200 Ärztinnen und Ärzte sowie 500 Krankenschwestern wurden vom Organisationskomitee wie Ersatzteile angefordert, während überall im Land Personalnotstand herrscht. Gewerkschaften lassen sich das nicht bieten.
Tokio. Nachdem die ursprünglich für 2020 geplanten, 32. Olympischen Sommerspiele bereits im Vorjahr verschoben wurden, beharren die Organisatoren auf einer Austragung im heurigen Juli und August. Für das Milliardenevent werden enorme Gesundheitsrisiken in Kauf genommen. Allein bei einer überschaubaren Fackelzeremonie in Kagoshima (Südwestküste Kyushus) Ende April steckten sich sechs Mitarbeiter der lokalen Behörden mit dem Coronavirus an. Das feuchte, heiße Hochsommer-Klima in der Großregion Tokio ist ohnehin Garant für diverse Hitzeschäden bei AthletInnen, Personal und Fans.
Zu allem Überfluss sollen die „Koste es, was es wolle“-Spiele (Schätzungen gehen mittlerweile von umgerechnet 22 Milliarden Dollar aus) auch noch dringend benötigtes Gesundheitspersonal in Beschlag nehmen. Das Tokioter Olympische Organisationskomitee forderte unlängst 500 Krankenschwestern sowie 200 Sportärzte an – und sorgte damit für einen Sturm der Empörung. Das Gesundheitspersonal in Japan ist längst am Limit, selbst schwangere Krankenschwestern müssen regelmäßig mehr Nachtschichten als in Richtlinien vorgesehen leisten. Besonders betroffen sind die urbanen Zentren Tokio, Osaka und Kyoto, wo am Rande der Kapazitätsgrenze gearbeitet wird. Die Japanische Vereinigung der Gesundheitsgewerkschaften (Iroren) forderte eine umgehende Revision der Anfrage der Olympia-Organisatoren. In sozialen Netzwerken trendete ein Hashtag mit der eingedeutscht etwas sperrigen Bedeutung „Wir können keine Krankenschwestern für Olympia schicken“.
Dabei war das Olympische Komitee bisher etwas naiv davon ausgegangen, großteils mit freiwilligem medizinischen Personal auszukommen. Ganz nach dem Motto: Dabeisein ist alles (was jene erwarten können, die für das IOC ihre Gesundheit riskieren).
Auch die Kommunistische Partei Japans (KPJ) mit ihrem Vorsitzenden Shii Kazuo fordert eine Absage der teuren Spiele sowie eine Konzentration auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie.
Quellen: Asahi Shimbun, KPJ