Vor 77 Jahren erfolgte die Befreiung Österreichs von faschistischer Diktatur und deutscher Fremdherrschaft. Die Niederschlagung des deutschen Faschismus war v.a. ein Verdienst der Roten Armee der Sowjetunion.
Der 8. und 9. Mai 1945 markieren das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Gleichzeitig bedeuten diese Tage die Niederlage des deutschen Faschismus, das Ende der faschistischen NS-Diktatur in Deutschland und Österreich sowie das Ende der deutschen Fremdherrschaft in Österreich. Wir begehen zu diesen Terminen jedes Jahr den Tag der Befreiung sowie den Tag des großen antifaschistischen Sieges der Völker.
Von der Okkupation und Annexion Österreichs durch Deutschland und seiner Eingliederung in den NS-Staat im März und April 1938 bis zum Kriegsende 1945 waren hunderttausende Österreicherinnen und Österreicher ums Leben gekommen: 65.000 jüdische Österreicherinnen und Österreicher, 8.000 österreichische Roma und 8.000 politische Häftlinge wurden in Konzentrationslagern ermordet, bis zu 30.000 Menschen fielen der NS-„Euthanasie“ zum Opfer, 2.700 Widerstandskämpferinnen und ‑kämpfer wurden hingerichtet, 16.000 Menschen kamen in Gestapo-Haft oder „normalen“ Gefängnissen um, und an die 240.000 Österreicher fielen in den Reihen der deutschen Wehrmacht; hinzu kommen mindestens 35.000 zivile Kriegstote. – Angesichts einer solchen Opferbilanz von mehr als 400.000 Toten sowie zahlreichen beispiellosen Verbrechen, die Österreicher in anderen Ländern begangen haben, kann die Losung: „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ nicht nur ein frommer Wunsch bleiben, sondern sie muss eine Verpflichtung sein.
Um dies zu gewährleisten, muss man die Ursachen von Faschismus und Krieg kennen. Als offene, terroristische Diktatur der aggressivsten Teile des Finanzkapitals ist der Faschismus ein Kind des Imperialismus, der höchsten Entwicklungsstufe des Kapitalismus. Er ist ein Werkzeug des Finanzkapitals, um die Arbeiterbewegung zu zerschlagen und sodann jegliche Opposition auszuschalten, um Demokratie und Rechtsstaat außer Kraft zu setzen, damit das Programm der maximalen Ausbeutung und Unterdrückung ungehindert umgesetzt werden kann.
Im Bunde mit dem Militarismus ist es eine weitere Aufgabe des Faschismus, die imperialistische Konkurrenz auf die Spitze zu treiben. Folgerichtig war es das Anliegen Deutschlands, gegenüber Großbritannien, Frankreich und den USA 1939–1945 eine Neuaufteilung der Welt herbeizuführen und im imperialistischen Kampf um Einflussgebiete, Kolonien, Rohstoffe, Boden, Marktanteile und billige Arbeitskräfte als Weltmacht hervorzugehen. In letzter Konsequenz wird eine solche Konkurrenzsituation zwingend mit militärischen, kriegerischen Mitteln entschieden, auch für die imperialistische Politik gilt, dass Krieg bloß ihre Fortsetzung mit anderen Mitteln darstellt. Vor dem Hintergrund der ungleichmäßigen Entwicklung der imperialistischen Hauptmächte entspringt der militärische Großmachtkonflikt den ureigensten Gesetzmäßigkeiten des imperialistischen Stadiums des Kapitalismus. Das gilt auch und wahrlich nicht zuletzt für den Zweiten Weltkrieg.
Diese Tatsachen über den Faschismus und den imperialistischen Krieg zeigen deutlich, dass beide nicht nur auf dem Boden des Imperialismus und Kapitalismus entstehen, sondern mit aller Folgerichtigkeit ihre konsequentesten Ergebnisse sind. Daraus leitet sich die Lehre ab, dass es notwendig ist, den Imperialismus und Kapitalismus zu überwinden, um die Gefahr des Faschismus und imperialistischer Kriege für immer zu bannen. Gelingt dies nicht, so wird es früher oder später abermals zu einem großen imperialistischen Krieg kommen. Die gegenwärtigen Vorgänge in der und um die Ukraine unterstreichen, wie aktuell die Gefahren von direkten Großmachtkonflikten auch in Europa bleiben.
Dass der bislang größte imperialistische Krieg 1945 zugunsten des antifaschistischen Lagers beendet wurde, ist auf internationaler Ebene vor allem das unauslöschliche Verdienst der Roten Armee der Sowjetunion. Ihr gelang es, den deutschen Faschismus in Berlin zu stellen und vernichtend zu schlagen, den Großteil Europas sowie auch Österreichs in verlustreichen Kämpfen zu befreien. Auch ihre Verbündeten – die USA, Großbritannien und Frankreich – sowie jugoslawische Partisaneneinheiten hatten ihren Anteil an der militärischen Niederringung des Faschismus in unserem Land. Innerhalb Österreichs waren es v.a. die Mitglieder der damaligen Kommunistischen Partei, die am konsequentesten den antifaschistischen Widerstandskampf und den nationalen Freiheitskampf führten, daneben waren slowenische Partisanen, christliche und sozialdemokratische Widerstandsgruppen aktiv.
Diese Widerstandsaktivitäten stellen den überschaubaren, aber wertvollen Beitrag Österreichs zu seiner eigenen Befreiung dar, der in der Moskauer Deklaration der Anti-Hitler-Koalition 1943 gefordert worden war. So konnten bereits am 27. April 1945 Österreichs Unabhängigkeit von Deutschland und die Gründung der Zweiten Republik proklamiert werden, der Staatsvertrag von 1955 markierte die vollständige Wiederherstellung der österreichischen Souveränität. Doch diese Chance, die Österreich erhalten hatte, wurde nicht genützt.
Zu lange und teilweise bis heute wurden der „Opfermythos“ gepflegt und der österreichische Anteil an den deutsch-faschistischen Verbrechen 1938–1945 ignoriert. Eine nachhaltige und konsequente Entnazifizierung blieb aus, faschistische Verbrecher fanden schließlich auch bei den staatstragenden Großparteien SPÖ und ÖVP Unterschlupf. Bereits 1949 wurde mit dem „Verband der Unabhängigen“ eine Partei für Deutschnationale und ehemalige NSDAP-Mitglieder geschaffen, aus der später die FPÖ hervorging. Das Hauptanliegen der ÖVP und SPÖ war bald nach Kriegsende nicht mehr der Antifaschismus, wie ihn die Verfassung verlangte, sondern der Antikommunismus, wie ihn der imperialistische Westblock forderte. Für die Erkenntnis, dass der imperialistische Kapitalismus und das Finanzkapital für den Faschismus verantwortlich waren, blieb dabei kein Platz mehr. Die SPÖ gab jede antikapitalistische Perspektive auf und integrierte sich ins System des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Österreich, das sie sich mit der ÖVP ebenso wie die politische Macht geschwisterlich teilte.
Es blieb die Aufgabe der aufrechten kommunistischen und sozialistischen Kräfte in Österreich, die Hauptträger des konsequenten Antifaschismus und eines revolutionären, nichtkapitalistischen Entwicklungsweges zu sein. Das ist auch heute, 77 Jahre nach Kriegsende, nicht anders. Es gilt, die doppelte Befreiung von 1945 – vom Faschismus und von der deutschen Fremdherrschaft – durch eine dritte Befreiung zu Ende zu führen: durch die Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung. Nur diese Überwindung des Imperialismus und Kapitalismus wird es ermöglichen, dass in einer sozialistischen Gesellschaft die Losung „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ zur unumkehrbaren Wirklichkeit wird.