Die Behörden des Autonomen Gebiets Tibet starten ein Ausbildungsprogramm, um Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen – für antichinesische „NGOs“ und Medien ein neuer Unterdrückungsakt.
Washington/Wien/Lhasa. Die österreichischen Medien, nicht zuletzt der ORF, spielen brav mit bei den antirussischen und antichinesischen Kampagnen des US-Imperialismus. Regelmäßig veröffentlicht man neue reißerische „Berichte“ fragwürdiger Herkunft und Glaubwürdigkeit, wodurch man nichts anderes als hetzerische und kriegstreiberische Propaganda wiedergibt. Jüngstes Beispiel ist eine neue Märchenstunde der „Jamestown Foundation“ aus Washington D.C. – diese angebliche „NGO“ wurde 1984 vom Weißen Haus und der CIA mitgegründet, um damals sowjetische und osteuropäische Überläufer in Szene zu setzen (und ihnen ein finanzielles Auskommen zu ermöglichen): Sie war seinerzeit also schlicht und ergreifend ein antikommunistisches PR-Institut im Dienste der US- und NATO-Interessen. Mangels Sozialismus in Europa und der UdSSR kümmert sich die Jamestown Foundation gegenwärtig eben um das bürgerlich-kapitalistische Russland – und v.a. China. Damit also wieder zum „Bericht“: Dieser wirft der chinesischen Regierung bzw. der autonomen tibetischen Verwaltung vor, Bauern und Landarbeiter in Umerziehungslager zu stecken, wo sie mit militärischem Drill zur Verwandlung in Lohnarbeiter gezwungen werden. Damit verbunden sei der Verlust des bisherigen nomadischen Lebensstils in Tibet, was eine neue Kulturrevolution bedinge. – Nun, das ist ja allerhand, was sich die Chinesen da wieder erlauben!
Was haben die Chinesen jemals für uns getan?
Übersetzt für normale Menschen: Die staatlichen Einrichtungen Chinas starten eine Ausbildungsoffensive im immer noch in weiten Teilen rückständigen und ländlichen Tibet. Nomadische Viehzucht und Landwirtschaft mit überkommenen Methoden der massenhaften Handarbeit bieten den Menschen natürlich keine Zukunft, nirgends auf der Welt. Aber anstatt diese Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut zu belassen, erdreistet sich die Regierung, sie systematisch und vorausschauend zu benötigten industriellen Fachkräften umzuschulen – welch ein Skandal! Und noch schlimmer: Die Tibeter müssen auch noch die chinesische Sprache erlernen, also eine Zusatzqualifikation erlangen. Was soll man denn mit Kenntnissen der meistgesprochenen Sprache der Welt anfangen? Da muss man Peking schon ordentlich auf die Finger klopfen: Ausbildung und Arbeit für alle, Bildungsprogramme, Beseitigung der Armut – ist es denn nicht schon schlimm genug, dass die Chinesen der tibetischen Bevölkerung auf gewaltsame Weise Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser, moderne Versorgungsinfrastruktur, befestigte Straßen, Eisenbahnlinien und Flughäfen ins Land gestellt haben? Die Tibeter sollen doch nur ihre Yaks melken, Gebetsmühlen drehen und am besten wieder als unaufgeklärte und analphabetische Sklaven für den Lama-Feudalismus schuften. Die „Exiltibeter“ der Jamestown Foundation verlangen offenbar dies.
Das Zwangssystem heißt Kapitalismus
Man muss wahrlich nicht mit dem chinesischen Staatskapitalismus und all seinen Methoden einverstanden sein, aber hier ist die Aufregung einfach nur lächerlich: Wenn diese inkriminierten Programme abzulehnen sind, nun ja, dann sind österreichische AMS-„Fortbildungsmaßnahmen“ und WIFI-Kurse wohl auch Umerziehungslager, denn die wenigsten Arbeitslosen sind freiwillig dort. Und die jüngst bei FACC in Oberösterreich gekündigten Arbeiter sollen, wie kürzlich bekannt wurde, zu Pflegekräften „umgeschult“ werden – das entspricht auch nicht unbedingt deren Wünschen. Das Erlernen von Fremdsprachen in der Schule oder an der VHS? Raub der kulturellen Identität! Oder etwas größer gedacht: Was denkt man denn bei der Jamestown Foundation und beim ORF, woher die europäische und nordamerikanische Arbeiterklasse kommt? Sie entstand im Zuge der industriellen Revolution, aus ehemals Hörigen und Leibeigenen, die befreit wurden, aus ruinierten Bauern und Handwerkern, denen der moderne Kapitalismus die Lebensgrundlage entzog. Diese Menschen waren es, die zwangsweise und unter erbärmlichen Bedingungen zu lohnabhängigen Fabrikarbeitern gemacht wurden, um sie zugunsten des kapitalistischen Profits auszubeuten. Der Unterschied zum gegenwärtigen Tibet (oder überhaupt China) ist: Hier geschehen die Produktivkraftentwicklung, der technologische Fortschritt und der gesellschaftliche Wandel in der Arbeitswelt systematisch und planmäßig, unter Berücksichtigung sozialer Absicherung gemäß vorhandenen Möglichkeiten. Natürlich, Sozialismus ist das nicht, und hier lägen Ansätze für eine progressive Hinterfragung. Aber trotzdem – oder gerade deswegen – haben die kapitalistischen und imperialistischen „Kritiker“ in den USA und der EU keinerlei Recht, irgendetwas abzuurteilen, noch dazu mittels völliger Entstellung der Realitäten. So billig geht es nicht.
Quelle: ORF