Wien. Der neue Kollektivvertrag mit höheren Löhnen für die rund 16.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in der Fleischwirtschaft sollte schon seit 1. Juli 2025 gelten. Die relevante rollierende Inflationsrate liegt bei 2,63 Prozent. Aber nach drei Verhandlungsrunden steht das „Angebot“ der Arbeitgeber immer noch bei null Prozent. In einer gemeinsamen Konferenz am 18. August beschlossen nun die Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die Beschäftigten über den Verhandlungsstand zu informieren und Betriebsversammlungen einzuberufen. In einer einstimmig beschlossenen Resolution werden die Unternehmer aufgefordert, spätestens bei der vierten Verhandlungsrunde am 23. September, ein „wertschätzendes Angebot für Lohnerhöhungen“ vorzulegen.
Die Arbeitgeberseite hat in den vergangenen Gesprächsrunden darauf hingewiesen, dass ihnen die Einkaufspolitik des Handels Schwierigkeiten bereitet. Aber wie Geschäftspartner miteinander umgehen, kann aus Sicht der Gewerkschaft PRO-GE nicht Thema bei Lohnverhandlungen sein. Die Sicherung der Kaufkraft der Beschäftigten muss im Fokus stehen. Hinzu kommt noch, dass die Eigentümer und Aktionäre der Betriebe sicher nicht auf Gewinne verzichten. Der Preiskampf der Handels- und Industriekapitalisten darf nicht auf den Rücken der Belegschaften abgewälzt werden.
Appelle an die Fairness werden nichts helfen
„Das Wichtigste in der Fleischwarenproduktion sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter schweren Arbeitsbedingungen täglich ihr Bestes geben. Durch die Teuerung sind aber ihre finanziellen Belastungen enorm gestiegen. Eine Nulllohnrunde würde die harte Arbeit nun zusätzlich entwerten“, sagt Robert Schwarzbauer, Radatz-Betriebsrat und Branchenvorsitzender der PRO-GE für den Bereich Fleischwirtschaft. Der Mindestlohn in der Fleischwirtschaft liegt derzeit bei 1.970 Euro. Fachkräfte verdienen laut Kollektivvertrag zu Beginn zwischen 2.340 und 2.700 Euro brutto.
Die Arbeitsbedingungen in der Branche sind äußerst schwer und belastend. Extreme Temperaturen, Lärm und große Lasten werden von den Beschäftigten täglich gemeistert. „Vor dem Hintergrund einer schweren körperlichen Arbeit unter oftmals sehr tiefen Temperaturen ist die Forderung nach einer Nulllohnrunde respektlos. Die Beschäftigte haben sich faire Lohnerhöhungen verdient“, bekräftigt PRO-GE Branchenexperte Erwin Kinslechner.
Mit Appellen an die Fairness wird die Gewerkschaft die Gegenseite sicher nicht beeeindrucken. Was zählt sind Kampfmaßahmen bis hin zum Streik. Deshalb ist den Kolleginnen und Kollegen in der Fleischwirtschaft zu wünschen, dass die Betriebsversammlungen auch tatsächlich stattfinden und nicht in letzter Minute abgesagt werden. Dort sollten sie sich entschließen, der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführung Feuer unterm Hintern zu machen.
Quelle: OTS