Am 1. November ist es wieder soweit: Der Equal Pay Day markiert jenen Tag, ab dem Frauen – statistisch betrachtet – bis Jahresende unbezahlt arbeiten, verglichen mit dem durchschnittlichen Einkommen ihrer männlichen Kollegen. Dies bedeutet, dass Frauen in Österreich 61 Tage „gratis“ arbeiten, um auf das gleiche Jahreseinkommen wie Männer zu kommen. Die jährliche Gehaltslücke liegt dabei bei 16,6 Prozent. Der Equal Pay Day fällt in diesem Jahr einen Tag später als im Vorjahr.
Einkommensunterschiede in Österreich nach Bundesland
Der Equal Pay Day variiert je nach Region: Wien schneidet mit dem geringsten Einkommensunterschied am besten ab, sodass Frauen dort „nur“ ab dem 22. November unbezahlt arbeiten. In Vorarlberg, wo die Lohnungleichheit am größten ist, war der Equal Pay Day bereits am 7. Oktober – hier beträgt die Lücke ganze 23,4 Prozent. Andere Bundesländer wie Oberösterreich (17. Oktober) und Tirol (21. Oktober) liegen zwischen diesen beiden Extremen. Es zeigt sich eine starke regionale Differenz, die nicht nur auf unterschiedliche Branchenstrukturen, sondern auch auf regionale Arbeitsbedingungen und die vorhandene soziale Infrastruktur zurückzuführen ist.
Gründe für die Lohnlücke
Die Gründe für den Gender Pay Gap sind vielfältig und komplex. Ein großer Teil der Lohnlücke lässt sich durch die überdurchschnittliche Teilzeitquote bei Frauen erklären. In Österreich arbeiten im Durchschnitt 55 Prozent der Frauen in Teilzeit, da sie häufig unbezahlte Arbeit wie Kinderbetreuung übernehmen. Bei Männern sind es nur zehn Prozent. Der Städtebund stellte fest, dass der Anteil an Männern in Teilzeit in Wien mit 23 Prozent am höchsten ist, was dennoch deutlich unter dem Frauenanteil liegt.
Ein weiterer Grund für die Einkommensdifferenz sind die Branchenunterschiede. Frauen sind häufiger in Berufen tätig, die gesellschaftlich als „systemrelevant“, jedoch oft gering bezahlt sind – darunter etwa Kinderbetreuung, Reinigungsdienste und andere Hilfstätigkeiten. Nach einer Untersuchung des gewerkschaftsnahen Momentum Instituts sind sieben von elf Berufsgruppen mit unterdurchschnittlichem Bruttostundenlohn überwiegend weiblich besetzt. Dies senkt das allgemeine Lohnniveau in diesen Berufen erheblich. Grundsätzlich ist aber nicht der ganze Gender Pay Gap erklärbar.
Besonders betroffen: Frauen mit Migrationshintergrund
Frauen mit Migrationshintergrund sind einer noch größeren Einkommensungleichheit ausgesetzt: Sie verdienen im Durchschnitt 25 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Auch in schlecht bezahlten Berufen dominieren diese Frauen, was die finanzielle Belastung verstärkt. Es ist ein zusätzliches Beispiel dafür, wie geschlechtsspezifische und kulturelle Faktoren die wirtschaftliche Gleichstellung hemmen können.
Der Equal Pay Day macht auf die nach wie vor gravierenden Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern aufmerksam. Er zeigt, dass noch viele Schritte nötig sind, um die Kluft zu verringern.
Quelle: ORF