HomePanoramaFutterneid: Fischer wollen Wasservögel töten

Futterneid: Fischer wollen Wasservögel töten

Wenn im Bodensee die Fischbestände schwinden, dann soll natürlich nicht die menschliche Überfischung schuld sein, sondern der Kormoran – deshalb wird er auf die Abschussliste gesetzt.

Bregenz. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hat den Fischern des Rheindeltas am Bodensee auch heuer die Jagd auf den Kormoran (Phalacrocorax carbo) erlaubt. Der etwa gänsegroße Wasservogel gilt der Fischerei als unerwünschte Konkurrenz, denn jedes Tier frisst pro Tag etwa 500 Gramm Fisch, und das kann natürlich nicht sein: Man sieht die Fischbestände aufgrund der Kormorane gefährdet und will die ungebetenen „Fischräuber“ stark dezimieren oder überhaupt ausrotten – das hat man in Österreich freilich früher schon geschafft, erst 2007 haben sich wieder kleine Brutkolonien am Bodensee angesiedelt. Somit sind es eigentlich eher die Kormoranbestände, die in Vorarlberg gefährdet bleiben, doch ein paar Tiere kann man schon abknallen, meint die BH Bregenz. Diese Entscheidung könnte freilich der EU-Vogelschutzrichtlinie widersprechen, weshalb seitens Naturschutzorganisationen ein gerichtliches Vorgehen gegen den Jagdbescheid vorbereitet wird. Doch auch abseits der juristischen Grundlage erscheint die Situation ein wenig ungut, um es freundlich zu formulieren.

Man muss wissen: Österreichische Fischer ziehen jedes Jahr rund 260 Tonnen Fisch aus dem Bodensee – und die benachbarten deutschen und Schweizer Kollegen werden wohl auch nicht untätig sein. Wenn man dann die Befürchtung hat, es gäbe schließlich nicht mehr genug Fische im „alemannischen Meer“, dann sollte man sich vielleicht eher an der eigenen Nase nehmen – und nicht Wasservögel dafür verantwortlich machen, die nur ihrer natürlichen Lebensweise nachgehen. Besonders perfid am Abschussplan ist zudem, dass mit April die Brutzeit der Kormorane beginnt. Das bedeutet, dass man mit der Tötung von Vögeln, die auf Futtersuche sind, nicht nur diese „entnimmt“ – geplant sind etwa 200 Abschüsse –, sondern auch indirekt die Nester und die Küken von der Nahrungsversorgung abschneidet. Damit würden also auch Brut und Aufzucht unterbunden, was dann schon ein bissel in Richtung systematischer Vernichtung der Population tendiert. Aber darum geht’s wohl auch: BH und Fischereiunternehmen sind offensichtlich der Meinung, der Bodensee und seine Ressourcen gehören nur den Menschen – da ist für den natürlichen Lebensraum des Kormorans dann freilich kein Platz mehr.

Quelle: ORF

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