Vom Rumble in the Jungle zum Volksstimmefest und in den Olympischen Boxring: Es waren interessante Wege, die das Leben des letzten österreichischen Olympia-Boxers markierten. Nun ist Biko Botowamungu im Alter von 68 Jahren gestorben.
Wien. Am vergangenen Sonntag verstarb mit Ikomoniya “Biko” Botowamungu Österreichs letzter Olympia-Boxer. Er hatte 1988 im südkoreanischen Seoul in der Gewichtsklasse über 92 Kilogramm (“Superschwergewicht”) teilgenommen – der sportliche Höhepunkt eines recht bunten, oft nicht leichten Lebens, das eine Würdigung verdient.
Geboren wurde Ikomoniya noch im Kolonialismus, am 22. Jänner 1957 in Kisangani, das damals noch Stanleyville hieß und im Nordosten des belgisch unterjochten Kongos lag. Er war 19 Jahre alt, als es in Kinshasa zum “Rumble in the Jungle” kam und Muhammad Ali gegen George Foreman wieder seinen angestammten Platz einnahm. Der junge Botowamungu, angeblich mehr oder minder live dabei oder in der Nähe, war beeindruckt, wurde aber trotzdem nicht Boxer, sondern Ringer.
Als solcher qualifizierte er sich sogar für die Olympischen Spiele 1976 in Montreal, doch die Politik kam dazwischen: Neuseeland war im Rugby gegen das eigentlich isolierte Apartheid-Südafrika angetreten, 16 afrikanische Staaten – darunter eben auch Zaire – protestierten mittels Boykott Montreals. Botowamungu musste zu Hause bleiben, ging aber trotzdem nach Nordamerika. Er wollte Profi-Wrestler werden. Das klappte in den USA jedoch ebenso wenig wie in der BRD, daher verschlug es Botowamungu schließlich 1978 nach Wien. Um genau zu sein: Auf den Wiener Heumarkt, wo Wrestling noch Catchen hieß und ein 1,90 großer “Dr. Biko” gut ins Programm passte.
Per Zufall überzeugte Coach Josef Kovarik den nunmehrigen Biko Botowamungu, es mit dem Boxen zu versuchen – als Amateur, versteht sich. Die physischen Voraussetzungen waren nicht zu leugnen, trainieren konnte man jeden. Und so baute Kovarik den jungen Mann mit einer Höhe von 1,90 und einem Kampfgewicht von 114 Kilogramm langsam auf – bis man durchstarten konnte: 1983 wurde Botowamungu erstmals österreichischer Meister, damals noch im Schwergewicht, danach trat er im Superschwergewicht an und war im Wesentlichen konkurrenzlos: Champion 1984 bis 1989 sowie nochmals 1992. Daneben beendete er ein paar Turniere für Amateurboxer auf dem Siegertreppchen, so u.a. beim Chemiepokal in der DDR. Sein erster relevanter internationaler Turniersieg gelang ihm im September 1984 zu Hause in Wien, nämlich im Prater am (damals noch weit größeren) Volksstimmefest der KPÖ.
Aber zurück zum Höhepunkt 1988! Olympisches Boxturnier, Sigi Bergmann kommentiert im ORF, die Erwartungshaltung lautet: Medaille – obwohl dies die Ergebnisse bei EM-Turnieren nicht wirklich hergaben. Es lag aber nicht nur am übertriebenen Optimismus, sondern auch an einer sehr unglücklichen Auslosung, dass Botowamungu bereits in der 1. Turnierrunde – es war breits das Achtelfinale – als Verlierer aus dem Ring steigen musste. Sein Gegner war ein gewisser Riddick Bowe (USA), später Profiweltmeister im Schwergewicht, der in Seoul die Silbermedaille gewann – im Finalle unterlag er einem gewissen Lennox Lewis, damals noch Kanadier, später ebenfalls Profiweltmeister. Hätte es bei einer besseren Auslosung vielleicht für Bronze reichen können? Schon möglich. Wir werden es nie erfahren, aber glauben möchten wir es gerne. Das K.O. gegen Bowe in der 2. Runde war jedenfalls nur einer Unaufmerksamkeit Botowamungus geschuldet – “eigentlich” hätte er nur nach Punkten verloren.
Nach Olympischen Spielen wechseln viele Amateur-Boxer (eigentlich alle außer den Kubanern) aus finanziellen Gründen ins Profi-Lager, damals neben Bowe, Lewis und Henry Maske auch Botowamungu, der 1992 unter dem Management von Don King himself sein Debüt in den USA gab. Was soll man sagen? Es hat halt nich so recht sollen sein. In 27 Profikämpfen erreichte Botowamungu zehn Siegen (immerhin alle durch K.O.), musste jedoch gleich 16 Niederlagen einstecken und hatte ein Unentschieden zu verbuchen. Aber er traf dabei auf namhafte Gegner, u.a. Chris Byrd, Corrie Sanders, Lamon Brewster, Wladimir Klitschko und Luan Kransniqi. Und der große Mike Tyson lud Botowamungu einst als Sparringpartner in den Ring. Kann sich sehen lassen.
Die Karriere endete endgültig im Jahr 2004. Botowamungu widmete sich seinen etwas verstreuten Famlien, begann als Prediger und Sportlehrer zu wirken und nahm 2013 an der ORF-Show Dancing Stars teil – damit erinnerten sich viele wieder an den einstigen Olympiaboxer, der als große Hoffnung gegolten hatte. Allerdings rundweg mit Wohlwollen, das Scheitern nahm ihm niemand übel – das ist in Österreich immer Part of the game. Nach kurzem Verdruss lieben wir unsere Verlierer ebenso wie unsere Sieger – oder sogar mehr und aufrichtiger.
Am 24. August 2025 ist Ikomoniya “Biko” Botowamungu in Wien verstorben. Seit dem Vorjahr war seine Demenzerkrankung bekannt. Nun waren offenbar ein Nierenversagen und eine Lungenembolie unmittelbar verantwortlich.
Quelle: ORF