Feldkirch. Am Landesgericht Feldkirch wird derzeit ein Mordprozess verhandelt, der zeigt, was in Österreich längst zur grausamen Routine geworden ist: Eine junge Frau, 25 Jahre alt, wird brutal getötet, mutmaßlich von ihrem ehemaligen Partner. Die Details des Falls sind erschütternd – aber sie sind leider nicht außergewöhnlich. Sie sind Teil einer endlosen Serie von Frauenmorden, die das Fundament der patriarchalen Gesellschaftsordnung des Kapitalismus sichtbar machen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 26-jährigen Angeklagten vor, seine Ex-Partnerin in der Nacht vom 3. auf den 4. September 2024 zu Tode geprügelt zu haben. Laut Gerichtsmedizinerin wurde mindestens sieben Mal mit massiver Gewalt auf Gesicht und Kopf eingeschlagen, das Gesicht zertrümmert, der Kopf von Wunden übersät. Es gibt keine Spuren von Gegenwehr – womöglich war das Opfer schon nach dem ersten Schlag bewusstlos. DNA- und Spermaspuren des Angeklagten wurden am Körper der Frau gefunden. Die Tat geschah nicht am Fundort, sondern an einem anderen Ort – was bedeutet, dass der Täter Zeit und Energie aufwandte, die Leiche zu verstecken.
Die Verteidigung versucht derweil, Zweifel zu streuen: Es sei vielleicht ein anderes Handy gewesen, vielleicht eine dritte Person beteiligt. Die Polizei habe Fehler gemacht, die Staatsanwaltschaft falsche Daten ausgewertet. All das kann die Brutalität der Tat nicht relativieren. Auch nicht die Behauptung des Angeklagten, er sei „betrunken gewesen“ und könne sich nicht erinnern. Dass er jetzt plötzlich Widersprüche zwischen seiner ersten Aussage und seiner jetzigen Version der Geschichte hat, ist weniger Erinnerungslücke als eine durchschaubare Strategie.
Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller attestiert dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit. Kein „psychisch kranker Einzelfall“ also, kein „tragischer Ausrutscher“. Sondern ein Mann, der wusste, was er tat. Ein Mann mit „Drogenproblemen“ und einer Persönlichkeitsstörung – ja, aber auch ein Mann, der schon zuvor durch Gewalt gegen seine Partnerin aufgefallen ist. Mehrere Zeuginnen sagten aus, er habe „mit ihr gemacht, was er wollte“. Die Mutter, Bekannte und Vorgesetzte berichteten von häuslicher Gewalt, von Schlägen, Kontrolle, Erniedrigung.
Und hier wird deutlich: Dieser Mord ist kein Einzelfall. Er ist Ausdruck eines Systems, in dem Frauenkörper als Besitz betrachtet werden, in dem Männer durch patriarchale Strukturen lernen, dass sie Macht über Frauen ausüben dürfen – und in dem Gewalt die letzte Eskalationsstufe dieser Macht ist. Die Tatsache, dass in Österreich fast jede zweite Woche eine Frau von einem (Ex-)Partner ermordet wird, ist kein Zufall, sondern Ausdruck der kapitalistisch-patriarchalen Normalität.
Denn während Gerichte einzelne Täter verurteilen, bleibt das System unangetastet: eine Gesellschaft, die Frauen ökonomisch abhängig hält, in der Beratungsstellen chronisch unterfinanziert sind, in der Medien jeden Mord als „Beziehungstragödie“ verniedlichen und Politiker Phrasen dreschen, während sie gleichzeitig Sozialleistungen kürzen und Präventionsprogramme ausbluten lassen.
Dieser Prozess zeigt einmal mehr, die herrschende Ordnung schützt Frauen nicht, sie liefert sie aus. Solange Gewalt gegen Frauen als „Privatsache“ behandelt wird, solange jede Tat als „individuelles Versagen“ wegerklärt wird, solange Armut und Abhängigkeit verschärft werden, bleibt das Leben von Frauen in Gefahr.
Quelle: ORF