Im ersten Strafprozess gegen die „Uberisierung“ in Frankreich kam es nun zu einem historischen Urteil. Die Scheinselbständigkeit von Zustellern – auch hierzulande ein gewaltiges Problem – zieht vergleichsweise harte Strafen nach sich.
Paris. Die gerade im Zustelldienst übliche Praxis der Scheinselbständigkeit muss nicht nur schulterzuckend zur Kenntnis genommen werden. Zu diesem Schluss kam nun das Pariser Justizvollzugsgericht. Wegen der eklatanten Ausnutzung der Kolleginnen und Kollegen setzte es die finanzielle Höchststrafe von 375.000 Euro für das in Frankreich tätige, börsennotierte britische Unternehmen „Deliveroo“, das vor allem Essen zustellt und die Fahrer bisher als selbständige Kleinunternehmer behandelte.
Darüber hinaus wurden zwei ehemalige Spitzenmanager zu Geldstrafen von je 30.000 Euro, einem fünfjährigen Verbot der Unternehmensführung sowie Haftstrafen von 12 Monaten, die allerdings auf Bewährung ausgesetzt wurden, verurteilt. Ebenso muss Deliveroo je 50.000 Euro an fünf als Zivilparteien am Prozess beteiligte Gewerkschaften zahlen und das Urteil auf der Firmenhomepage sowie vor den Räumlichkeiten des Unternehmens veröffentlichen bzw. aushängen.
Das Gericht qualifizierte die Praxis des Lieferdienstes den Ausführungen der Staatsanwaltschaft folgend als „Betrug“, „systematische Verschleierung“ und „Scheinarbeit“. Am Prozess waren insgesamt 100 Nebenkläger beteiligt, was zeigt, dass gerade auch Druck von unten notwendig ist, um etwas an den prekären Arbeitsverhältnissen zu ändern.
Quelle: Libération