Am Donnerstag stellte Integrationsministerin Raab den Integrationsbericht 2023 vor. Dieser weist auf viele Probleme hin, das ist nicht zu leugnen, jedoch sind die präsentierten Lösungsvorschläge mehr als fragwürdig. Dass Sanktionen, Segregation und soziale Ungleichheit nichts lösen, ist wohlbekannt, aber offenbar nicht der ÖVP.
Wien. Die Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) stellte am Donnerstag den Integrationsbericht vor. In diesem Zusammenhang kommt man zu der Einsicht, dass es mit der Integration in Österreich nicht so weit her ist. Es muss eine räumliche und eine gesellschaftliche Segregation anerkannt werden. Es wird zwar eingestanden, dass diese sowohl für die Gruppe der Migrantinnen und Migranten als auch für die Gesellschaft nachteilig ist, aber es wird mit dem Finger aus die vulnerable Gruppe gezeigt, und die Politik scheint sich, außer in der Überlegung von Sanktionen, nicht in der wirklichen Verantwortung zu sehen. Im Gegenteil, es wird betont, was alles getan wurde, beispielsweise im Angebot von Deutschkursen.
Wartefristen für Sozialleistungen
Was sind denn nun die Lösungsvorschläge, die Raab vorbringt? Sie sprach unter anderem davon, dass man eine Wartefrist für Sozialleistungen einführen könne. Diesen Vorstoß hatte Bundeskanzler Karl Nehammer bereits im März gemacht, er flog extra nach Dänemark, um sich das dortige System genauer anzuschauen. Danach war seitens Nehammer die Rede von einer Wartefrist von fünf Jahren.
Die ÖVP wird nicht müde, so zu tun, als wäre der Sozialstaat der Grund für Asylverfahren, weil Österreich in der ganzen Welt, in Syrien oder anderen Kriegsländern so bekannt ist für den Wohlfahrtsstaat und dass ein Krieg oder andere lebensbedrohliche Aspekte eine nachgeordnete Rolle spielen würden. Durch den Sozialstaat kommt es zu einer „falschen Form der Zuwanderung“, hält Raab fest.
Analphabetismus bekämpfen – durch Strafzahlungen?
Neben der Wartefrist wurden aber auch mögliche neue Bedingungen für den Bezug von Sozialleistungen im Rahmen der Pressekonferenz präsentiert. Der Integrationsbericht zeigt einen kontinuierlich sinkenden Bildungsstand von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten. Etwa 70 Prozent jener mit Statuszuerkennung im Jahr 2022, die erstmals einen Kurs des Österreichischen Integrationsfonds besuchten, hätten Alphabetisierungsbedarf. Wiederum die Hälfte davon kann auch in der eigenen Muttersprache nicht schreiben und lesen.
Als Lösung hierfür wird allerdings keine Anpassung des Kursangebotes thematisiert, sondern auch hier sieht Raab Sanktionen als das Mittel zum Zweck. Sie spricht beispielsweise davon, dass es nicht reiche, verpflichtende Deutschkurse zu haben, diese müssten mit Erfolg abgeschlossen werden, wenn es nach ihr ginge. Aber Analphabetismus ist nichts, das durch Kürzungen von Geld oder Strafzahlungen, die Raab vorschweben, wenn der Kurs nicht bestanden wird, verschwindet. Nicht der fehlende Willen ist der Grund hierfür. Vielleicht wäre ein verpflichtender Kurs für die Ministerin im Bereich Integration, Soziologie und Lehramt sinnvoll, um in Zukunft bessere Lösungsvorschläge zu haben.
Jede vierte in Österreich lebende Person hat zumindest Migrationshintergrund. Vielleicht sollte man basierend auf solchen Zahlen noch einmal nachhaltig über den Umgang mit dieser Gruppe nachdenken, ohne Sanktionen oder vermeintliche Faulheit und Unwillen in den Vordergrund zu stellen. Wirkliche Lösungsansätze wären international betrachtet der Kampf gegen Fluchtursachen, gegen Krieg und Ungleichheit, gegen den Imperialismus. Aber solange diese herrschen, muss es einen anderen Umgang mit der Situation geben.