Mit dem anhaltenden Beschuss des Atomkraftwerkes Saporjischschja treibt Kiew ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.
Kiew/Moskau. Das größte Atomkraftwerk Europas, das im russisch besetzten Teil der Ukraine gelegene AKW Saporjischschja, ist seit Tagen Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine. Auch sollte schon längst eine Delegation der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vor Ort sein, und die Sicherheit des Kraftwerks inspizieren. Das scheitert jedoch daran, dass die Ukraine die Reiseroute der Delegation über Russland und russisch kontrolliertes Gebiet ablehnt, und die Inspektoren unbedingt über die Frontlinie aus der Ukraine aus zum AKW bringen will.
Mit Abschaltungen eines Teils der fünf Reaktorblöcke in den letzten Tagen wurde die Dramatik der Situation erhöht. Wobei sich der stets zu maßlosen Übertreibungen neigende ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wieder einmal selbst übertraf. Er tat so, als wäre es eine Heldentat, dass Techniker die Notstrom-Dieselaggregate angeworfen haben, als die Stromzufuhr zu einzelnen Teilen des AKW (durch ukrainischen Beschuss, wie Russland sagt) unterbrochen war. Dabei muss man nicht viel über Technik wissen, um zu verstehen, dass es die Aufgabe von Notstromaggregaten ist, sich automatisch einzuschalten, wenn die reguläre Stromversorgung ausfällt.
Warum soll sich die russische Armee selbst beschießen?
Nachdem die russische Armee das Gelände des AKW besetzt hält, ist nicht nachvollziehbar, dass sie sich selbst beschießen sollte, wie von Kiew behauptet. Also ist es ziemlich naheliegend, dass es die Ukraine ist, die vom anderen Ufer des Flusses Dnipro aus die Anlage beschießt. Vielleicht auch, um die Aufmerksamkeit von ihrer nicht vorankommenden, aber vollmundig angekündigten Gegenoffensive im Süden des Landes und den weiteren Gebietsverlusten im Osten abzulenken. Was die Ukraine hier treibt, ist aber ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, denn bei einem atomaren Unfall wären vor allem auch große Teile des eigenen Landes radioaktiv verseucht.
Die wirkliche Auseinandersetzung wird sich in Zukunft darum drehen, wer den Strom, den das AKW erzeugt nutzen wird. Nimmt Russland das Kraftwerk vom ukrainischen Netz, verliert die Restukraine einen riesigen Energieversorger. Umgekehrt braucht der russisch besetzte Teil den Strom auch dringend, besonders wenn dort die Produktion in den zahlreichen Industriebetrieben irgendwann wieder hochgefahren wird.
Quelle: orf.at