Eine 24-jährige Studentin wird zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt. Sie kommentierte auf Facebook: „Free Palästina! Endlich. Danke, Gott“ und förderte damit laut der Richterin die Gefahr für terroristische Aktivitäten.
Wien. Am 7. Oktober postete die Zeit im Bild auf Facebook ein eineinhalbminütiges Video mit dem Titel „Hamas greift Israel an“. Gegenstand war die Operation Al-Aksa-Flut, die von mehreren bewaffneten palästinensischen Gruppen, vorrangig jedoch der Hamas, gegen Israel durchgeführt wurde. Dabei töteten Hamas-Kämpfer nach aktuellem Stand auch 695 israelische Zivilistinnen und Zivilisten.
Die 24-jährige Studentin K. antwortete in einem Kommentar mit: „Free Palästina! Endlich. Danke, Gott.“ Aufgrund dieses Postings kam es nun zum Prozess – der Kommentar sei, so der Staatsanwalt, eine Aufstachelung zu Hass und eine Unterstützung des terroristischen Angriffes der Hamas.
Frau K. ist bislang unbescholten. Der Standard schreibt, sie stehe vor dem Abschluss zweier „anspruchsvoller Studien“. Die Zeitung des liberalen Bildungsbürgertums geizt jedoch auch nicht mit rassistischen Stereotypen. Frau K. sehe nicht aus wie eine „typische radikalislamische Terrorfreundin“, sie trage ja nicht einmal Hijab, Kopftuch oder Palästinensertuch.
Das Urteil gegen die 24-Jährige lautet: Drei Monate bedingte Haftstrafe aufgrund des Paragrafen 282a des Strafgesetzbuches: „Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten“. Im entsprechenden Paragrafen wird jedoch eigentlich sehr deutlich erwähnt: Für die Gutheißung terroristischer Straftaten kann man nur belangt werden, wenn diese in einer Weise stattfindet, die die Gefahr einer Begehung einer oder mehrerer solcher Straftaten herbeiführt.
Es reicht also nicht, Terrorismus gutzuheißen. Es muss explizit die Gefahr der Begehung terroristischer Taten gefördert werden. Wo dieser Umstand im Zusammenhang mit dem Facebook-Kommentar von Frau K. gegeben sein soll, ist mehr als nur fraglich.
Neben der an Absurdität grenzenden Auslegung bürgerlichen Rechts in diesem Fall ist natürlich auch die Frage offen, wer entscheidet, welche Angriffe „terroristisch“ sind. Der Begriff „Terrorismus“ im Kontext internationaler Konflikte ist letztlich eine Worthülse, die dem jeweiligen Gegner an den Kopf geworfen wird, um die eigenen kriegerischen Handlungen zu legitimieren, da man es ja mit Terroristen zu tun habe.
Israel bombardiert seit Monaten den Gazastreifen, zerstört Schulen, Kirchen, Moscheen, Flüchtlingslager und Wohnhäuser. Es gibt mehrere Fälle sexueller Gewalt von israelischen Soldaten gegen palästinensische Frauen. Israelische Offizielle, vom IDF-Sprecher bis zum Premierminister, betonen selbst, dass nicht Präzision, sondern Zerstörung der Schwerpunkt des Angriffes ist.
Sollten internationale Gerichte die Taten Israels im Vernichtungskrieg gegen Gaza also irgendwann tatsächlich als staatlichen Terrorismus verurteilen, so wäre es jedenfalls nur konsistent, wenn diejenigen Standard-Kommentatoren, die diesen Krieg so lautstark bejubeln, dasselbe Urteil ausgesprochen bekommen wie Frau K.
Quellen: Der Standard/StGB/UNHRC/Jugendfront/France 24