10. Mai 1933. In etlichen Städten Deutschlands werden von den Faschisten Bücher verbrannt. Bücher, die ihrer menschenverachtenden Ideologie widersprechen. Darunter befinden sich auch die bis dahin verfassten Romane „Maschinenfabrik N&K“ sowie „Rosenhofstraße“ von Willi Bredel. Sie wollten nicht nur ihn – zu dieser Zeit saß er bereits in einem der ersten KZs, dem KZ Fuhlsbüttel bei Hamburg – vernichten, sondern auch sein literarisches Werk. Gut, dass ihnen beides nicht gelungen ist! Lasst uns an Willi Bredel und sein Werk an seinem heutigen 120. Geburtstag erinnern!
Der Arbeiterschriftsteller Willi Bredel wurde 1901 in Hamburg geboren und schloss bis zum Ende des 1. Weltkrieges seine Lehre zum Eisen- und Metalldreher bei der bekannten und heute noch existierenden Werft „Blohm und Voss“ ab. Er war wie so etliche aus seiner Generation ein Arbeiter, der stets dort anzutreffen war, wo die Arbeiterklasse aufbegehrte, was ihn nach Mitgliedschaften in der Gewerkschaft („Deutscher Metallarbeiterverband“) und der Sozialistischen Arbeiterjugend über den Spartakusbund schlussendlich zur Kommunistischen Partei Deutschlands führte, bei der er kurz nach deren Gründung 1919 Mitglied wurde. Doch nicht nur hinsichtlich seiner Mitgliedschaften stand er stets an der Seite des revolutionären Proletariats. Sowohl beim Hamburger Aufstand 1923, bei den Kämpfen um die Spanische Republik als Kriegskommissar der 11. Internationalen Brigade gegen die faschistischen Franco-Putschisten in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre als auch nach dem faschistischen Überfall auf die Sowjetunion als Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD) tauschte er sein Schreibgerät gegen die Waffe ein.
Bredels Standfestigkeit und seine ungebrochene Überzeugung für die Befreiung der Arbeiterklasse an allen Stationen und zu allen Situationen seines Lebensweges einzutreten, ließen ihm nicht nur die Faschisten kurz nach dem Reichstagsbrand 1933 spüren, sondern bereits die Klassenjustiz in der bürgerlichen Weimarer Republik. So musste er zwei zweijährige Haftstrafen absitzen. Die erste nach dem bereits erwähnten Hamburger Aufstand und die zweite 1930 nach einer Verurteilung wegen „Vorbereitung literarischen Hoch- und Landesverrats“ als Redakteur der kommunistischen Hamburger Volkszeitung. Während beider Haftzeiten ließ er es sich nicht nehmen zu schreiben. So entstand sein Erstlingswerk „Marat, der Volksfreund“, das zunächst in der HVZ und 1926 als Broschüre erscheinen sollte. Sein erster Roman allerdings, „Maschinenfabrik N&K“, entstand dann während der zweiten Haft 1930 und schildert die Kämpfe der revolutionären Arbeiter mit den reformistischen und opportunistischen Sozialdemokraten Ende der 1920er Jahre. Diese betrieblichen Auseinandersetzungen erlebte Willi Bredel selbst als Dreher. Diese novelleartige Dokumentation brachte Bredel aber auch Kritik ein, da die Charaktere und deren Sprache darin laut Georg Lukács scheinbar zu stereotyp wirken. Bredel selbst schreibt im Nachwort des 1960 in der DDR nachgedruckten Werkes folgendes: „Als 1932 die russische Ausgabe des Buches vorbereitet wurde (es erschien außerdem noch in ukrainischer, dänischer, jiddischer, holländischer und japanischer Sprache sowie in Esperanto), wurde ich von den sowjetischen Schriftstellern eingeladen. Kaum war ich aus der Festungshaft entlassen, fuhr ich nach Moskau. In kameradschaftlichen, für mich außerordentlich lehrreichen Begegnungen und Aussprachen wurde mein Erstling kritisch unter die Lupe genommen. Als ich hörte, die russische Erstauflage werde hunderttausend Exemplare betragen, rief ich erstaunt: „Nach dieser Kritik?“ Mir wurde erwidert: „Als erstes Buch ist es eine beachtliche Leistung. Aber deine nächsten Bücher, lieber Genosse Willi, müssen bedeutend besser werden.“
Die Prüfung als Schriftsteller, das wusste ich gut, hatte ich mit meinem ersten Buch noch keineswegs bestanden. Würde ich sie je bestehen? Und wann würde ich überhaupt dazu kommen, ein neues Buch zu schreiben? Ja, wann? In den deutschen Straßen marschierten, randalierten und mordeten die braunen Totschläger. Hitler forderte von der herrschenden Bürgerklasse die politische Macht. Ich arbeitete wieder als Redakteur an der „Hamburger Volkszeitung“, als Funktionär meiner Partei.
Anfang 1933 war ich abermals ein Gefangener, diesmal KZ-Gefangener der Faschisten. Eine Leidenszeit ohnegleichen begann: dreizehn Monate Kerker, elf Monate Einzelhaft und sieben Wochen Dunkelhaft, dazu siebzehn Auspeitschungen. Aber in den Nächten auf der Pritsche schrieb ich an einem Buch. In Gedanken, denn Feder und Papier hatte ich nicht. Aber ich schrieb Episode auf Episode, Kapitel auf Kapitel, ein ganzes Buch. Und als es mir tatsächlich gelang, dem KZ Hamburg-Fuhlsbüttel zu entrinnen und aus Deutschland zu fliehen, schrieb ich das im Gedächtnis Angesammelte in Prag nieder. Ich gab diesem Buch den Titel „Die Prüfung“.“
Willi Bredel konnte tatsächlich den faschistischen Totschlägern entkommen und schrieb seine dreizehn monatige Höllenzeit auf – exemplarisch steht es für viele seiner Genossen. Über die Station Moskau, wo er mit Lion Feuchtwanger und Bert Brecht die Exilzeitschrift „Das Wort“ herausgibt, schließt er sich nach dem Schriftstellerkongress 1937 in Valencia den Internationalen Brigaden an und wird vorübergehend Kriegskommissar der 11., der Thälmann-Brigade. Über diese Erlebnisse kann in unterschiedlichen Werken Bredels nachgelesen werden. Das erste, „Begegnung am Ebro“, erschien bereits Ende 1938 in einem französischen Exilverlag. Anders als viele andere Spanienkämpfer kommt er noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges aus Frankreich heraus und kehrt in die Sowjetunion zurück. Nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion arbeitet Bredel unter den deutschen Kriegsgefangenen und versucht die Wehrmachtssoldaten auch an der Stalingrader Front zusammen mit Walter Ulbricht und Erich Weinert über Lautsprecherdurchsagen und von ihm verfasste Flugzettel von der Sinnlosigkeit des Krieges zu überzeugen. Die Agitationsarbeit mündet in der Gründung des Nationalkomitees Freies Deutschland im Juli 1943. Während dieser ganzen Kriegsstrapazen kommt Bredel dazu sein umfassendes Werk über eine Hamburger Arbeiterfamilie zu beginnen, in der die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung von der Reichsgründung Deutschlands unter Bismarck 1871 bis 1948 nachgezeichnet wird. Diese wird in der DDR 1971 als Fernsehfilme ausgestrahlt.
1945. „Ein neues Kapitel“.
Das ist der passende Titel der Romantrilogie (1959 bis 1964) von Willi Bredel, in dem er seine kämpfende Heimkehr in ein zerstörtes Deutschland beschreibt. Er hilft umgehend beim Wiederaufbau eines demokratischen und antifaschistischen Deutschlands – v.a. auf kultureller Ebene. Folgend übernimmt er unterschiedliche Funktionen und wird bspw. zum mecklenburg-vorpommerischen Vorsitzenden des Demokratischen Kulturbundes gewählt. Auch in dem nun sozialistischen Teil Deutschlands ergreift Bredel Partei und ist bis zu seinem Tod am 27. Oktober 1964 zehn Jahre Mitglied des Zentralkomitees der SED. Bredel wird auch die Ehre zuteil, 1950 Mitbegründer der Deutschen Akademie der Künste zu werden, wo er ab 1956 Vizepräsident und ab 1962 Präsident ist.
Heute findet auf dem YouTube-Kanal ein Vortrag anlässlich des Jahrestages statt.
Quelle: Willi-Bredel-Gesellschaft / Maschinenfabrik N&K / Handbuch Deutsche Kommunisten