupellose kapitalistische Profitwirtschaft nichts mit Religion zu tun hat, sondern manche Religionen maximal dazu dienen, diese zu verschleiern, kann sehr schnell herausfinden, wer sich ein wenig mit den wirklich einflussreichen Mächten weltweit beschäftigt. So würde die THC-Kandidatin etwa auf den gebürtigen Südafrikaner und Multimilliardär Elon Musk stoßen, der vor kurzem in Bezug auf den Putsch gegen die sozialistische Regierung Boliviens meinte: „Wir putschen gegen jeden, den wir möchten“. Oder auf mächtige US-amerikanische und EU-europäische Lobbygruppen, die bestimmen, was in der Politik zu geschehen hat. Aber einfacher ist es natürlich, dem für geistig Minderbemittelte erfundenen Märchen von der „jüdischen Weltverschwörung“ anzuhängen, da erspart man sich das Denken.
Bedenkliche fristlose Entlassung
Die junge Frau ist inzwischen Ex-Flugbegleiterin und auch Ex-Kandidatin. Die AUA als ihr Dienstgeber hatte das Bekanntwerden ihrer öffentlichen Auftritte zum Anlass genommen, sie fristlos zu entlassen. Abgesehen davon, dass in diesem Fall die fristlose Entlassung auf wackeligen Beinen steht (die Flugbegleiterin hat auch schon dagegen berufen), schiene sogar eine ganz normale Kündigung mit den angeführten Gründen fragwürdig.
Denn erstens ist es – auch wenn einem die Gesinnung der Entlassenen ganz und gar nicht gefällt – eine unzulässige Vermischung von Dienst- und Freizeit. Hätte die Frau beispielsweise im Dienst einen Passagier, der eine Kippa trägt, angepöbelt, wäre das wohl ein hinreichender Grund gewesen. Dass sie in der Freizeit Hetzreden hält, sehen viele Arbeitsrechtler nicht als hinreichenden Grund für eine fristlose Entlassung. Noch dazu, wo das Video schon länger im Netz abrufbar war und die AUA davon Kenntnis gehabt haben könnte. Eine fristlose Entlassung muss nämlich unverzüglich nach Bekanntwerden des angegebenen Entlassungsgrundes erfolgen.
Zweitens sollten auch Linke sich nicht darüber freuen, dass die AUA die Flugbegleiterin mit dieser Begründung vor die Tür gesetzt hat. Auch dann nicht, wenn es eine Kündigung mit normaler Frist wäre. Eine Kündigung aus politischen Gründen trifft in der Praxis viel eher Kommunist/inn/en und Linke, und sollte überhaupt verpönt sein. Zu leicht könnte es etwa passieren, dass jede Kritik an der Politik des Staates Israel, wie im Mainstream-Antifaschismus heutzutage üblich – als Antisemitismus ausgelegt wird. Oder jede Kritik an der Unternehmensführung oder am Kapitalismus allgemein als geschäftsschädigend.
Ein Geschenk für Herrn Strache
Drittens macht die AUA dem Herrn Strache mit der Entlassung ein Geschenk. Er kann seine Lieblingsrolle als politisch Verfolgter einnehmen, die ihm ohnehin nur mehr sein von Intelligenz weitgehend befreiter Anhang abnimmt. Und die AUA gibt Strache die Möglichkeit, gegen den deutschen Konzern, der erst kürzlich mit massivem staatlichem Mitteleinsatz gerettet wurde, zu Felde zu ziehen, aber das ist das Problem der AUA.
Unterm Strich: Auch bei noch so viel Ekel vor den politischen Ergüssen der Ex-Kandidatin gibt es keinen vernünftigen Grund über ihre Entlassung zu jubeln. In Österreich braucht ein Unternehmen keinen Grund anzugeben, wenn es jemanden kündigt. Gibt es einen Grund an, dann muss es ihn auch beweisen können. Das könnte und wird wahrscheinlich auch nach hinten los gehen, weil zu erwarten ist, dass die fristlose Entlassung vom Arbeits- und Sozialgericht aufgehoben wird. Und sogar eine normale Kündigung, die von der AUA in diesem Fall wohl ausgesprochen werden wird, könnte noch erfolgreich als Motivkündigung bekämpft werden. Wem tut man damit einen Gefallen? Dem Herrn Strache.