Wien/Amsterdam. Ein 24-jähriger Rechtsextremer, der am 26. Juli an einer Demonstration der Identitären in Wien teilgenommen hatte, ist in den Niederlanden wegen Terrorverdachts festgenommen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird ihm die Vorbereitung einer terroristischen Straftat vorgeworfen; bei einer Hausdurchsuchung an seiner Meldeadresse in Erp (Provinz Brabant) stellten Ermittler verbotene Schusswaffen und Munition sicher. Der niederländische Inlandsgeheimdienst hatte den Mann zuvor als zur rechtsterroristischen Gewalt bereit eingestuft und darauf hingewiesen, dass er unerlaubt bewaffnet sei. Ein Untersuchungsrichter in Rotterdam ordnete Untersuchungshaft für zunächst zwei Wochen an; wie konkret die Anschlagspläne waren, ließen die Behörden mit Hinweis auf laufende Ermittlungen offen.
Der Festgenommene, in Berichten als T. D. bezeichnet, ist Mitglied der in den Niederlanden seit Längerem als rechtsextrem eingestuften Gruppierung Geuzenbond. In Wien marschierte er bei der Demonstration der Identitären an vorderster Front und trug ein Shirt mit dem Emblem seiner Organisation. Fotos des Fotografen Samuel Winter, die dem STANDARD vorliegen, zeigen ihn lachend im Gespräch mit dem neuen parlamentarischen Mitarbeiter der FPÖ, Gernot Schmidt. Auf dem Bild ist neben den beiden ein Banner mit dem Lambda-Symbol der Identitären zu sehen, dessen Verwendung „eigentlich verboten“ ist. Schmidt fiel in der Vergangenheit mehrfach bei Aktionen der Identitären auf; dokumentiert sind etwa das Verteilen rassistischer Flyer in der U6, der gewaltsame Vorstoß 2021 in das Pastoralamt der Diözese Linz sowie neonazistische Anspielungen in sozialen Medien. Eine Medienanfrage an den FPÖ-Parlamentsklub zu dem Foto blieb unbeantwortet, heißt es Berichten zufolge. Der blaue Nationalratsabgeordnete Michael Oberlechner hatte Schmidts Nähe zur Szene zuvor als „politischen Aktivismus“ gegen die „verhängnisvolle Asyl- und Migrationspolitik“ verteidigt und dessen Beschäftigung im Parlament mit dessen Unbescholtenheit begründet.
Die Verhaftung verweist auf eine europaweite Vernetzung der extremen Rechten. T. D. soll mehrfach an internationalen Treffen teilgenommen haben, unter anderem an der neonazistischen „European Fight Night“. Der Geuzenbond wird dem dezentral organisierten Netzwerk der sogenannten Active Clubs zugerechnet, in dem Kampfsport gezielt mit rechtsextremer Ideologie verknüpft wird und die Vorbereitung auf einen imaginären „Rassenkrieg“ im Zentrum steht. In Österreich beobachtet das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) seit Jahren eine breite Schnittstelle zwischen Kampfsport und Neonazismus sowie zwischen Kampfsport und Identitären; Kampfsport fungiere in diesen Milieus nicht bloß als Training, sondern präge die Gruppen selbst. Unmittelbar nach der Wiener Demonstration verprügelten Neonazis zwei unbeteiligte Männer in der U‑Bahn.
Quelle: Der Standard