Nach der Gründung des „Bündnisses Sahra Wagenknecht“ vollzieht die Partei die Linke das Ende ihrer Parlamentsfraktion. Der alte Linksreformismus ist abermals gescheitert, der neue Linksreformismus bietet sich der Kapitalismusverwaltung an.
Berlin. Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag ist Geschichte. Nachdem die Selbstauflösung des Klubs gestern wirksam geworden ist, gelten die 38 bisherigen Abgeordneten nun zunächst als fraktionslos. In weiterer Folge werden sie sich in zwei Gruppen teilen: 28 Mitglieder der Partei die Linke (PdL) stehen sodann den zehn Mandataren des „Bündnisses Sahra Wagenknecht“ (BSW) gegenüber. Diese Gruppen werden weniger Rechte und Mitarbeiter sowie geringere finanzielle Mittel als Fraktionen erhalten.
Der Trennung war die Unfähigkeit der Linkspartei vorangegangen, einen gemeinsamen Weg mit Wagenknecht zu finden, was allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte. Die reformistische Linkssozialdemokratie, als die man die PdL einordnen kann, steht vor einem vorläufigen Untergang: Sie ist allerdings nicht an Wagenknecht, sondern an sich selbst gescheitert. Überall, wo sie in Regierungsverantwortung kam, entpuppte sie sich rasch als ergänzende und nützliche Partei der Kapitalismusverwaltung, in der soziale Gerechtigkeit nur ein Schlagwort bleibt.
Das Schicksal einer vollständigen Entzauberung, wie im Falle der griechischen SYRIZA, blieb der PdL zwar erspart, doch markiert ihre Assimilierung im bürgerlichen Parteienspektrum nun mal den normalen Weg der (Re-)Sozialdemokratisierung seit der USPD. Verschiedene PdL-Schwesterparteien der „Europäischen Linken“, wie die italienische Rifondazione, haben Ähnliches hinter sich, andere, wie die KPÖ, vielleicht noch vor sich.
In gewisser Weise sollen nun Wagenknecht und das BSW in die Bresche springen. Trotz diverser Wortradikalismen an Neben- und Nebelfronten haben sie die systemstabilisierende Aufgabe, Proteststimmen wieder einzusammeln und zu kanalisieren, sowohl im proletarischen wie im AfD-Milieu. Und so wird am Ende wieder eine weitere Alternative bereitstehen, wenn es für die etablierten Parteien schwieriger wird, für ihre asoziale und Kriegspolitik gangbare Mehrheiten zu konstruieren.
Die fähige Selbstdarstellerin Wagenknecht wird für das geneigte Publikum gewiss für ein bisschen Aufregung sorgen – etwa in der Russlandfrage –, aber am Ende die potenzielle Ersatzsozialdemokratie geben. Denn das ist es, wofür man solche Projekte letztlich braucht. Dafür werden sie geschaffen, verwendet, ja regelrecht verbraucht, ruiniert – und neu geschaffen. Das Wichtigste bleibt dabei: Die Arbeiterklasse soll an stark limitierte Irrlichter gebunden werden und keinesfalls auf die Idee kommen, es könne auch tatsächlich sozialistische, revolutionäre, kommunistische Perspektiven auf eigenständiger Grundlage geben.
Aus kommunistischer Sicht spielt es schlussendlich freilich kaum eine Rolle, ob die längst biedere PdL oder eine etwas schrillere BSW-Inszenierung im Bundestag sitzt – beides ist unzulänglich. Vielen, die sich einen einfachen Weg links der Sozialdemokratie wünschen, wird diese Einsicht verschlossen bleiben. Sie werden ihre Illusionen nun eben auf Wagenknecht übertragen und am Ende wieder mit verdutztem Gesicht und leeren Händen dastehen.
Es ist nur ein wenig Wehmut, der mitschwingt, wenn die PdL absehbar aus dem Bundestag fliegen und Wagenknecht über die Ruinen stolzieren wird. Denn in „vereinsrechtlicher“ Hinsicht, wenn man so will, war die PdL über die Zwischenstation PDS immer noch die „Nachfolgepartei“ der SED, der marxistisch-leninistischen Partei der DDR. Diesbezüglich wird also bald das letzte Kapitel geschlossen, wenngleich die PdL natürlich schon lange nichts mehr mit der SED und dem Marxismus-Leninismus zu tun hat. Auch die SED wurde somit „erfolgreich“ abgewickelt, wie der sozialistische Staat, der die größte historische Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung war.
So schwierig es sein mag, doch auch daraus folgt: Es war vor und es ist nach dem Ende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag klar, dass es eine eigenständige kommunistische Organisierung auf marxistisch-leninistischer Grundlage braucht, um im Klassenkampf und im revolutionären Kampf um den Sozialismus über das richtige Werkzeug zu verfügen. Damit hatten und haben weder PdL noch Sahra Wagenknecht etwas zu tun.
Quelle: ORF