In der Terrornacht vom 2. November hatte ein Personalvertreter in einem Gespräch mit dem ORF-Moderator Armin Wolf Missstände wie Zwangsüberstunden und Personalknappheit kritisiert. Die Geschäftsführung reagiert darauf dünnhäutig, will nicht über die Missstände sprechen, sondern den Kritiker kündigen. Ein Vorgehen, wie man es auch schon von den Wiener Linien kennt.
Wien. „Im Hinblick auf Vorkommnisse beim Terroranschlag werden derzeit von der zuständigen Abteilung dienstrechtliche Maßnahmen geprüft“, gibt der Chef der Wiener Berufsrettung, Rainer Gottwald, via Kronen-Zeitung bekannt. Was ist passiert? Haben sich Sanitäter schwerer Verfehlungen schuldig gemacht, haben Notärzte ihre Pflichten verletzt? Nichts davon, natürlich nicht. Inmitten des ganzen Chaos rund um die Versorgung der Verletzten des Terroranschlages in der Wiener Innenstadt sprach Armin Wolf in der ZIB 2 mit einem Personalvertreter der Wiener Berufsrettung, der darauf hinwies, dass die Wiener Rettung durch die „normalen“ Einsätze, die immer anfallen und durch COVID19 längst schon an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt ist. Er zitierte den früheren Bürgermeister Helmut Zilk: „Jedem Wiener seine Rettung, jedem Wiener sein Spitalsbett“. Das sei jedoch längst eine Illusion, denn Wien sei gewachsen, die Rettung aber nicht. Das Ganze führe zu Zwangsüberstunden und Personalengpässen. Die Wiener Rettung stünde vor einem Kollaps.
„Wahrheit ist den Oberen unangenehm“
Daraufhin fühlte sich der Chef der Wiener Berufsrettung bemüßigt, bei Armin Wolf in der laufenden Sonder-ZIB2 anzurufen und in der Sendung bekanntzugeben, dass alles paletti sei. An diesem Abend stünden 50 Rettungswägen im Einsatz, 22 seien dienstbereit und 13 seien aus Niederösterreich aufgrund des Terroranschlags zu Hilfe geeilt. Damit hat er sich eigentlich selbst widersprochen, denn 72 eisatzbereite Rettungswägen sind für die Millionenstadt Wien nicht gerade viel, wenn allein mehr als 20 Verletzte beim Terroranschlag zu versorgen waren, die COVID-19-Krise Kräfte bindet, und auch noch der normale Betrieb für Herzinfarkte, Schlaganfälle, Unfälle usw. aufrechterhalten werden soll. Der Personalvertreter hatte auch die Frage gestellt, warum so viele Rettungswägen aus Niederösterreich der Wiener Rettung zu Hilfe eilen mussten. „Die Wahrheit ist den Oberen wohl unangenehm“, sagte er zur Krone.
Prompt wird nun dem Personalvertreter mit einem Rausschmiss gedroht, und man will das offenbar, wie schon in früheren Fällen mit Unterstützung der SPÖ-Fraktion FSG durchziehen. Diese sogenannten Personalvertreter, die traditionell aufs Engste mit ihren ebenfalls sozialdemokratischen Dienstherrn der Gemeinde Wien verbandelt sind, haben darin schon Übung, den Rauswurf kritischer Gewerkschafter abzunicken. Auch einen Personalvertreter bei den Wiener Linien hat die Geschäftsführung mit Unterstützung der SPÖ-Personalvertreter gekündigt, weil er sich während des ersten Lockdowns im Frühjahr erfrechte, die Corona-Schutzmaßnahmen für Beschäftigte und Fahrgäste zu kritisieren. Der Kollege wehrt sich gegen die Kündigung, und hat gute Aussichten, beim Arbeits- und Sozialgericht recht zu bekommen. Auch der Kollege von der Rettung hat im Falle einer Kündigung angekündigt, rechtlich dagegen vorzugehen.
Quelle: krone.at