Wien. Während in der Vorweihnachtszeit die Einkaufszentren Hochbetrieb haben und die Umsätze der Handelskonzerne steigen, können sich viele der Beschäftigten im Handel selbst das tägliche Leben immer weniger leisten. Die aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen und ‑abschlüsse im Handelsbereich zeigen einmal mehr, wer in Zeiten der Krise zur Kasse gebeten wird: die Arbeiterinnen und Arbeiter. Bereits in der Lohnrunde für die Angestellten wurde für 430.000 Angestellten des Handels mit 3,3 Prozent kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht.
Jetzt in den KV Verhandlung der Arbeiterinnen und Arbeiter im Handel muss festgehalten werden, dass die rund 9.000 Handelsarbeiterinnen und ‑arbeiter allein in Tirol – beschäftigt in Lager, Verpackung und Transport – gemeinsam und teilweise nicht sichtbar mit den Angestellten Kolleginnen und Kollegen das System am Laufen halten. Ohne sie gäbe es keine pünktlich gefüllten Regale, keinen reibungslosen Warenfluss und keine „Kauflaune“ im Advent. Dennoch verweigern die Arbeitgeber einen vollständigen Inflationsausgleich. Die Gewerkschaft vida fordert zu Recht eine Lohnerhöhung von etwas mehr als drei Prozent, um zumindest die Teuerung abzugelten. Was ohnehin kaum der Fall ist, weil insbesondere die Lebenshaltungskosten des täglichen Bedarfs stärker gestiegen und somit reichen die Einkommen kaum aus.
Unverschämterweise lag letzte Angebot der Arbeitgeber lag jedoch bei lediglich 2,55 Prozent – deutlich unter der Inflationsrate. Die Konsequenz ist klar: ein Reallohnverlust für die Beschäftigten.Dass die Arbeitgeber die Verhandlungen Anfang Dezember einseitig abgebrochen haben, ist kein Zufall. Es zeigt die Machtverhältnisse in der Sozialpartnerschaft, in der Profite und „Wettbewerbsfähigkeit“ schwerer wiegen als die Existenzsicherung der Beschäftigten. Während die Handelskonzerne ihre Gewinne sichern und ausbauen, sollen die Arbeiter:innen den Gürtel enger schnallen. Das ist keine „Kompromisslösung“, das ist Klassenpolitik von oben.
Herbstabschlüsse: Lohnpolitik gegen die Beschäftigten
Der Blick auf die diesjährigen KV-Abschlüsse in anderen Branchen – etwa in der Metallindustrie – zeigt, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Überall wird versucht, Reallohnverluste als „Erfolg“ zu verkaufen. Wenn Gewerkschaftsführungen ernsthaft argumentieren, es sei positiv, dass es „keine Nulllohnrunde“ gegeben habe, dann ist das ein Offenbarungseid. Auch im Handel wird diese Logik angewandt: Hauptsache ein Abschluss, egal wie niedrig – selbst wenn er faktisch eine Lohnkürzung bedeutet.
Dabei ist die Realität eindeutig. Die Preise für Wohnen, Energie, Lebensmittel und alltägliche Güter sind weit stärker gestiegen als die offiziell ausgewiesene Durchschnittsinflation. Für Handelsarbeiter:innen, die ohnehin niedrige Löhne beziehen, bedeutet jede nicht abgegoltene Teuerung einen direkten Angriff auf ihren Lebensstandard. Wer heute weniger Kaufkraft hat als vor einem Jahr, wurde nicht „entlastet“, sondern bestohlen.Profite sichern, Löhne drückenDie immer gleiche Begründung lautet, man müsse die Betriebe entlasten und Arbeitsplätze sichern. Doch diese Erzählung ist längst widerlegt. Lohnverzicht hat noch nie Arbeitsplätze gerettet. Was er sehr wohl rettet, sind Profite und Dividenden. Die Beschäftigten sind nicht verantwortlich für Energiepreise, internationale Krisen oder Managemententscheidungen – sie verkaufen ihre Arbeitskraft, und genau deren Preis wird systematisch gedrückt.
Im Handel kommt hinzu, dass die Arbeitsbelastung stetig steigt: Personalmangel, Verdichtung der Arbeit, flexible Arbeitszeiten und permanenter Leistungsdruck sind Alltag. Produktivitätsgewinne und steigende Umsätze kommen jedoch nicht bei den Beschäftigten an, sondern bei den Eigentümern und Aktionären.
Druck von unten statt Sozialpartnerschaft von oben
Die aktuellen KV-Verhandlungen im Handel sind ein weiteres Beispiel dafür, wohin die Sozialpartnerschaft führt, wenn sie nicht durch Druck von unten begleitet wird. Symbolische Kundgebungen – wie zuletzt in Tirol – sind ein wichtiger Anfang, reichen aber nicht aus, solange die Arbeitgeber wissen, dass am Ende ein Abschluss unter der Inflationsrate akzeptiert wird.
Die Lehre aus diesem Herbst ist klar: Ohne organisierte Gegenmacht gibt es keinen Inflationsausgleich. Die Arbeiterklasse muss sich ihrer Stärke bewusst werden und diese auch einsetzen. Reallohnverluste sind kein Naturgesetz, sondern das Ergebnis politischer und gewerkschaftlicher Entscheidungen. Was die Beschäftigten im Handel brauchen, ist kein „Verständnis für die Betriebe“, sondern Löhne, von denen man leben kann. Alles andere bedeutet, die Krise auf dem Rücken jener auszutragen, die sie nicht verursacht haben.




















































































