Wien. Die Verschuldung unter jungen Erwachsenen in Österreich nimmt besorgniserregende Ausmaße an. Jede fünfte Person, die sich an die Schuldnerberatung wendet, ist mittlerweile unter 30 Jahre alt. Besonders in Wien ist das Problem ausgeprägt, wo knapp 14 Prozent der Hilfesuchenden zur jungen Generation gehören. Expertinnen und Experten sehen die Ursachen hierfür vor allem in der zunehmenden Verfügbarkeit von Zahlungsmöglichkeiten, die jungen Menschen den schnellen Konsum erleichtern.
„Die Verlockungen sind größer als je zuvor“, warnt Gudrun Steinmann, Leiterin der Finanzbildung bei der FSW-Schuldenberatung, im Gespräch mit „Wien heute“. Ein bedeutender Faktor sei das Online-Shopping und das Prinzip „Buy Now, Pay Later“. Konsumkredite und der einfache Überzug des Kontos führen oft dazu, dass viele junge Menschen den Überblick über ihre Finanzen verlieren. Dies gilt besonders für die Altersgruppe der 19- bis 24-Jährigen, bei der die Gefahr der Verschuldung besonders hoch ist.
Risiken von Konsumkrediten und Kreditkartenschulden können vielfach nicht abgeschätzt werden. „Viele verstehen nicht, wie Schulden entstehen. Wenn das Einkommen plötzlich sinkt oder der Job wegfällt, führt das oft in die Schuldenfalle“, so Steinmann weiter. In Wien haben etwa 14 Prozent der Klientinnen und Klienten der Schuldnerberatung Schulden von bis zu 50.000 Euro und mussten aufgrund ihrer finanziellen Situation sogar Privatinsolvenz anmelden.
Auch die österreichische Jugendberatung „Rat auf Draht“ beobachtet eine steigende Zahl junger Menschen, die wegen finanzieller Probleme Rat suchen. Beraterin Christine Piriwe stellt fest, dass viele junge Erwachsene verlernt haben, Geduld zu haben und Geld beiseitezulegen. „Sparen und auf etwas zu warten, das ist oft nicht mehr Teil ihres Lebens. Vorbilder wie Influencer fördern das Bild, dass man alles sofort haben muss“, so Piriwe. Diese Einstellung verstärkt den Konsumdruck und führt oft zu impulsiven Käufen, die letztlich in die Verschuldung führen.
Der Kapitalismus führt offenbar die Menschen auch in Zeiten andauernder Teuerung immer weiter in die Schuldenfalle und Verzweiflung. Schuld daran sind nicht nur vorgelegte Konsum Muster sondern vielmehr der Kapitalismus selbst, der zur Konzentration von Eigentum auf der einen und steigender Armut auf der anderen Seite führt.
Quelle: ORF