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Zahl der Katholiken nimmt weiter ab

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Die Römisch-Katholische Kirche in Österreich verliert weiterhin viele Mitglieder. Verantwortlich sind vor allem Austritte, aber auch die Sterbefälle werden durch Taufen nicht wettgemacht.

Wien. Die Zahl der Katholiken ist im vergangenen Jahr abermals deutlich zurückgegangen. Laut offiziellen Angaben der Bischofskonferenz verzeichnete die Römisch-Katholische Kirche in Österreich mit Stichtag 31. Dezember 2023 noch 4.638.842 Mitglieder. 2022 waren es noch 4.733.085, 2021 4,827.683. Somit gingen binnen eines Jahres – 2023 – 94.243 Gläubige verloren.

Dies liegt einerseits an 85.631 Austritten aus der katholischen Kirche, die im Jahr 2023 erfolgt sind. Demgegenüber sind nur 4.535 erwachsene Personen neu oder wieder beigetreten. Ein Defizit gibt es freilich auch im Verhältnis zwischen Verstorbenen und Taufen: 2023 wurden in Österreich 39.488 Neugeborene katholisch getauft, 2022 und 2021 waren es noch jeweils über 45.000. Im direkten Vergleich gibt es jedes Jahr über 50.000 dezidiert kirchliche Begräbnisse, aber gewiss noch mehr von Mitgliedern der katholischen Kirche, die auf ein solches verzichten. Auch die Zahlen der Erstkommunionen, Firmungen und Trauungen sind rückläufig.

Die Bedeutung der einstigen Staatskirche Österreichs geht also weiter zurück. Vor 75 Jahren waren noch 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung katholisch, was doch eine recht deutliche Vorherrschaft markierte. Nun rutscht der Katholikenanteil langsam, aber sicher unter die 50-Prozent-Marke, während die Zahl der Konfessionslosen, der orthodoxen Christen und der Muslime ansteigt.

Quelle: ORF

Samsung Indien fordert einstweilige Verfügung gegen die Gewerkschaft CITU

Samsung Electronics hat Gewerkschaftsmitglieder in Indien verklagt, nachdem diese einen Streik für höhere Löhne und die Anerkennung der Gewerkschaft in ihrem Werk in Tamil Nadu organisiert hatten, was zu erheblichen Spannungen führte. Trotz Protesten und festgenommenen Arbeitern bleibt Samsung ablehnend gegenüber den Forderungen und einer Lösung durch Verhandlungen, während parallele Ermittlungen zu möglichen wettbewerbswidrigen Praktiken des Unternehmens laufen.

Chennai. Die indische Niederlassung von Samsung Electronics hat Mitglieder derjenigen Gewerkschaft verklagt, die elf Tage lang einen Streik in ihrem einzigen indischen Hausgerätewerk im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu angeführt hat. Die Arbeitsunruhen gehören zu den größten Streiks dieser Art in den letzten Jahren in Indien.

Samsung fordert von einem dortigen Bezirksgericht eine einstweilige Verfügung, um die Gewerkschaft und ihre Mitglieder davon abzuhalten, in und um die Fabrik in der Nähe von Chennai zu agitieren, Parolen zu skandieren oder Reden zu halten.

Streik gefährdet reibungslosen Betrieb

Hunderte haben seit dem 9. September die Arbeit unterbrochen und in einem nahegelegenen Behelfszelt protestiert, um höhere Löhne und die Anerkennung einer Gewerkschaft in dem Werk zu fordern, das etwa ein Drittel des jährlichen Indien-Umsatzes von Samsung in Höhe von zwölf Milliarden Dollar erwirtschaftet. Laut dem Centre of Indian Trade Unions (CITU) verdienen die Samsung-Beschäftigten im Durchschnitt 25.000 Rupien (268 Euro) im Monat und fordern eine Lohnerhöhung von 36.000 Rupien (386 Euro) über drei Jahre.

In der 14-seitigen Gerichtsakte von Samsung heißt es, dass die Aktionen der Gewerkschaft „den Betrieb der Fabrik stören und willige Arbeitnehmer daran hindern könnten, ihre Pflichten zu erfüllen“. Solche Aktivitäten „könnten eskalieren und den reibungslosen Betrieb der Fabrik und die Sicherheit der Arbeitnehmer gefährden“, so Samsung.

CITU-Mitglieder im Visier

Während einer Anhörung am Donnerstag vor dem Gericht im Bezirk Kanchipuram erklärte der Anwalt der Gewerkschaft, die Unternehmensleitung sei nicht auf die Forderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter eingegangen. Richter A. Saravanakumar forderte die Beschäftigten und die Unternehmensleitung von Samsung auf, bald eine Lösung zu finden. In seiner Klage verklagt Samsung Funktionäre der einflussreichen Gewerkschaftsorganisation CITU, die die Beschäftigten des Unternehmens mobilisiert hat. Samsung ist nicht daran interessiert, eine Gewerkschaft anzuerkennen, die von einer nationalen Gewerkschaftsgruppe unterstützt wird.

Die indische Kartellbehörde hat in der Zwischenzeit festgestellt, dass Samsung und andere Smartphone-Hersteller Absprachen mit E‑Commerce-Giganten getroffen haben, um Geräte exklusiv auf den Markt zu bringen, was gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.

Quelle: Reuters

Der Wandel kandidiert kostümiert

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Eine Partei, die es schon bei verschiedenen Wahlen im Bündnis mit der KPÖ und unter eigenem Namen versucht hat und immerhin ein Mandat im Linzer Gemeinderat innehat, hat sich einen Schmäh ausgedacht, der wie ein Faschingskostüm für eine politische Partei wirkt. Die Partei „Der Wandel“ kandidiert unter „Keine von denen“ (KEINE) zur Nationalratswahl.

Wien. Das Programm könnte über weite Strecken auch von der SPÖ, der KPÖ oder von den Grünen stammen. Zumindest das Wahlprogramm, das sehr kurz und bündig gehalten ist. Dazu kommen lange Listen von Forderungen aus früheren Zeiten, die zum Teil an einen Staat gerichtet sind, der sie nicht erfüllen kann, aus einem einfachen Grund: Weil er kapitalistisch ist.

Jetzt wollen aber die Wandel-Leute keineswegs als kommunistisch gelten, auch nicht als sozialistisch, sondern sie wollen hipp und progressiv sein und sozialistisch-koimmunistisches Vokabular weitgehend vermeiden. Nicht umsonst stehen sie in enger Verbindung mit dem griechischen Kurzzeit-Finanzminister Yanis Varoufakis und dessen Partei DIEM25. Varoufakis sagt zwar viele richtige Sachen, etwa zum Krieg Israels gegen das palästinensische Volk, in der griechischen und EU-Politik hat er sich aber in erster Linie als Schwätzer hervorgetan.

Außenpolitisch zeigt sich Spitzenkandidat Fayad Mullah ganz auf der maximalistischen und mittlerweile weltweit mit Kopfschütteln bedachten Linie des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: Erst müsste Russland seine Truppen aus der Ukraine abziehen, dann könne verhandelt werden.

Quelle: KEINE/Der Standard

Westliche Medienhegemonie und das US-Außenministerium

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YouTube und Meta löschen den Kanal „Red. Media“ in Reaktion auf Diffamierung als russische Propaganda durch US-Außenminister Blinken.

San Francisco/Moskau/Istanbul. Am 13. September gab Antony Blinken bei einer Pressekonferenz des US-Außenministeriums bekannt, dass künftig schärfer gegen das staatliche russische Medienunternehmen Rossiya Segodnya vorgegangen wird. Dies trifft auch fünf (vermeintliche) Tochterunternehmen wie RT (Russia Today), Red. Media oder African Stream. Ihnen wird nicht nur russische Propaganda vorgeworfen, sondern Arbeit für den Geheimdienst, mit dem Ziel, die Demokratie in den USA zu untergraben.

Diese Beschuldigungen erscheinen vorerst bloß scheinheilig, denn westliche Medien betreiben ebenso Propaganda eben für NATO, EU und die USA, so tut es Rossiya Segodnya für Russland. Doch was nicht übersehen werden darf, ist, dass Red. Media keineswegs Propaganda für die russische Regierung betreibt, im Gegenteil charakterisieren sie Russland als imperialistischen Staat, der eine hegemoniale Machtposition einnehmen will. Hauptsächlich berichten sie jedoch über die Geschichte von vergangenen und gegenwärtigen sozialistischen Projekten, von der Pariser Kommune bis Kuba, von Streiks bis zu Revolutionen. Seit dem Beginn des israelischen Völkermords in Palästina berichtet Red. Media hauptsächlich über eben diesen Völkermord.

Bereits wenige Tage nach dieser Diffamierung blockierten und löschten sowohl YouTube als auch Meta (der Betreiber von u.a. Facebook und Instagram) die Kanäle von Red. Media und diversen russischen Medien. Red. Media ruft deshalb dazu auf, ihnen auf X, Telegram, Odysee, sowie ihrem Backup-Kanal auf Instagram zu folgen.

Offensichtlich handelt es sich um eine klare Zensur im Sinne der NATO, auf Kosten von unabhängigen emanzipatorischen Medien, wie auch russischen Medien.

Quelle: US Department of State/Red. Media/Red. Media/NBC

Kritik an Wohnungsbau in Vorarlberg

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Bei der Armutskonferenz stand die Wohnbaupolitik der Vorarlberger Landesregierung im Fokus heftiger Kritik. Vor allem der Mangel an leistbarem Wohnraum sorgte für Diskussionen. Michael Dietrich, Sprecher der Armutskonferenz, forderte von der Landesregierung klare Ziele und ein deutlich stärkeres Engagement im gemeinnützigen Wohnbau.

Bregenz. Trotz der Zusage der Landesregierung, 4.000 gemeinnützige Wohnungen zu schaffen, sind bisher nur etwas mehr als 2.000 realisiert worden. Dietrich betonte, dass nicht die oft als Problem angeführten strengen Kreditvergaberichtlinien (KIM-Verordnung) das Hauptproblem seien, sondern die stark steigenden Immobilienpreise. „Seit 2004 sind die Einkommen um 64 Prozent gestiegen, während sich die Immobilienpreise um 100 Prozent erhöht haben“, erklärte er.

Dietrich rief die Vorarlberger Landesregierung dazu auf, konkrete Zielvorgaben zu formulieren, um eine bessere Kontrolle und größeren Druck zu ermöglichen. Er betonte, dass der Fokus auf leistbarem Wohnraum liegen müsse. „Gemeinnütziger Wohnbau ist die Altersvorsorge für all jene, die sich keine Eigentumswohnung leisten können“, erklärte Dietrich. Eine bloße Erhöhung der Wohnbauförderung sei nicht ausreichend – vielmehr müssten die Mittel gezielt und effizient eingesetzt werden.

Die Vorarlberger Parteien sind sich in der Frage der Lösungen jedoch uneinig. Während einige auf eine Erhöhung der Wohnbauförderung setzen, fordern andere eine grundlegende Reform der Wohnbaupolitik und einen stärkeren Fokus auf den gemeinnützigen Wohnbau. Für die Partei der Arbeit (PdA) ist klar, dass der Markt das Problem nicht regeln wird und dass man unter kapitalistischen Verhältnissen die Frage nicht endgültig klären kann. Es muss dennoch auch kurzfristig etwas getan werden, denn Wohnen darf kein Luxus sein, und öffentlicher Wohnungsbau kann hier ein zentraler Baustein sein, so die PdA. Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen und muss für alle gesichert werden, betont die Partei weiter.

Quelle: ORF

Erneuter Terror im Libanon – Zahl der Toten steigt und Hintergründe kommen ans Licht

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Nach den Explosionen von Pagern am Dienstag kam es gestern im Libanon zu Explosion von Funkgeräten. Vieles deutet in Richtung Israel, die New York Times berichtet von Scheinfirmen und der Rolle des Mossad.

Beirut. Gestern Nachmittag kam es zu Berichten über Explosionen im Süden des Libanons und in den südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut. Mindestens eine der Explosionen war in der Nähe eines von der Hisbollah organisierten Begräbnisses für die Toten von vorgestern zu hören, als Tausende von Bomben im ganzen Land explodierten und Dutzende von Menschen töteten und verletzten.

Reuters-Reporter berichteten, sie hätten mindestens zwei Explosionen von begrenzter Intensität in verschiedenen Teilen der Vororte von Beirut gehört. Die Ursache der Explosionen, die nur wenige Stunden nach dem gemischten Angriff auf die Hisbollah und ahnungslose libanesische Zivilisten stattfanden, waren Funkgeräte. Nach dem beispiellosen Cyberangriff am Vortag kam es zu einer weiteren Eskalationsstufe des Terrorismus und Krieges. Es wird von einem Staatsterrorismus durch Israel ausgegangen; unklar ist die Rolle der USA.

Die „New York Times“ („NYT“) berichtete, dass der israelische Geheimdienst Mossad nicht nur die Angriffe organisiert, sondern auch selbst die Pager produziert habe. Zudem leugnen potenzielle Hersteller, dass die Geräte von ihnen stammen. Es scheint eine Scheinfirma gegeben zu haben. Israel hat weder eine Beteiligung an den Explosionen bestätigt, noch dementiert.

Zahl der Toten steigt

Die Zahl der Todesopfer durch die Explosionen im Libanon ist jedenfalls auf 25 gestiegen, sagte Gesundheitsminister Firas Abyad am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Bis zu 300 der verletzten Personen befänden sich in Lebensgefahr. Eine frühere Angabe bezifferte die Zahl der Todesopfer noch auf 20.

Unterdessen forderte der libanesische Premierminister Najib Mikati den UN-Sicherheitsrat, der am Freitag zusammentritt, um über die tödlichen Explosionen von Kommunikationsgeräten der Hisbollah im Libanon zu diskutieren, auf, Israel zu zwingen, seine „technologische Kriegsführung“ einzustellen.

In einem Beitrag auf der Plattform X ersuchte Mikati den Sicherheitsrat, „eine klare Haltung einzunehmen, indem er Israels Aggression gegen den Libanon und den technologischen Krieg, den es führt, stoppt“.

Quelle: 902​.gr/902​.gr/junge welt/ORF

UN-Vollversammlung fordert Ende der israelischen Besatzung in Palästina

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124 von 193 UN-Mitgliedern fordern in einer Resolution Freiheit für Palästina. Österreich schafft es wieder nicht, sich gegen israelische Okkupationen und Annexionen auszusprechen.

New York. Eine mehr als deutliche absolute Mehrheit von 124 Stimmen verlangt in der Vollversammlung der Vereinten Nationen den Abzug Israels aus den palästinensischen Gebieten. Konkrekt formulierte die Resolution am gestrigen Mittwoch, dass „Israel seine unrechtmäßige Anwesenheit im besetzten palästinensischen Gebiet“ innerhalb von zwölf Monaten beenden müsse.” Damit ist gesagt, dass das militärische Besatzungsregime, aber auch die völkerrechtswidrigen Annexionen sowie die illegale Siedlungspolitik enden müssen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen: Es ist schlichtweg nicht erlaubt, seine Nachbarn zu überfallen, ihr Land zu rauben und sie zu unterdrücken.

Trotzdem stimmten nicht alle der 193 UN-Mitgliedsländer zu. Israel selbst sowie die USA finden freilich nichts Verwerfliches dabei, ein ganzes Volk über Jahrzehnte zu knechten und zu terrorisieren, sein Land zu rauben und es einem Apartheidsystem zu unterwerfen – sowie neuerdings auch einem Genozidkrieg. Gemeinsam mit zwölf anderen Staaten – darunter beschämender Weise Tschechien und Ungarn – votierten Israel und die USA natürlich gegen die Vorlage. Hintergründig ist davon auszugehen, dass Israel die besetzen Gebiete – es geht um 1967er Grenzen – niemals zu räumen gedenkt, sondern sie fix in sein ethnisch gesäubertes, koloniales “Großisrael” einplant hat.

Eine Gruppe von 43 UN-Mitgliedern enthielt sich bei der Abstimmung über die Resolution, darunter Deutschland, Italien oder Großbritannien – aber auch Österreich. Nun könnte man ja froh sein, wenn Österreich einmal nicht mit den Hauptverbrechern Israel und USA stimmt, aber auch die Enthaltung ist nichts Anderes als eine Schande: Denn dass Israel fremde Territorien okkupiert und annektiert sowie die autochtone Bevölkerung ihrer Rechte beraubt, ist Faktum, festgehalten in bindenden UN-Resolutionen, damals mit Zustimmung Österreichs. Natürlich kann es nur dann Frieden im Nahen Osten geben, wenn Israel die palästinensischen Gebiete wieder in die Freiheit entlässt. Wenn Österreichs UN-Vertretung nicht einmal diese Minimalaussage bestätigen und unterstützen kann, dann läuft einiges schief im Außenministerium und in der Regierung.

Quelle: ORF

Magna Powertrain streicht 200 Jobs

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Altbekannte kapitalistische Unzulänglichkeiten sorgen dafür, dass in der südlichen Steiermark hunderte Arbeitsplätze vernichtet werden. Der weitere Magna-Personalabbau kommt allerdings nicht völlig unerwartet.

Aurora/Wien/Deutschlandsberg. Im Magna-Konzern setzt sich der Kahlschlag bei den Arbeitspätzen fort. Nun sind es 200 Beschäftigte im Magna Powertrain-Werk im steirischen Lannach, die ihre Jobs verlieren. Als Grund werden beim Kfz-Zulieferer auslaufende, stornierte und ausbleibende Aufträge genannt. War man in der Vergangenheit mit führend bei der Getriebeproduktion, so sollte die Power Train-Zukunft und somit jene des Standortes in der Herstellung von Elektromotoren liegen. Doch in diesem Bereich ist zuletzt mit der Fisk-Pleite der Hauptkunde weggebrochen.

Nun wurden 90 Arbeiter und 110 Angestellte zur Kündigung beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet. Dahinter stehen nicht nur persönliche Schicksale, die in der Region ihre Konsequenzen haben werden, sondern es handelt sich auch um ein deutliches Warnsignal: Im konkreten Fall sind es nämlich zum Großteil gut ausgebildete Fachkräfte an einem traditionsreichen Industriestandort, die plötzlich ohne Arbeitsplatz dastehen. Diese Tatsache deutet daraufhin, dass sich die wirtschaftliche Abwärtspirale Österreichs umfassend fortsetzt, vermittelt durch einen kanadischen Kfz-Zulieferkonzern.

Quelle: ORF

Sozialismus und Krieg

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Gastbeitrag von Gerhard Oberkofler, geb. 1941, Dr. phil., Universitätsprofessor i. R. für Geschichte an der Universität Innsbruck.

Der österreichische Kommunist Leopold Hornik erinnert im Londoner Exil österreichische Sozialdemokraten an den Charakter von Kriegen und an die Notwendigkeit, gemeinsam für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen 

„Vergessen wir nicht, daß der Kapitalismus nicht bloß herrscht dank seiner wirtschaftlichen und politischen Machtmittel, sondern daß er auch herrscht durch seine Ideologie und die von ihr gestalteten Einrichtungen und Formen des Überbaus.“ (Clara Zetkin).[1]

Einleitung

Leopold Hornik (1900–1976), über dessen Anfänge der Autor in einem früheren Artikel hier berichtet hat,[2] ist dem Zugriff der deutschen Faschisten entkommen. Aus Wien, wo er seit 1930 mit Anna Strömer verheiratet war, konnte er mit Unterstützung von Flüchtlingsorganisationen 1938 nach London fliehen. Nach Beginn des Weltkrieges (1. September 1939) wurden Kommunisten von den großbritannischen Behörden („Aliens Advisory Commitee“) als „enemy alien“ qualifiziert. Leopold Hornik wurde mit vielen anderen Flüchtlingen in eines der Lager auf der Insel Man interniert und im Juni 1940 nicht nach Ruanda, sondern nach Kanada (Camp A, Farnham, Quebec) transportiert. Gegen diese Deportationen, die für hunderte Menschen den Tod durch Ertrinken im Meer bedeuteten, standen demokratische Kräfte in Großbritannien auf. In der Gegenwart muss der aus Lateinamerika kommende Papst Franziskus (*1936) dazu aufrufen, dass Europa das Ertrinkenlassen von Flüchtlingen und sein erbarmungsloses Wegschauen endlich einstellt: „Es sind Namen und Nachnamen, es sind Gesichter und Geschichten, es sind zerstörte Leben und zerbrochene Träume“.[3] Aufgrund der Proteste mussten die britischen Behörden tausende Flüchtlinge aus den Internierungslagern entlassen.[4] Leopold Hornik konnte 1942 wieder in London ständigen Wohnsitz nehmen. Dort wurde er Leiter der Gruppe österreichischer Exilkommunisten in der am 3. Dezember 1941 organisierten Bewegung „Free Austrian Movement in Great Britain“.[5] Während einer Auseinandersetzung mit von Franz West (1909–1984) angeleiteten kommunistischen Exilfunktionären wurde Leopold Hornik vorübergehend sogar aus der Partei ausgeschlossen.

Einheitsverhandlungen von Leopold Hornik im „London Büro der österreichischen Sozialisten“[6] mit dem antikommunistischen Sozialisten Oscar Pollak (1893–1963) und mit Karl Czernetz (1910–1978), der langjähriger sozialistischer Wiener Bildungsfunktionär war, konnten kein Ergebnis bringen. Ihr Blick auf die mögliche zukünftige Welt war von ihrer Erinnerung an die vergangene überlagert, sie konnten nicht über ihren opportunistischen Schatten springen. Die ideologischen Auseinandersetzungen zwischen den Leitungen der Revolutionären Sozialisten und der Kommunisten in der Illegalität hat Leopold Hornik selbst erlebt.[7] Johann Koplenig (1891–1968) hat darüber auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (1935) referiert.[8] 

Als Marxist hat Leopold Hornik die neuen, sich aus der Entwicklung des Kapitalismus ergebenden materialistischen Erkenntnisse von Wladimir Iljitsch Lenin (1870–1924) über das Wesen von Kriegen aufgegriffen und damit die konstruktive Planung für das Nachkriegsösterreich verknüpft. Der von der Schweiz als russischer Asylant anerkannte Lenin musste sich wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes im Sommer 1915 auf ärztliche Empfehlung in einer kleinen Pension in Sörenberg am Fuße des Rothorns oberhalb von Luzern erholen. Nadeshda Krupskaja (1869–1939) erinnert sich, dass Lenin dort ausgezeichnet arbeiten konnte.[9] 1912 war in der Leipziger Buchdruckerei eine erste deutschsprachige Broschüre von Lenin „Zur gegenwärtigen Sachlage der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands“ (16 S.)[10] erschienen. Mit dem ebenfalls in der Schweiz als Asylant lebenden Grigori Jewsejewitsch Sinowjew (1883–1936) verfasste Lenin für die in Vorbereitung befindliche und vom Schweizer Robert Grimm (1881–1958) organisierte Internationale Sozialistische Konferenz der Kriegsgegner im Dörfchen Zimmerwald (5.- 8. September 1915)[11] in deutscher Sprache die 36 Seiten umfassende Broschüre „Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Sozialismus und Krieg (Stellung der S.-D. A. – P. [Sozial-Demokratische Arbeiter-Partei] Russlands zum Kriege“. Auf der Umschlagvorderseite sind als Herausgeber die „Sozialdemokratische Arbeiter-Partei Russlands“, als Autoren „G. Zinowjew und N. Lenin“ und als „Preis 40 Centimes“ sowie das Erscheinungsjahr „1915“ ausgewiesen. Die Drucklegung hat Wjatscheslaw Alexejewitsch Karpinski (1880–1965) in Genf besorgt. Lenin und Sinowjew erinnern an die von Karl Marx (1818–1883) und Friedrich Engels (1820–1895) als theoretische Grundlage ihrer Haltung zu jedem konkreten Krieg geteilte Sentenz von Carl von Clausewitz (1780–1831), dass der Krieg nichts ist „als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit anderen Mitteln“, nämlich mit gewaltsamen Mitteln.[12] Nach den Recherchen des Revolutionärs und herausragenden Leninforschers Arnold Reisberg (1904–1980)[13] war Lenin für die Gesamtredaktion der vier Kapitel (I. Kapitel: Die Grundsätze des Sozialismus und der Krieg 1914/1915; II. Kapitel: Klassen und Parteien in Russland; III. Kapitel: Der Wiederaufbau der Internationale: IV. Kapitel: Die Geschichte der Spaltung und die heutige Lage der Sozialdemokratie in Russland) verantwortlich und hat das erste Kapitel und einige Teile des 3. und 4. Kapitels geschrieben.[14] 

Gleich nach ihrem Erscheinen wurde den Lesern der sozialdemokratischen Zeitschrift „Der Kampf“ diese Broschüre „Sozialismus und Krieg“ von Lenin und Sinowjew – beide wurden der großen Öffentlichkeit erst seit 1917 bekannt – als erhältlich angezeigt. Aber obschon die österreichisch-ungarische Monarchie mit Russland im Krieg stand, wurde über diese Broschüre wegen der allgemein zutreffenden Schlussfolgerungen über das Wesen des Krieges von der k. k. Polizeidirektion Wien sogleich ein Verbot ihres Vertriebs ausgesprochen (16. November 1915), welches Verbot durch die Österreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz, dem Organ des Vereins der österreichisch-ungarischen Buchhändler, verbreitet werden musste.[15]

Seit 1915 hat Lenin in einigen Artikel die Entwicklung des Weltkapitalismus hin zur reaktionären und gewaltsamen Herrschaft der Monopole analysiert. 21 Hefte mit fast fünfzig Druckbogen enthalten seine Auszüge aus hunderten deutschen, französischen und englischen Büchern, Artikeln und periodischen Druckschriften. Das Mitte 1917 in Petrograd veröffentlichte Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Gemeinverständlicher Abriss“ hat Lenin mit Notizen aus der Zürcher Zentralbibliothek, die ihm auch bei notwendigen Fernleihen behilflich war, mit größter Intensität in Zürich, wohin er von Bern übersiedelt ist, niedergeschrieben.[16] „Monopole, Oligarchie, das Streben nach Herrschaft statt nach Freiheit, die Ausbeutung einer immer größeren Anzahl kleiner oder schwacher Nationen durch ganz wenige reiche oder mächtige Nationen – all das erzeugte jene Merkmale des Imperialismus“[17] – das hat im ersten Weltkrieg gegolten und gilt in der Kriegszeit von Heute und beweist, dass der revolutionäre Sturz des Imperialismus unumgänglich ist.

Dokument

Leopold Hornik: Der Weg zur Einheit. Published by Leopold Hornik, 14 Wellgarth Road, London N. W. 11.

Österreichische Nationalbibliothek. Rara. 297.325‑C

Die Kommunisten zur Haltung des London Büros der österreichischen Sozialisten

Wir durchleben eine Periode, schicksalsschwer und entscheidend für die Zukunft der Menschheit, wie es keine zuvor. Alles hängt davon ab, dass es gelingt, die Pest des Nazifaschismus vom Erdboden zu vertilgen. Es gibt kein Leben in Freiheit, keinen Frieden und keinen Fortschritt, so lange diese motorisierten Hunnen ihre Macht in Europa behaupten können. Gegenüber dieser Katastrophe, von der die menschliche Zivilisation bedroht ist, müssen alle Meinungsverschiedenheiten zurücktreten. Dieser Kampf gegen den Hitlerismus ist nicht der Kampf einer Partei oder einer Klasse allein. Es ist der Kampf aller aufrechten Menschen ohne Unterschied ihrer Parteizugehörigkeit. Der Kampf des ganzen Volkes gegen eine Katastrophe, die nur gemeinsam abgewehrt werden kann. Das gilt für alle Völker. Das gilt auch für das österreichische Volk.

Wir wissen, dass es in Österreich eine gemeinsame Front gegen Hitler[18] gibt, dass heute nicht das weltanschaulich Trennende im Vordergrund steht, sondern dass alle geeint sind in ihrem Hass gegen den fremden Eroberer und ihrer Entschlossenheit, das Land von den Nazihorden zu befreien. Diese Einigkeit ist die stärkste Garantie unseres Sieges. Die Aufgabe der Österreicher in der Emigration ist es, unserem Volke in seinem Kampf um die Befreiung zu helfen. Wir können das am Besten tun, wenn wir selbst einig sind. Wenn wir alles Trennende zurückstellen und gemeinsam für die Vernichtung Hitlers kämpfen.

Auf dieser Grundlage arbeitet das Free Austrian Movement (FAM). Darum unterstützen es die Kommunisten. Das FAM ist immer für die Nichtanerkennung der Annexion eingetreten. Die Erklärung des englischen Aussenamtes über die Nichtanerkennung der durch Hitler im Jahre 1938 geschaffenen Verhältnisse ist eine grosse Hilfe in unserem Kampf. Das FAM wirbt im englischen Volk um Verständnis für den österreichischen Freiheitskampf und für das Recht des österreichischen Volkes auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Das FAM arbeitet aus der Erkenntnis der Verhältnisse in Österreich Vorschläge und Anregungen aus, die mithelfen sollen, die Widerstandsbewegung in Österreich zu stärken. Das FAM betrachtet es als seine besondere Aufgabe, den vollen Einsatz aller Österreicher in der Kriegsproduktion und den vollen militärischen Einsatz zu erreichen. Das ist eine wirksame Hilfe, die wir hier im Krieg gegen Hitler leisten können. Das FAM vereinigt Konservative und bürgerliche Demokraten, Sozialisten und Kommunisten. Das London Büro hat den Eintritt in das FAM abgelehnt.

Die Kommunisten haben sich immer wieder bemüht, mit den österreichischen Sozialisten, die unter der Führung des London Büro stehen, eine Verständigung zu erreichen und sie für den gemeinsamen Kampf aller Österreicher zu gewinnen. Trotz des ehrlichen Willens zur Verständigung, der bei den Mitgliedern des Klubs vorhanden ist, war es nicht möglich, zu einer Einigung zu kommen. Die Verhandlungen, die zwischen den Vertretern des London Büro und den Kommunisten stattfanden, sind ohne Ergebnis verlaufen. Wo liegen die Ursachen dafür? Es handelt sich hier um grundlegende Fragen, die offen diskutiert und geklärt werden müssen. Es handelt sich darum, dass die Politik des London Büro von trotzkistischen Einflüssen beherrscht wird, von Feinden der Einheit, die diesen Krieg nicht als einen wahren Freiheitskrieg anerkennen. Sie stellen ihm ihre Konzeption des internationalen Bürgerkrieges gegenüber, die zur Sprengung der Allianz der nationalen Freiheitsfront führt. Sie benützen ihre Konzeption der gesamtdeutschen resp. der gesamteuropäischen Revolution als Plattform, von der aus sie den nationalen Befreiungskampf des österreichischen Volkes zu torpedieren versuchen.

Über den Charakter des gegenwärtigen Krieges

Die „London Information“, das Organ des London Büro, schreibt am 1. September d. J.:

„Dieser Krieg ist weder ein reiner ‚imperialistischer‘ Krieg, noch ein reiner ‚Volkskrieg‘. Er kann seinem gesellschaftlichen Inhalt nach schliesslich zu einem wahren Freiheitskrieg werden.“

Um eine richtige Politik machen zu können, muss man den Charakter des Krieges richtig einschätzen.

Der Krieg für die Vernichtung Hitlers ist ein gerechter Krieg. Er liegt im Interesse des Fortschritts und der Vorwärtsentwicklung der Menschheit.

„Wir Marxisten“, sagt Lenin, „unterscheiden uns von den Pazifisten und Anarchisten darin, dass wir die Notwendigkeit einer geschichtlichen Untersuchung jedes einzelnen Krieges vom Standpunkt des marxistischen dialektischen Materialismus anerkennen. Es hat viele Kriege in der Geschichte gegeben, die trotz aller Schrecknisse, Grausamkeiten, Nöte und Qualen, die mit jedem Krieg verbunden sind, einen fortschrittlichen Charakter hatten, d. h. der Entwicklung der Menschheit dienten, indem sie bei der Zerstörung der verderblichsten und reaktionärsten Einrichtungen (z. B. Absolutismus oder Sklaverei) und der Beseitigung des barbarischesten Despotismus in Europa halfen.“[19]

Dieser Krieg gegen Hitler ist ein solcher fortschrittlicher Krieg. Die Rolle, die seinerzeit der Zarismus spielte, hat heute der Hitlerfaschismus übernommen, nur mit dem Unterschied, dass sich der Zarismus wie eine humanitäre Institution neben dem Dritten Reich ausnimmt. Durch die Zerstörung des barbarischesten Despotismus dient dieser Krieg der Entwicklung der Menschheit. Darum unterstützen wir ihn mit allen unseren Kräften. Wir lehnen alle halben und zweideutigen Formulierungen ab. Wenn die „London Information“ davon spricht, dass dieser Krieg ein wahrer Freiheitskrieg werden kann, so bedeutet das, dass er nach ihrer Auffassung es gegenwärtig nicht ist. Mit einer solchen Stellungnahme kann man bei den Österreichern, die in englischen Betrieben arbeiten, oder im englischen Heer dienen, nicht eine selbstaufopfernde Unterstützung des Krieges erreichen, noch weniger das österreichische Volk zum Widerstand aufrütteln. Es werden in ihnen nur Zweifel darüber geweckt, ob sie heute, wo es sich noch nicht um einen „wahren Freiheitskrieg“ handelt, ihre ganze Kraft einsetzen sollen. Mit Halbheiten kann man weder einen Krieg gewinnen noch Begeisterung erwecken. Wie werden später sehen, warum diese zweideutige Einschätzung des Krieges erfolgt.

Über die Allianz heisst es in der „London Information“ von Mitte Oktober 1941:

„Die Kommunisten wollen alles vermeiden, was nach ihrer Meinung das Anglo-Russische Bündnis stören könnte. Es ist ein fragwürdiges Prinzip für eine proletarische Partei, ein Prinzip der Politik das wir ablehnen.“

Aber die Garantie des Sieges über Hitler liegt gerade in dieser Allianz. Mit Recht sind die Kommunisten, wie alle die an der Vernichtung Hitlers interessiert sind, dafür, alles zu vermeiden, was das Anglo-Russische Bündnis stören könnte. Mit Recht betrachten sie die Allianz als das wichtigste Instrument des Sieges. Nur wer diesen Krieg nicht als einen gerechten Befreiungskrieg ansieht kann gegenüber der Allianz eine solche Stellung einnehmen.

Churchill[20] ist für Oskar Pollak nicht der englische Repräsentant der Allianz, deren Festigung und Stärkung eine Lebensaufgabe für alle unterdrückten Völker ist, sondern nichts als die „letzte Inkarnation des britischen Imperiums“, und sieht ihn schon gestürzt. In einem Artikel, datiert vom 6. Mai 1942, und veröffentlicht in No. 4 der „Austrian Labor Information“, New York, schreibt er:

„ … wir sollen nicht weniger feinhörig für die Zeichen der Zeit sein, als der englische Mann von der Strasse, der heute unbestimmt, aber deutlich fühlt, dass auch Churchill höchstens noch einige Monate am Ruder bleiben wird …“

Und was soll dann kommen? Darauf gibt Pollak keine Antwort. Offenbar der Bürgerkrieg. Gerade das wäre es, was Hitler heute brauchte, um zu siegen. Zu einer solchen Politik führt es, wenn man in diesem Krieg keinen wahren Freiheitskrieg sieht, und seine Politik nicht auf die Allianz, sondern auf ihre Sprengung ausrichtet.

Klarheit darüber ist notwendig, dass dieser Krieg ein gerechter Befreiungskrieg ist, und dass es darauf ankommt, die Allianz der Völker gegen Hitler zu festigen und nicht zu stören.

Der internationale Bürgerkrieg

Die zweideutige Charakterisierung dieses Krieges durch die „London Information“, die fünfzig Prozent Imperialismus, dienen als Ansatzpunkt für die Propaganda des „internationalen Bürgerkrieges“, der heute von den Trotzkisten dazu verwendet wird, um die Spaltung der nationalen Freiheitsfront gegen Hitler zu erreichen. Wir sehen unter manchen ehrlichen Sozialisten eine gewisse Empfänglichkeit für diese Losung, die sie mit dem Kampf um die Verwirklichung des Sozialismus identifizieren. Wir werfen sie nicht in einen Topf mit den Trotzkisten. Sie fürchten, dass die Völker um die Früchte ihres Sieges gebracht werden könnten und dass trotz aller Versprechungen auf eine bessere Zukunft alles beim Alten bleiben wird. Es wäre ein Fehler, den Ernst und die Aufrichtigkeit ihrer Sorge zu übersehen. Aber es geht jetzt überhaupt nicht um die Frage, ob Sozialismus oder nicht, sondern um die Frage der Vernichtung Hitlers oder des Untergangs in Barbarei.

Der „internationale Bürgerkrieg“, für den Oskar Pollak in seinem Buch „Underground Europe Calling“ Propaganda macht, würde in jedem Land die Einheit der Völker im Krieg gegen Hitler und damit die Garantie des Sieges zerstören. Das will Hitler. Darum sandte er Hess[21] nach England. Er hoffte, mit Hilfe der Münchner und der Trotzkisten in der Frage des Kriegs gegen die Sowjetunion das englische Volk zu spalten. Er wurde bitter enttäuscht. Wäre es nicht Wahnsinn, im Namen des Sozialismus das erreichen zu wollen, was Hitler mit dem tollkühnsten Manövern vergeblich zu erreichen suchte. Wenn Hitlers einzige Chance in der Spaltung der nationalen Einheit liegt, ist es da nicht für jeden Feind Hitlers klar, dass seine wichtigste Aufgabe gerade in der Stärkung dieser Einheit liegt?

Der eigentliche Charakter dieser Bürgerkriegskonzeption zeigt sich erst in seinem wahren Licht, wenn wir z.B. die Haltung Oskar Pollaks zur Sowjetunion sehen. Sie ist für ihn kein sozialistischer Staat:

„Wohl hat die Sowjetunion eine im Wesen sozialistische Wirtschaft als Grundlage, aber sie ist kein sozialistischer Staat … Die Sowjetunion und ihre gegenwärtige Regierung sind nur scheinbar eins … die erstere ist ein Abkömmling der Revolution, die letztere ist ein Auswuchs der bürokratischen, terroristischen Diktatur …“ (S. 80)

Aber gerade dieser „bürokratische und terroristische Auswuchs“ hat die sozialistische Ökonomie geschaffen. Welchen Sinn hat es, die Sowjetunion von der sozialistischen Wirtschaft zu trennen, die von ihr aufgebaut wurde? Diese gewaltsame Trennung der sozialistischen Ökonomie von der Sowjetregierung, erfolgt ausschliesslich zu dem Zwecke, um den Kampf für den Sturz der Sowjetregierung unter dem Deckmantel der „Rettung des Sozialismus“ führen zu können. Oskar Pollak gibt der Sowjetunion keine Chance, in die europäische Gemeinschaft aufgenommen zu werden, wenn –

„Wenn die sozialistische Republik der Arbeiter und Bauern sich durchsetzen kann gegen den Stalinistischen[22] Staat … wenn der russische Einfluss auf die europäische Revolution in der Hand der stalinistischen Bürokratie sein wird, dann lasset alle Hoffnung fahren.“ (S. 83–84)

Das heisst die Entfesselung des Bürgerkrieges auch in der Sowjetunion. In ihren Radiosendungen nach der Sowjetunion verwenden die Nazis die selben Argumente wie Oskar Pollak.

Auf der Konferenz der österreichischen Sozialisten, die am 2. und 3. Mai 1942 stattfand, wurde eine Resolution über die Sowjetunion angenommen. Sie bedeutet gewiss einen Fortschritt, soweit sie den Willen der einheitsfreundlichen Mitglieder zu einer Verständigung mit den Kommunisten ausdrückt. Aber sowohl in der Resolution wie in seinem Referat, das als Broschüre unter dem Titel „Towards an Understanding“ erschienen ist, hat sich Karl Czernetz nur um eine Aussöhnung der Mitglieder mit den Auffassungen Pollaks, von denen sie nichts wissen wollen, bemüht. Czernetz, der den Standpunkt Oskar Pollaks in geschickterer Form vertrat, setzte die Annahme der Resolution durch.

Klarheit darüber ist notwendig, dass die Politik des „internationalen Bürgerkriegs“ zur Sprengung der nationalen Einheit und zum Sturz der Sowjetregierung führt und den Sieg über Hitler gefährdet.

Die nationale Frage

Die österreichischen Kommunisten betrachten diesen Krieg als einen gerechten Krieg, der auch dem österreichischen Volk die Befreiung vom Joche des Hitlerfaschismus bringen wird. Oskar Pollak anerkennt nicht den nationalen Befreiungskampf. Für ihn gibt es nur die Alternative “nationale und kapitalistische“ Lösung oder „internationale sozialistische“ Lösung. Die internationale sozialistische Lösung wird ausgespielt gegen den nationalen Befreiungskampf um die Unabhängigkeit Österreichs. Für Oskar Pollak ist „die Zeit des Nationalstaates“ vorbei. Er stellt fest, dass „kein einziger Staat unter modernen Bedingungen imstande ist, weder das fundamental Notwendige (basic needs) zu produzieren, noch für seine Verteidigung zu sorgen“. Eine Feststellung, die, wenn sie zutrifft, nur zu der Schlussfolgerung führt, dass die Staaten sich gegenseitig aushelfen müssen. Keineswegs kann es erlaubt sein, mit dieser Begründung den keinen Völkern das Recht auf Selbständigkeit abzusprechen. Oskar Pollak ist ängstlich darauf bedacht, die „Einheit“ Europas zu bewahren. Er lehnt es zwar ab, irgendetwas als Errungenschaft anzuerkennen, was Hitler geschaffen hat. Aber ist es nicht eine indirekte Rechtfertigung der Annexionspolitik Hitlers, wenn er schreibt:

„Eine starke Tendenz wird es geben, alles zu zerstören, was die Nazis erzwungen haben, sogar (Unterstreichung von uns L. H.) die ökonomische Einheit Europas“. (S. 40).

„Hitler hat Europa in Ketten gelegt, aber er hat ihm auch ein System geplanter und geeinter Wirtschaft aufgezwungen“. (S. 41).

An einer anderen Stelle heisst es:

„Der Faschismus hat den Kontinent unter seinem Joch geeinigt und so die europäische Revolution möglich und notwendig gemacht. Diese Monstergewalt hat die historische Möglichkeit geschaffen, ohne die sie nicht vollbracht werden könnte …“ (S. 156).

Nach der Auffassung Oskar Pollaks hat Hitler also auch „Fortschrittliches“ geschaffen, das nicht zerstört werden darf. In Wirklichkeit ist das alles reaktionäres Geschwätz. Hitler hat Europa nicht wirtschaftlich geeint, sondern vollständig der Herrschaft des deutschen Imperialismus unterworfen. Hitler hat nicht den europäischen Charakter der Revolution gesichert – eine „europäische Revolution“ im Sinne Oskar Pollaks gibt es überhaupt nicht – sondern durch seine imperialistische Raubpolitik, durch das Ausspielen der einzelnen Nationen gegeneinander (Aufteilung von Territorien der Völker, die sich ihm widersetzten, an seine Vasallenstaaten, u. ä.) neue Gegensätze in Europa geschaffen, und so den künftigen Zusammenschluss der Völker erschwert.

Hitler hat sich ganz Europa unterworfen. Nicht nur Länder, die auf eine lange Periode der nationalen Selbständigkeit zurückblicken können, sondern auch Länder, die erst nach dem letzten Weltkrieg ihre nationale Selbständigkeit erlangten. Das unmittelbare Streben der von Hitler unterworfenen Völker ist natürlicherweise auf die Wiedergewinnung ihrer vollen nationalen Freiheit gerichtet. Ihnen ruft Oskar Pollak zu: „Die Zeit des Nationalstaates ist vorbei“. Gerade der nationale Befreiungskampf, den jedes einzelne der unterdrückten Völker in seinem eigenen Lande führt, hat die Voraussetzungen zu ihrer Vereinigung in der Allianz geschaffen. So wird der nationale Freiheitskampf gegen Hitler zur Grundlage des internationalen Kampfes gegen den Faschismus.

Gegen die Leugnung des Rechtes der kleinen Völker auf Unabhängigkeit unter Berufung auf den „wirtschaftlichen Großraum“, heute ein Prunkstück der Nazipropaganda, hat Lenin schon im letzten Weltkrieg gekämpft. Die polnischen Sozialisten hatten sich damals gegen den Aufstand der annektierten Gebiete und gegen die Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit gewendet. Zur Begründung führten sie an, dass sie wohl die Unterdrückungspolitik des Imperialismus bekämpfen, aber keineswegs für die Wiederaufrichtung der vom Imperialismus bereits niedergerissenen Grenzpfähle eintreten können. Lenin schrieb:

„Das ist schon direkter offener Annexionismus. Ihn zu widerlegen ist überflüssig, er widerlegt sich selbst. Keine einzige sozialistische Partei wird sich entschliessen, eine solche Position einzunehmen: ‚Wir sind gegen Annexion im Allgemeinen, aber für Europa sanktionieren wir die Annexionen oder finden uns mit ihnen ab, wenn sie schon einmal geschehen sind‘.“[23] Gerade das macht Pollak.

Auch Radek[24] und Bucharin[25], die nicht zufällig im trotzkistischen Sumpf gelandet sind, vertraten die Auffassung, dass die volle Anerkennung des Rechtes der kleinen Völker auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit einen Rückschritt bedeute. Ihnen antwortet Lenin:

„Wir fordern die Freiheit der Selbstbestimmung. Das ist Unabhängigkeit, das ist Freiheit der Lostrennung der unterdrückten Nationen, nicht, weil wir von einer ökonomischen Zersplitterung träumen, oder weil wir dem Ideal der Kleinstaaterei anhängen. Im Gegenteil. Weil wir für grosse Staaten und für eine engere Einheit, ja Verschmelzung der Nationen sind, aber auf einer wirklich demokratischen, wirklich internationalen Basis, die unvorstellbar ist, ohne die Freiheit sich loszutrennen“.[26]

Der wesentliche von Lenin herausgearbeitete Gedanke ist der, dass sich die Annäherung der Nationen und in weitere Perspektive ihre Verschmelzung nur auf einer wirklich demokratischen und internationalen Basis vollziehen kann, die unvorstellbar ist ohne das Recht auf Unabhängigkeit. Auf keinen Fall kann sich eine Annäherung der Völker auf der Grundlage eines „Super“staates vollziehen, der, wie Oskar Pollak sagt, „die nationale Souveränität aufhebt, das internationale Gesetz garantiert, und erzwingt und übernationale Gewalt ausübt“. (S. 47). Es ist sehr charakteristisch, dass sich Oskar Pollak in seinen Auffassungen mit Otto Habsburg[27] trifft, der in seinem Artikel („Danubian Reconstruction“, Foreign Affairs, January 1942) ebenfalls für einen streng zentralisierten Nationalitätenstaat mit übernationaler Gewaltausübung Propaganda macht.

Nach dem Krieg wird sich bei den von der Naziherrschaft befreiten Völkern das Bedürfnis nach engster Zusammenarbeit mit Notwendigkeit ergeben. Aber diese Zusammenarbeit wird nur von Dauer sein, wenn sie auf Grund der freien Entscheidung der betroffenen Völker und unter der Führung der Allianz zustande kommt. Oskar Pollaks „Superstaat“ richtet sich nicht nur gegen die kleinen Völker, er ist in Wahrheit gegen die Allianz gerichtet. Oskar Pollak weist seinem „Superstaat“ die Aufgabe zu, sich gegen eine Intervention vom Westen und Osten zu wenden. Mit allen diesen Plänen haben wir nichts zu tun.

Klarheit darüber ist notwendig, dass die Anerkennung des Rechtes der kleinen Völker, die Anerkennung des Rechtes auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung auch für das österreichische Volk, die Grundlage unseres nationalen Freiheitskampfes bildet. Wir lehnen jeden gegen die Allianz gerichteten „Superstaat“ oder jede solche Staatenkombination ab.

Die Gesamtdeutsche und Gesamteuropäische Konzeption

Oskar Pollak und Karl Czernetz sind die Hauptvertreter der gesamtdeutschen, resp. gesamteuropäischen Konzeption, die ihnen als Waffe gegen den nationalen Befreiungskampf des österreichischen Volkes dient. Der Beitrag, den das österreichische Volk zu diesem Krieg leisten sollte, wäre nach Pollaks Meinung „die Vorbereitung der deutschen Revolution“, wie er in seinem Artikel, knapp nach Kriegsausbruch im Jahre 1939 schrieb. Jetzt hat sich die Konzeption der deutschen Revolution zur europäischen erweitert. In beiden Fällen richtet sie sich gegen die Lostrennung Österreichs von Deutschland.

Nehmen wir die von Karl Czernetz verfasste Broschüre „The Underground Movement in Austria“. Wir finden dort eine Reihe von Berichten aus Österreich aus der Zeit von Mitte 1940 bis Oktober 1941. Das eigenartige an diesen Berichten ist ihr betont grossdeutscher Charakter. Wir lesen:

„Trotz der Abneigung gegen die ‚Preussen‘ wissen die österreichischen Arbeiter die Tatsache zu schätzen, dass sie nicht mehr von unnatürlichen Grenzen gehemmt werden, die sie jeder Existenzmöglichkeit beraubte. Jetzt ist es wenigstens einem holländischen Bürgermeister (Anspielung auf Dr. Zimmermann[28], ehemaliger Bürgermeister von Rotterdam und seinerzeit Völkerbundkommisar in Österreich) nicht mehr möglich, in lebenswichtigen Fragen für das österreichische Volk zu entscheiden.“ (S. 95).

An anderer Stelle heisst es:

„Trotz der schärfsten Kritik anerkennen die Arbeiter die Tatsache, dass es den Nazis gelungen ist, die verabscheuungswürdige Diktatur der Kleriko-Faschisten auszutilgen und die blutigen Massaker vom Februar 1934 zu rächen. Durch die Eingliederung Österreichs in das System der deutschen Kriegswirtschaft haben die Nazis die gigantische Armee der Arbeitslosen liquidiert …“ (S. 97).

Ist es wirklich wahr, dass die österreichischen Arbeiter auch nur die geringste Genugtuung darüber empfinden können, dass ihr lebenswichtigen Fragen jetzt nicht mehr von einem Völkerbundkommisar, sondern von einem Bluthund der Gestapo entschieden werden? Darüber, dass durch ihre Eingliederung in die deutsche Kriegsproduktion nicht nur die Arbeitslosigkeit liquidiert wurde, sondern dass sie jetzt durch ihre Eingliederung in den Krieg zu Hunderttausenden selbst liquidiert werden und für Hitler an allen Fronten sterben. Welch eine herostratische Befriedigung des Rachegefühls, die Dollfuss- und Schuschnigg Diktatur für die Hitlers eingetauscht zu haben!

In der selben Broschüre schreibt Karl Czernetz, dass bei dem von Schuschnigg im März 1938 geplanten Plebiszit „eine überwältigende Mehrheit für die Unabhängigkeit Österreichs gestimmt hätte“. Aber er behauptet, dass nach der Annexion

„die Mehrheit des österreichischen Volkes sich dafür entschied, den Anschluss als vernünftige Lösung des österreichischen Problems zu akzeptieren. Es gibt keinen Zweifel, dass grossdeutsche Gefühle damals in der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung lebendig waren. Nach allen Berichten ist das jetzt nicht mehr der Fall.“ (S. 95, 96).

Und war auch niemals der Fall.

Die „London Information“ vom 15. September 1942 schreibt in dem Artikel „Der Weg der Befreiung“:

„… Für die unterdrückten Völker gibt es keine ‚Lostrennung‘ von Hitlers Reich. Das muss zerstört werden, um die Befreiung zu erreichen. Die Vernichtung Hitlers ist unteilbar, wie es seine Tyrannei ist“.

Welchen Sinn hat diese Feststellung? Gewiss, nur die vollständige unteilbare Vernichtung Hitlers kann die Befreiung bringen. Aber gerade diese unteilbare Vernichtung macht die „Lostrennung“ der unterdrückten Völker notwendig. Hinter den Worten „keine Lostrennung“ verbirgt sich auch hier die Feindschaft gegen den nationalen Befreiungskampf. „Trennt euch nicht los vom Dritten Reich! Führt keinen Kampf für eure nationale Befreiung! Macht die gesamteuropäische Revolution!“ rufen Oskar Pollak und Karl Czernetz. Aber diese „gesamteuropäische Revolution“ ist in Wirklichkeit nur ein Hirngespinst. Ist es nicht lächerlich sich auch nur vorzustellen, dass das tschechische, das jugoslawische, das belgische, holländische, österreichische Volk den Kampf um ihre nationale Befreiung unter der Losung „Weg mit Hitler! Her mit der gesamteuropäischen Revolution!“ führen können? In jedem dieser Länder sammelt sich das ganze Volk unter dem Banner des nationalen Befreiungskampfes. Ihr Ziel ist die Verjagung der fremden Eroberer von ihrem heimatlichen Boden. Auf diesem Wege vollzieht sich die totale Vernichtung Hitlers.

Klarheit darüber ist notwendig, dass alle „gesamtdeutschen“ und „gesamteuropäischen“ Konzeptionen die volle Entfaltung des nationalen Freiheitskampfes des österreichischen Volkes, wie aller anderen unterdrückten Völker hindern, und sie der stärksten Waffe im Kampfe gegen Hitler berauben.

Die nationale Freiheitsfront zur Vernichtung Hitlers

Der Gedanke, alle Volksschichten im Kampfe gegen den Faschismus zu einigen, ist nicht neu. Er wurde in der Gestalt der Volksfront in Frankreich geboren. Frankreich war auch das erste Land, wo die Kommunisten zum erstenmal den Gedanken der nationalen Freiheitsfront aussprachen. Wir waren uns darüber im Klaren, und sind uns dessen heute noch mehr bewusst, dass die Vernichtung des Faschismus die Angelegenheit des ganzen Volkes sein muss. Nicht nur eines Landes, sondern aller Länder. Das war der Sinn unserer Volksfrontpolitik von damals, das ist der Sinn unserer Politik der nationalen Einheitsfront von heute. Jeder, der bereit ist, ehrlich gegen Hitler zu kämpfen, ist unser Freund. Wir haben diesen Gedanken mit aller Leidenschaft verfochten, Jahre bevor Hitler Österreich annektierte, und gegen die Revolutionären Sozialisten (RS) vertreten. Die RS haben ihre im Wesen volksfrontfeindliche Haltung bis zum Untergang Österreichs aufrecht erhalten. Sie hatten keinen Glauben an die Lebenskraft Österreichs. Sie hatten keinen Glauben an die Möglichkeit, seine Unabhängigkeit zu verteidigen. Sie hatten, wie ihr Führer Gustav Richter[29] es in jenen Tagen ausdrückte, die „Perspektive des Untergangs Österreichs“. Dem London Büro fehlt auch heute die Perspektive der Wiederauferstehung Österreichs.

Bei einer richtige Volksfrontpolitik, unterstützt von den RS, wäre es 1938 wahrscheinlich möglich gewesen, den schwankenden Schuschnigg und die Armee unter dem Druck der Bevölkerung zum bewaffneten Widerstand zu bringen. Österreich wäre wohl allein zu schwach gewesen, Hitler lange Widerstand zu leisten. Aber dieser Kampf hätte die gleichfalls in ihrer Existenz bedrohten Völker in allen Ländern aufgerichtet. München wäre unmöglich gewesen. Die Tschechoslowakei mit ihrer wohlausgerüsteten Armee hätte nach dem Kampf Österreichs die Besetzung ihres Landes nicht ruhig hingenommen. Hitler wäre wahrscheinlich das Genick gebrochen worden, ehe er die ganze Menschheit in das Unglück dieses Weltkrieges hätte stürzen können.

In Österreich stehen alle im Kampf gegen Hitler und seine österreichischen Quislinge zusammen. Das müssen wir auch in der Emigration tun. Oskar Pollak und Karl Czernetz sind gegen die nationale Einheitsfront, darum lehnen sie das FAM an. In einem eigenen Artikel der „London Information“ (15. Oktober 1942) wird der Versuch gemacht, diese klare Tatsache zu verwischen. Es wird davon gesprochen, dass das FAM aus Refugee Organisationen besteht, was unrichtig ist. Gewiss gehören dem FAM auch die wichtigsten Refugee Organisationen an. Doch wenn in dem Artikel gefragt wird: „Was bedeutet das für Österreich?“ so sagen wir, dass die Anstrengungen dieser Refugee Organisationen, die Österreicher in England für den vollen Einsatz in diesem Krieg zu mobilisieren, eine wirkliche Hilfe für den Befreiungskampf des österreichischen Volkes ist, so schwach sie auch sein mag; während die Störung der nationalen Einheit diesen Befreiungskampf schädigt.

Im FAM sind die Repräsentanten der politischen Organisationen vertreten, von denen die „London Information“ die Kommunisten voll und die Liberalen nur zum Teil anerkennt. Für sich nehmen Oskar Pollak und Karl Czernetz in Anspruch, die Repräsentanten des grössten Teiles der österreichischen Arbeiterschaft zu sein. Wir wollen uns in keine Diskussion über ihren Rechtsanspruch auf die 42% der Stimmen einlassen, die bei den vor zehn Jahren stattgefundenen Wahlen für die österreichische Sozialdemokratie abgegeben wurde. Auch nicht über den Einfluss der Kommunisten, von denen die „London Information“ schreibt, dass sie „unzweifelhaft in Österreich eine Anhängerschaft aber von unbekannter Stärke haben“. Jeder mit den österreichischen Verhältnissen Vertraute weiss, dass die Kommunisten nach dem Februar 1934 zur Massenpartei der österreichischen Arbeiterschaft geworden sind. Die Revolutionären Sozialisten (RS), die nach dem Februar 1934 eine Organisation bildeten, haben niemals an irgendwelchen Wahlen teilgenommen und können darum ihre Stärke überhaupt nicht unter Beweis stellen. Sie nehmen einfach die Stimmen und den Einfluss, den die sozialdemokratische Partei seinerzeit hatte, für sich in Anspruch, obwohl ihr Programm in bewusstem Gegensatz zur Sozialdemokratie geschaffen wurde. Sie lehnten es auf ihrem Gründungsparteitag Ende 1934 sogar ab, den Namen Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreich anzunehmen. Für uns schränkt das die Bedeutung nicht ein, die wir einer Einigung mit dem London Büro der österreichischen Sozialisten beimessen. Wir halten alle Diskussionen über Rechtsansprüche und Schätzungen über das Stärkeverhältnis für unwesentlich. Die entscheidende Frage ist die Richtigkeit der Politik. Das London Büro hat eine Politik gemacht, die sie aus der Einheit der österreichischen Freiheitsbewegung ausschloss. Sie führte zur Spaltung der Sozialisten in drei Gruppen, und zur feindlichen Haltung gegenüber dem FAM, das auf dem Boden des nationalen Freiheitskampfes steht.

Klarheit darüber ist notwendig, dass eine politische Repräsentanz der Österreicher im Ausland auch in ihrer Zusammensetzung den Charakter des nationalen Freiheitskampfes zum Ausdruck bringen muss.

Nach dem Sieg über Hitler

Wir müssen jetzt alle Kräfte konzentrieren auf die Vernichtung Hitlers. Nichts darf uns von dieser Aufgabe ablenken. Ist Hitler vernichtet, ist die Kraft des internationalen Faschismus zerbrochen, dann haben wir das grösste Hindernis für den Aufbau einer besseren Zukunft beseitígt. Dann können wir daran gehen, uns ein neues Leben aufzubauen.

Es ist wahr: Wir lehnen jede Politik ab, die uns unter Berufung auf die Zukunft von unseren gegenwärtigen Aufgaben ablenkt. Aber wir vergessen über die Gegenwart nicht die Zukunft. Wir leben in einer Periode des Übergangs, wo unter furchtbaren Qualen eine neue Welt geboren wird. Wir wissen, dass die Kräfte der Reaktion stark sind, die das alte System erhalten wollen, und denen ihre Privilegien mehr gelten als die Interessen der Völker.

Die Sowjetunion hat mit Grossbritannien eine Allianz abgeschlossen, nicht nur für den gemeinsamen Kampf gegen Hitler, sondern auch für den Frieden. Diese Allianz ist kein papierener Vertrag. Sie ist der Ausdruck des Willens des grossen englischen Volkes, gemeinsam mit der Sowjetunion den Faschismus auszurotten und sie drückt ebenso die Bereitschaft aus, nach dem Sieg über Hitler gemeinsam eine neue Welt im Frieden aufzubauen. Je entschlossener die Völker sich hinter die Allianz stellen, je mehr sie sie zu ihrer eigenen Sache machen, desto schwerer wird es den Feinden des Fortschritts fallen, ihre Pläne zu verwirklichen.

Darum ist die Arbeitereinheit für die nationale Freiheitsfront von so entscheidender Bedeutung. Darum müssen wir Österreicher in der Emigration alles tun, um sie zu festigen.

Wir wissen heute nicht, wie die einzelnen Völker nach dem Kriege sich entscheiden werden, ihr nationales Leben einzurichten. Aber wir wissen, dass die Völker die bitteren Erfahrungen des vergangenen Krieges und der Nachkriegsjahre nicht vergessen haben und dass sie diesmal das Ruder fester in die Hände nehmen werden. Die Völker, in der grossen Allianz geeint, verbunden durch gemeinsame Leiden und Opfer in diesem Kriege, werden die Waffenbrüderschaft über den Krieg hinaus bewahren. Sie werden im gegenseitigen Verstehen und in gemeinsamer Arbeit das grosse Werk des Neuaufbaues vollbringen. Sie werden den Faschismus bis an die Wurzel ausrotten und die Macht der Monopolherren brechen, die sich die faschistischen Räuberbanden zur Unterdrückung der Völker grossgezogen haben. Sie werden dafür sorgen, dass es keine Arbeitslosigkeit und keinen Hunger mehr geben wird. Und sie werden zu verhindern wissen, dass jede neue Generation durch einen Vernichtungskrieg gejagt wird.

Wir sind mit Thomas Mann[30], dem grossen deutschen Antifaschisten, der Auffassung, dass der Sieg der Allianz den Sieg der menschlichen Würde und die Geburt einer wirklichen neuen Ordnung bringen wird, in welcher Sozialismus und Demokratie schöpferisch schaffen und freie Menschen in Frieden leben werden.

Schlussfolgerung

Wir haben uns bemüht, die wichtigsten Fragen zu behandeln, die bei den Verhandlungen mit den Vertretern des London Büro eine Rolle spielten. Wir sind überzeugt, dass eine Verständigung mit den Mitgliedern des Klubs der österreichischen Sozialisten möglich ist. Was der Einigung im Wege steht, ist der Einfluss der trotzkistischen Elemente, die unter Ausnutzung der vorhandenen Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten das Zustandekommen dieser notwendigen Einheit stören.

Es gibt Sozialisten, die aus einer gewissen „linkslerischen“ Einstellung heraus den wirklichen Charakter der trotzkistischen Konzeption nicht richtig beurteilen. Es gibt Sozialisten, die in der österreichischen Frage schwankend sind und gegen die Unabhängigkeit Österreichs sind, weil sie fürchten, dass Österreich allein nicht lebensfähig ist. Aber Österreich ist nicht mehr und nicht weniger lebensfähig als jeder andere kleine Staat. Die Garantie der Lebensfähigkeit Österreichs liegt gerade in dem Sieg der Allianz, darin, ob Österreich als Alliierter betrachtet oder als Feind behandelt werden wird. Das hängt davon ab, in welchem Masse das österreichische Volk aus eigener Kraft zum Sturz Hitlers beitragen wird. Am besten kann es gerade durch seinen Kampf für die Wiederherstellung seiner Unabhängigkeit dazu beitragen. Das Argument von der Lebensunfähigkeit Österreichs wird von den trotzkistischen Elementen dazu benützt, um gegen die Losung der Unabhängigkeit aufzutreten, weil sie im Widerspruch zu ihrer gesamtdeutschen resp. gesamteuropäischen Konzeption steht. Wir aber haben die Unabhängigkeit Österreichs zu unserer Forderung erhoben, um uns sowohl gegen jede „grossösterreichische“ als auch gegen jede „grossdeutsche“ und „gesamtdeutsche“ Konzeption abzugrenzen.

Alle Verständigungsversuche sind bisher daran gescheitert, dass es den einheitsfreundlichen Elementen nicht gelungen ist, sich durchzusetzen. Die Mitglieder können in der demokratischesten Weise so viele Beschlüsse fassen, als sie nur wollen, Oskar Pollak und Karl Czernetz haben das Recht, auch jeden Mehrheitsbeschluss des London Büros aufzuheben. Aber es ist gerade ihre politische Konzeption, die der Einheit im Wege steht.

Die Einheit der Arbeiterbewegung ist heute notwendiger denn je. Sie erst gibt der Einheit aller Österreicher im Kampf zur Befreiung unseres Landes die feste und sichere Grundlage. Wir wollen diese Einheit und wir werden sie früher oder später erreichen, denn wir wissen, dass der gleiche Wille bei allen österreichischen Sozialisten stark und lebendig ist und sich schließlich durchsetzen wird.


[1] Clara Zetkin (1857–1933). Zitiert in Wolfgang Beutin / Hermann Klenner / Eckart Spoo: Lob des Kommunismus. Ossietzky Verlag Hannover 2013, S. 151.

[2] Leopold Hornik spricht in Moskau aus Anlass des 100. Geburtstages von W. I. Lenin über einige Fragen der ideologisch-politischen Arbeit der kommunistischen Weltbewegung – Zeitung der Arbeit; hier vor allem Bruno Furch: Allen Gewalten zum Trotz. 35 Erzählungen über Genossen, Kameraden und Freunde aus acht Jahrzehnten. Eigenverlag Wien 1993, S. 274–290. Willi Weinert (Wien) bin ich auch diesmal für seine mir wertvollen Hinweise sehr verbunden!

[3] Papst in Marseille: „Nicht länger Tragödien von Ertrinkenden mitansehen“ – Vatican News

[4] Vgl. dazu Siglinde Bolbecher / Konstantin Kaiser / Donal McLaughlin / J. M. Ritchie (Hg): Literatur und Kultur des Exils in Grossbritannien. Theodor Kramer Gesellschaft und Verlag für Gesellschaftskritik Wien 1995. 

[5] Vgl. Marietta Bearman / Charmian Brinson / Richard Dove / Anthony Grenville / Jennifer Taylor: Wien – London, hin und retour. Das Austrian Centre in London 1939 bis 1947. Aus dem Englischen von Miha Tavčar. Czernin Verlag Wien 2004.

[6] London Büro der österreichischen Sozialisten – Wikipedia

[7] Vgl. dazu Herbert Steiner: Die Kommunistische Partei. In: Erika Weinzierl / Kurt Skalnik: Österreich 1918–1938. Geschichte der Ersten Republik. 1. Band Verlag Styria Graz / Wien / Köln 1983, S. 317–325. 

[8] VII. Kongreß der Kommunistischen Internationale, gekürztes stenographisches Protokoll. Moskau 1939.

[9] Wladimir Iljitsch Lenin – Dokumente seines Lebens 1870–1924. Band 1. Ausgewählt und erläutert von Arnold Reisberg. Band 1. Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1980, S. 576–578; vgl. Nadeshda Krupskaja: Eine Biographie. Dietz Verlag Berlin 1986. 

[10] Lenin, Werke 18 (1974), S. 191–209.

[11] Arnold Reisberg: Lenin und die Zimmerwalder Bewegung. Dietz Verlag Berlin 1966.

[12] Z. B. Carl von Clausewitz: Vom Kriege. Vollständige Ausgabe. Nikol Verlag Hamburg 14. A. 2022, S. 726. 

[13] Gerhard Oberkofler: Arnold Reisberg. Jüdischer Revolutionär aus dem Königreich Galizien. Eingeleitet von Hermann Klenner. StudienVerlag Innsbruck / Wien 2020.

[14] Wie A. 5; Lenin Werke 21 (1974), S. 295–341.
1974 wurde von der Volksrepublik China im Verlag für Fremdsprachige Literatur in Peking die Broschüre herausgegeben: „Lenin über Krieg und Frieden. Drei Artikel“. Format 18 cm , 118 Seiten. Dort Seite 1–62: Sozialismus und Krieg. Die Wiedergabe dieser Schriften folgt der deutschen Ausgabe von Band 21 bzw. Band 23 der Werke von Lenin, die nach anderen Ausgaben überprüft wurden. Die weiterführenden Anmerkungen folgen der deutschen Ausgabe bzw. der chinesischen Ausgabe (1971) der Werke von Lenin.

[15] Oesterreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz vom 24. November 1915; Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 27. November 1915.

[16] Lenin, Werke 22 (1974), S. 189–309.

[17] Ebenda, S. 305.

[18] Adolf Hitler (1889–1945)

[19] Lenin, Werke 21, S. 299. Die von Hornik zitierte Passage folgt hier im genauen Satzbau nicht der Vorlage der deutschen Broschüre, vielleicht ist es eine Rückübersetzung von Leopold Hornik aus einer englischen Ausgabe.

[20] Winston Churchill (1874–1965)

[21] Rudolf Heß (1894–1987)

[22] Joseph Stalin (1878–1953)

[23] Lenin Werke 22 (1974), S. 340.

[24] Kar Radek (1885–1939)

[25] Nikolai I. (1889–1938)

[26] Vgl. Wladimir I. Lenin: Über die nationale und koloniale nationale Frage. Eine Sammlung ausgewählter Aufsätze und Reden. Dietz Verlag Berlin 1. A. 1960, S. 314; Lenin, Werke 22 (1974), S. 144–159 (Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht).

[27] Otto Habsburg (1912–2011)

[28] Alfred Rudolph Zimmermann (1869–1937)

[29] Gustav Richter d. i. Joseph Buttinger (1906–1992)

[30] Thomas Mann (1875–1955)

Hochwasser dezimiert Wildtierbestand

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Starkregen und Überschwemmungen hatten auch ihre schädlichen und tödlichen Auswirkungen auf die ostösterreichische Tierwelt. Betroffen sind sowohl Vögel als auch Hase, Fuchs und Biber.

Wien/Vösendorf. Die immensen Regenmengen und das Hochwasser der vergangenen Tage hat sich als Gefahr für die Tierwelt erwiesen – und dies auf unterschiedliche Weise. Die Schwalbe etwa wurde just in ihrem Zug in die südlichen Winterquartiere überrascht, zudem blieb sie als Flugjäger auch bei der Nahrungssuche erfolglos. Das Ergebnis waren beträchtliche Mengen der Zugvögel, die sich in Wien oder Niederösterreich unter Hausdächern oder auf Balkonen vorübergehend in Sicherheit bringen wollten. Viele Schwalben schafften dies jedoch nicht mehr und blieben massiv geschwächt auf dem Boden liegen. Das “Schwalbenhaus” von Tierschutz Austria nahm sich möglichst vieler Tiere an, um sie wieder aufzupäppeln, doch tausende Vögel starben an Entkräftung.

Ein direkteres Problem sind die Wassermassen natürlich für jene Tiere, die nicht flugfähig sind. In den Überschwemmungsgebieten ist vor allem bei Feldhasen – und hier bei den Jungtieren -, aber auch beim Dachs und beim Fuchs mit signifikanten Verlusten zu rechnen. Viele sind schlichtweg etrunken, während Rehwild deutlich bessere Überlebenschancen hatte. Doch selbst wasseraffine Tierarten wie der Biber dürften angesichts der reißenden Wassermassen vielerorts ums Leben gekommen sein. – Bis eine genauere Übersicht über die Folgen des Hochwassers für den Wildtierbestand vorliegt, wird es noch Wochen und Monaten dauern, zumal auch Fortpflanzung, Brutverhalten und Aufzucht beeinträchtigt wurden.

Quelle: ORF