Der Österreichische Fußballbund (ÖFB) hat einen Nachfolger für Leo Windtner gefunden: Mitte Oktober übernimmt Gerhard Milletich das Steuer.
Salzburg. Am vergangenen Samstag tagte in Salzburg der Wahlausschuss des Österreichischen Fußballbundes (ÖFB). Dieses Gremium besteht aus den Präsidenten der neun Landesverbände sowie einem Vertreter der Bundesliga und hatte eine klare Aufgabe: Da ÖFB-Präsident Leo Windtner mangels Unterstützungszusagen nicht mehr kandidierte, musste ein Nachfolger an der Spitze des größten Sportverbandes der Republik bestimmt werden.
Zwei Kandidaten schafften es ins Hearing, nämlich der Vorsitzende des burgenländischen Landesverbandes, Gerhard Milletich (65), sowie der Klosterneuburger Unternehmer Roland Schmid (45), der im IT- und Immobilienbereich tätig ist. Man sieht also: Man(n) muss Firmenchef sein, wenn man ÖFB-Präsident werden will, denn Milletich ist auch Co-Eigentümer des Bohmann-Verlages, Windtner war CEO der Energie AG Oberösterreich.
Milletich setzt sich im zweiten Wahlgang durch
Im ersten Wahlgang gab es ein Patt mit einem Stimmenergebnis von 5:5. Beim zweiten Voting entschieden sich der steirische Landesverband und die Bundesliga um, wodurch eine 7:3‑Mehrheit auf Milletich entfiel. Dieses Ergebnis war im Allgemeinen erwartet worden, denn der Burgenländer ist die interne Lösung und steht für Kontinuität: Er ist seit langem Fußballfunktionär und war über ein Vierteljahrhundert Obmann des SC-ESV Parndorf, der es unter seiner Ägide 2012/13 bis in die Zweitklassigkeit schaffte. Seit damals ist Milletich auch Chef des burgenländischen Fußballverbandes sowie Mitglied des ÖFB-Präsidiums. Schmid hingegen galt im doppelten Sinn als Außenseiter und kassierte seine zweite Wahlniederlage: Im November 2019 war er bereits beim Versuch gescheitert, das Präsidentenamt beim SK Rapid Wien zu übernehmen. Danach widmete sich der Millionär als Mäzen dem traditionsreichen Regionalligaverein Vienna FC. Beinahe hatte es den Anschein, dass Schmid lediglich „Zählkandidat“ beim ÖFB-Wahlausschuss sein würde.
Dass es im ersten Durchgang doch knapp wurde, hat wohl auch eine politische Komponente: Milletich wird der Sozialdemokratie zugerechnet und hat nicht nur Beziehungen zur burgenländischen, sondern auch zur mächtigen Wiener SPÖ. Dementsprechend unterstützten ihn insbesondere die Landesverbände aus der Bundeshauptstadt, seinem Heimatbundesland und aus Kärnten, während der Rest unsicher war. Immerhin war der seit 2009 amtierende ÖFB-Präsident Windtner klar und deutlich ein Mann der ÖVP. Insofern kommt es mit der Kür Milletichs nun zu einer „Umfärbung“ an der ÖFB-Spitze, die nicht so recht den gegenwärtigen politischen Machtverhältnissen entspricht. Trotzdem ist die Bestätigung des neuen Präsidenten, die formell bei der Bundeshauptversammlung am 17. Oktober in Velden erfolgen wird, fix.
Problemfelder: Verbandssitz, Stadion und Teamchef
Milletich erbt in seiner vorerst vierjährigen Amtszeit von seinem Vorgänger dann mehrere „Baustellen“: Hier geht es einerseits um die Errichtung der neuen ÖFB-Geschäftsstelle in Wien-Aspern sowie des Trainingszentrums – beides befindet sich bislang beim Ernst-Happel-Stadion im Wiener Prater. Die Projekte sind nicht unumstritten und finanzaufwendig, wurden aber schon bisher von Milletich im Präsidium unterstützt. Von noch größerer Dimension wäre die Errichtung eines neuen „Nationalstadions“ für die Heimspiele des ÖFB-Teams, was schon länger immer wieder diskutiert wird, aber noch teurer wäre.
Und dann ist da noch die aktuelle Problematik um den österreichischen Teamtrainer: Ungeachtet einer anständigen EM-Endrunde im Sommer verläuft die WM-Qualifikation der männlichen Nationalmannschaft katastrophal. Eine direkte Qualifikation (erster Platz in der Gruppe) ist außer Reichweite, auch der zweite Platz zum Erreichen des Play-offs ist zunehmend unwahrscheinlich. Man kann von Glück reden, dass das ÖFB-Team im Vorjahr seine Nations League-Gruppe gewonnen hat, womit man durch diese Hintertür die Entscheidungsspiele jedenfalls erreichen wird. Teamchef Franco Foda ist angezählt, aber vorerst bestätigt, woran Milletich vermutlich bis zum Play-off nichts ändern wird. Sollte jedoch die WM 2022 in Katar verpasst werden, so wird sich der neue ÖFB-Präsident auch auf Trainersuche begeben müssen.
Quelle: ORF / Der Standard