Wolfgang Brandstetter tritt als Mitglied des Verfassungsgerichtshofs zurück und kommt damit einer möglichen Abberufung zuvor.
Wien. Jetzt hat er seinen Rückzug als Mitglied des Verfassungsgerichtshofs verkündet, der arme Herr Professor Brandstetter. In weinerlicher Manier und so, als müsste er die Demokratie beschützen. Tatsächlich war er genötigt, Konsequenzen zu ziehen, bevor sie für ihn von anderen gezogen werden. Er werde den Gerichtshof nach Fertigstellung laufender Akten mit Wirkung vom 1. Juli verlassen und habe das dem Präsidenten bereits mitgeteilt. VfGH-Präsident Grabenwarter nahm den Rückzug in einer schriftlichen Stellungnahme „zur Kenntnis“. Vor Brandstetters Rückzug hatte er diesen für heute zu einer Aussprache bestellt.
Wie aus den Protokollen, die dem Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelt wurden, hervorgeht, hat sich Brandstetter, der dem VfGH seit Februar 2018 angehörte, mit dem supendierten Sektionschef Pilnacek auch über Entscheide des Höchstgerichts ausgetauscht, konkret etwa zum Thema Sterbehilfe. Zudem waren in den Unterhaltungen seitens Pilnaceks frauenfeindliche und rassistische Aussagen über Verfassungsrichterinnen gefallen und der Sektionschef hatte davon gesprochen, dass man den VfGH nach Kuba exportieren könnte.
In der türkisen Parallelwelt ist alles klar
Brandstetter stand als Verfassungsrichter schon länger in der Kritik, weil gegen ihn wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt wird. Ihm wird vorgeworfen, eine bevorstehende Hausdurchsuchung an den Milliardenjongleur Michael Tojner verraten zu haben (es gilt die Unschuldsvermutung). Zuletzt ließ er sich krankheitsbedingt am Höchstgericht vertreten, einen Rückzug lehnte er ab. Auch am Donnerstag betonte er seine Unschuld. Klar sei, dass alle nunmehr öffentlich gemachten privaten Unterhaltungen keinerlei belastende Indizien in dem Verfahren enthielten – „im Gegenteil, es wird klar, dass der formulierte Tatverdacht sich entkräftet hat“. Klar ist das nur in der türkis-schwarzen Parallelwelt. In dieser herrscht dieser Tage Panik und Chaos, nachdem der erste Rücktritt erfolgt, und selbst dem verblendedsten türkisen Groupie klar sein müsste, dass weitere auf Dauer unausweichlich sind. Die Frage ist zum Beispiel, wie lange der völlig untragbare Herr Schmid noch als „lame duck“ an der Spitze der ÖBAG belassen wird. Aber auch Finanzminister Blümel ist längst rücktrittsreit, das sehen laut einer jüngst veröffentlichten Umfrage 68 Prozent der Bürgerinnen und Bürger so.