Im Norden Grönlands lassen ungewöhnlich hohe Sommertemperaturen riesige Eismengen schmelzen – ein Wetterphänomen, aber auch eine deutliche Botschaft vom Klimawandel.
Nuuk/Kopenhagen. Nicht nur Griechenland und die türkische Mittelmeerküste werden gegenwärtig von einer massiven Hitzewelle heimgesucht, sondern Ähnliches geschieht momentan auch jenseits des nördlichen Polarkreises. Im Norden Grönlands herrschen Temperaturen über 20 Grad Celsius, was dort doch eher ungewöhnlich ist – normalerweise kommt die Lufttemperatur in dieser arktischen Region auch im Hochsommer kaum in den zweistelligen Bereich. Und die grönländische „Rekordhitze“ hat natürlich gravierende Folgen für den zweitgrößten permanenten irdischen Eisschild nach der Antarktis, wie eine dänische Forschergruppe nun der Öffentlichkeit mitteilte.
Seit vergangenem Mittwoch sind nämlich täglich acht Milliarden Tonnen Eis abgeschmolzen – auch dies entspricht analog zu den Temperaturen etwa dem doppelten Wert eines „normalen Sommers“. Allein am letzten Donnerstag, als im grönländischen Nordosten sogar 23,4 Grad Celsius gemessen wurden, habe die Eisschmelze ein Ausmaß angenommen, so dass man mit dem Wasser den gesamten US-Bundesstaat Florida fluten hätte können – ein drastischer Vergleich, den die dänischen Forscher hier anstellen, doch er hat seinen wahren Kern: Das Grönlandeis mit einer Fläche von 1,8 Millionen Quadratkilometern, einem Volumen von knapp drei Millionen Kubikkilometern sowie einer Masse von 2,67 Millionen Gigatonnen bindet immense – gefrorene – Wassermengen. Je mehr davon abschmilzt, desto rascher und höher wird auch der Meeresspiegel steigen, schlussendlich mit verheerenden Folgen für viele Inseln und Küstengebiete.
Nun darf man punktuelle negative Wetterereignisse nicht mit der generellen Klimaveränderung verwechseln, doch es steht außer Frage, dass letzteres erstere begünstigt und häufiger auftreten lässt. Insofern darf und sollte man die ohnedies längst bedenkliche, weil stetig beschleunigte, in der vergangenen Woche aber nochmals maximierte Eisschmelze in Grönland schon als deutliche Warnung nehmen, ebenso wie die jüngsten Überschwemmungen in Europa: Bei fortgesetzter Erderwärmung drohen der Menschheit allerlei Katastrophen ungeahnten Ausmaßes. Will man dem menschengemachten Klimawandel und seinen Folgen ernsthaft entgegentreten, dann reichen die Alibi-Beschlüsse und ‑Handlungen der Regierungen nicht aus, denn diese unterwerfen sich im Zweifelsfall immer dem kapitalistischen Profitstreben, das für Umwelt- und Klimaschutz eben wenig übrighat.
Quelle: ORF