Die von Präsident Rodrigo Paz angekündigte Schließung des Justizministeriums könnte den Schutz vulnerabler Gruppen in Bolivien massiv schwächen. Besonders in einem Land mit hohen Femizidraten und struktureller Ungleichheit warnen Expertinnen und Experten vor gravierenden Rückschritten.
La Paz. Fast hundert Organisationen, die sich für Gleichberechtigung und den Schutz der Menschenrechte einsetzen, haben ihre „tiefe Besorgnis“ über die geplante Schließung des bolivianischen Justizministeriums geäußert. Die Maßnahme, die von Präsident Rodrigo Paz angekündigt wurde, berge erhebliche Risiken für den Menschenrechtsschutz im Land, erklärten die in der Plattform Alerta 348 zusammengeschlossenen Gruppierungen in einer Stellungnahme.
Befürchtungen um den Schutz vulnerabler Gruppen
Die Organisationen warnten davor, dass die Abschaffung des Ministeriums „einen direkten Schlag gegen die Institution darstellen würde, die für den Schutz der Menschenrechte“ der bolivianischen Bevölkerung zuständig sei. Besonders betroffen wären Bevölkerungsgruppen, die bereits in verletzlichen Lebenssituationen stehen.
In ihrer Erklärung hoben sie hervor, dass das Justizministerium eine zentrale Rolle bei der Umsetzung und Steuerung öffentlicher Politiken einnehme: Es garantiere grundlegende Rechte, fördere Chancengleichheit, setze Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt um, stelle den Zugang zur Justiz sicher und schütze vulnerable Bevölkerungsgruppen.
Nach Angaben von Alerta 348 würde die Schließung wichtige staatliche Bereiche beeinträchtigen. Dazu gehören die Vizeministerien für Chancengleichheit, Grundrechte, Prävention und institutionelles Management sowie für indigene, originäre und bäuerliche Justiz. Auch staatliche Einrichtungen der Rechtsberatung, die besonders Menschen in schwierigen sozialen Lagen unterstützen, wären betroffen.
Die Organisationen betonten, dass die Regierung Paz gewährleisten müsse, „dass grundlegende Dienste im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenrechte zu keinem Zeitpunkt unterbrochen werden“.
Warnungen angesichts hoher Gewaltzahlen und bestehender Ungleichheiten
Besonders kritisch sehen die Organisationen die Maßnahme vor dem Hintergrund der hohen Gewaltzahlen im Land. Die Abschaffung des institutionellen Rahmens zum Schutz der Menschenrechte in einem Land mit ausgeprägten Problemen wie Femiziden, sexueller Gewalt gegen Minderjährige, Menschenhandel, struktureller Straflosigkeit und tief verwurzelter Ungleichheit würde den Schutz weiter schwächen und erzielte Fortschritte gefährden.
Alerta 348 forderte daher, die Institution, die die öffentlichen Politiken zum Schutz von Menschenrechten und Frauen steuert, zu stärken. Dazu gehörten eine angemessene hierarchische Stellung, ausreichend finanzielle Mittel und vollständige Entscheidungsbefugnisse. Zudem müsse jede mögliche Umstrukturierung einer „technischen und partizipativen“ Analyse unterzogen werden.
Hintergrund: Entscheidung der Regierung Paz und eskalierende Gewaltzahlen
Präsident Rodrigo Paz hatte am Donnerstag angekündigt, das Justizministerium zu schließen. Er begründete die Entscheidung damit, dass das Ministerium während der Regierungen von Evo Morales (2006–2019) und Luis Arce (2020–2025) als Instrument „politischer Verfolgung“ und des „Missbrauchs politischer Macht“ gegenüber der Bevölkerung missbraucht worden sei.
Die Stellungnahme von Alerta 348 erfolgte nur wenige Tage vor dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.
Ein Bericht der bolivianischen Staatsanwaltschaft zeigt, dass zwischen dem 1. Januar und dem 19. November 69 Femizide registriert wurden. Das Juana-Azurduy-Zentrum bezeichnete diese Zahl als „offene Wunde“ und betonte, dass machistische Gewalt eine „öffentliche Tragödie“ sei, die Leben zerstöre und Ungleichheiten verschärfe.
Seit 2013 gilt in Bolivien das umfassende Gesetz 348, das Frauen ein Leben frei von Gewalt garantieren soll. Es sieht für Femizid eine Haftstrafe von 30 Jahren ohne das Recht auf Begnadigung vor.
Quelle: teleSUR
















































































