Die Gewalt in der belagerten Gaza-Region nimmt kein Ende. Innerhalb weniger Stunden wurden mindestens 56 Palästinenserinnen Palästinenser getötet, viele von ihnen, während sie an Verteilungsstellen des umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) auf Nahrungsmittel warteten. Die GHF-Zentren, die unter US-amerikanisch-israelischer Kontrolle stehen, sind zunehmend ins Zentrum internationaler Kritik geraten – nicht nur wegen ihres umstrittenen Status, sondern auch, weil sie sich wiederholt als Todesfallen erwiesen haben.
Angriff auf Hungernde in Khan Younis
Am Montagmorgen eröffneten israelische Drohnen und Panzer ohne Vorwarnung das Feuer auf eine große Menschenmenge im Osten von Khan Younis. Tausende Palästinenserinnen und Palästinenser hatten sich dort eingefunden, um dringend benötigtes Mehl und andere Grundgüter zu erhalten. Laut medizinischen Quellen kamen mindestens 51 Menschen ums Leben, darunter Frauen und Kinder. Über 200 weitere wurden verletzt, viele davon schwer. Die überlasteten Krankenhäuser konnten den Ansturm kaum bewältigen.
Augenzeugen berichten von einem Blutbad
„Zwei israelische Granaten schlugen direkt in die Menge ein. Es war eine Schlachtung“, berichtete Said Abu Liba, ein Überlebender. Augenzeugen beschreiben Szenen des Grauens: Verstörte Menschen, die unter Beschuss fliehen, verwundete Kinder auf dem Boden, panische Schreie. „Die Soldaten schossen weiter, obwohl die Menschen bereits wegrannten“, so ein weiterer Betroffener.
Tödliche Angriffe auf Verteilungsstellen
Auch in Gaza-Stadt starben mindestens fünf weitere Zivilisationen und Zivilisten bei ähnlichen Angriffen auf ein weiteres GHF-Verteilungszentrum im Nordwesten der Stadt. Im zentral gelegenen Flüchtlingslager Nuseirat behandelte das Al-Awda-Krankenhaus dutzende Verletzte. Mahmud Basal, Sprecher des palästinensischen Zivilschutzes, warf den israelischen Streitkräften gezielte Angriffe auf Zivilistinnen und Zivilisten vor: „Ohne Warnung wurde auf hungrige Menschen geschossen, die lediglich überleben wollten.“
Hunderte Tote bei Hilfeverteilungen
Seit Beginn der GHF-Operationen am 27. Mai sind laut Angaben der Gesundheitsbehörden mindestens 338 Zivilistinnen und Zivilisten bei Angriffen auf oder nahe dieser Verteilungsstellen getötet und über 2.800 verletzt worden. Die Vereinten Nationen und internationale Organisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ weigern sich, mit dem GHF zusammenzuarbeiten. Sie werfen der Organisation vor, israelische Militärinteressen über humanitäre Prinzipien zu stellen.
UN spricht von möglichen Kriegsverbrechen
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk verurteilte das israelische Vorgehen scharf. Die Methoden der Kriegsführung verursachten „entsetzliche, unvorstellbare Leiden“ und stellten laut Türk möglicherweise „Kriegsverbrechen“ dar. Die Blockade Israels, die den Zugang zu Lebensmitteln, Wasser, Medizin und Treibstoff weitgehend unmöglich mache, verschärfe die humanitäre Katastrophe zusätzlich. Bereits jetzt drohe eine Hungersnot für die gesamte Bevölkerung von Gaza.
Zehntausende Tote seit Beginn der Offensive
Seit Beginn der israelischen Offensive im Oktober 2023 sind nach palästinensischen Angaben über 55.200 Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon Frauen und Kinder. Mehr als 128.000 Menschen wurden verletzt, große Teile der Bevölkerung sind vertrieben. Zahlreiche Tote liegen weiter unter den Trümmern zerstörter Gebäude. Der UN zufolge hat Israel durch die Einschränkung von Hilfslieferungen systematisch die Versorgungslage verschärft.
GHF als „Todesfalle“ – Kaum Hilfe erreicht Gaza
Seit dem 27. Mai seien nur vier Hilfstransporte in den Gazastreifen gelangt – vor dem Krieg waren es täglich mehrere Hundert. Das GHF, von dem Israel behauptet, es diene der Hilfeverteilung, wird von Betroffenen als „Todesfalle“ beschrieben. Viele meiden inzwischen selbst bei größter Not die Ausgabestellen – aus Angst, dort erschossen zu werden.
IDF leugnet Massaker
Der israelische Armeesprecher erklärte, die Angriffe hätten sich gegen „verdächtige Individuen“ gerichtet, die eine Bedrohung darstellten. Zahlreiche Berichte von Überlebenden und Hilfsorganisationen widersprechen dieser Darstellung. Die wiederholten Angriffe auf unbewaffnete Zivilistinnen und Zivilisten und die gezielte Behinderung von Hilfe werfen schwerwiegende völkerrechtliche Fragen auf.
Während Premierminister Benjamin Netanjahu von „Fortschritten“ bei Geiselverhandlungen spricht, widerspricht die Hamas. Es habe keinerlei Bewegung gegeben, heißt es von deren Seite. Unterdessen gehen die Angriffe weiter – mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung.