Wien. Bei der obligatorischen Rede der Verteidigungsministerin am Wiener Ballhausplatz brachte Klaudia Tanner, ÖVP-Verteidigungsministerin, den Standpunkt der österreichischen Bundesregierung zur Zukunft des Bundesheeres zum Ausdruck. Die Kernaufgabe des Bundesheeres soll es sein, die militärische Landesverteidigung, sprich: die Militarisierung des österreichischen Heeres voranzutreiben und dafür notwendige Investitionen zu tätigen. Konkret heißt das bei Tanner: „Mit der Waffe unser Land und alles was wir lieben zu verteidigen. Das müssen wir tun und das werden wir tun.“
Die weiteren Aktivitäten, etwa bei der Pandemiebekämpfung, seien bloß Nebenaufgaben. Gesetzes- und Verfassungsmäßig sei aber der bewaffnete Kampf zum Schutze Österreichs die Kernaufgabe des Bundesheeres. Diese Deutung hat am Nationalfeiertag große Aussagekraft, wurde mit der Unabhängigkeit Österreichs doch auch ihre Neutralität festgelegt. Eine Neutralität, die schon während des Kalten Krieges sehr situationselastisch gedeutet wurde und seit Jahren immer mehr zugunsten einer „aktiven Außenpolitik“ im Sinne österreichischer Kapitalinteressen aufgeweicht wird.
Türkis-Grün will die EU-Armee
Ebenfalls seit Jahren versucht man auf EU-Ebene die Militär- und Außenpolitik zu vereinheitlichen – auf einer Ebene, die über internationale Kooperation geht und der EU größeren Spielraum gewährt, um beim imperialistischen Säbelrasseln mitzuspielen. Die Rede ist von einer EU-Armee. Auch wenn Klaudia Tanner sich dazu bei der Rede nicht explizit bekannt hat, forderte sie die EU doch auf, nicht nur von gemeinsamer Sicherheitpsolitik zu sprechen, sondern entsprechende Taten zu setzen, die über den Nationalstaat hinaus gehen.
Damit würde beispielsweise as brutale Grenzregime gegen Asylsuchende und Opfer imperialistischer Konflikte eine neue Dimension erfahren, besonders wichtig ist aber, dass eine EU-Armee trotz aller Widersprüche in der Hauptsache mit der militärischen Aggressionspolitik der NATO in Einklang stehen würde – so wie es Jens Stoltenberg, Generalsekretär der NATO, immer gefordert hat. Je mehr die Widersprüche zwischen China, Russland und den USA bzw. zwischen diesen und der EU steigen, desto eher drängt sich für die EU-Kommission und ihre wichtigsten Blöcke – Frankreich und Deutschland – die Frage auf, auch im militärischen Sinne eine gewisse strategische Flexibilität zu erreichen und Synergien zu bilden. Betrachtet man beispielsweise wie immens wichtig der indopazifische Raum für den EU-Handel ist, kann es nicht im Sinne der EU sein, dass diese nun durch das militärische AUKUS-Bündnis (Australien, Großbritannien, USA) aus dem Konkurrenzkampf mit China aus dem Indopazifik gedrängt wird.
Österreich auf Kriegskurs?
Dass Österreichs Heer immer mehr auf Kriegskurs getrimmt werden soll wurde von SPÖ-ÖVP- bzw. in weiterer Folge durch ÖVP-FPÖ-Regierungen vorangetrieben. Mit der Mitgliedschaft in der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) oder auch PESCO, wurde ein Meilenstein gesetzt, bei der Österreich in militärische Pläne und Eskalationszenarios gezogen wird, die mit der NATO synchronisiert wurden.
Dieses Jahr erlaubten das Verteidigungs- und Außenministerium den USA und ihren NATO-Verbündeten, dass 800 Fahrzeuge und 2000 Truppenmitglieder auf zwei Routen durch Österreich nach Osteuropa zum NATO-Großmanöver „Defender Europe“ 2021 durchreisen. Mehr noch, stellte das Heer Kaserneninfrastruktur, Treibstoff u.ä. zur Verfügung.
Praktisch jede bürgerliche Partei in Österreich unterstützt auf die eine oder andere Art und Weise diesen Kurs, nicht zuletzt der grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen, der schon als Spitzenkandidat der Grünen darauf verwies, dass eine EU-Mitgliedschaft mit einer „dogmatischen“ Auslegung der Neutralität nicht übereinstimme. Und tatsächlich, treiben politische und wirtschaftliche Interessen, etwa am Balkan, wo das Bundesheer im Kosovo einen Auslandseinsatz unterhält, Österreich immer mehr auf Kriegskurs.
In welcher Rolle auch immer Österreich sich wiederfinden wird, es muss der Widerstand gegen diese imperialistische Politik aufgebaut werden. Ob das bei der Flüchtlingsfrage, der Militarisierung des Heeres oder der Integrations des Heeres in Sicherheitsstrukturen mit EU-Kommandatur ist, sie alle sind diametral den wahren Interessen Österreichs entgegengesetzt.
Quelle: Der Standard/Vienna.at