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„Den Herrschenden die Rechnung präsentieren!“

Interview mit Gerhard Dusek, Spitzenkandidat der Partei der Arbeit (PdA) bei der Bezirksvertretungswahl in Wien-Ottakring am 11. Oktober 2020

Du bist Listenerster der PdA-Kandidatur in Ottakring. Was kannst du uns von dir erzählen?

Ich bin 51 Jahre alt, beinahe lebenslänglich überzeugter Ottakringer, zweifacher Familienvater und von Beruf Bibliothekar. Diese Karriere hat sich jedoch erst ergeben, nachdem ich vor neun Jahren am Abendgymnasium für Berufstätige die Matura nachgeholt habe. Ursprünglich habe ich eine Lehre als Kühlmaschinenmechaniker absolviert und war danach bei der Gemeinde Wien im Materialeinkauf tätig. Politisch bin ich seit mehr als 25 Jahren in der Arbeiterbewegung aktiv. Nach einem unbefriedigenden Gastspiel bei der Sozialdemokratie bin ich 1994 der KPÖ beigetreten. Aus dieser wurde ich 2005 ausgeschlossen, als man die Partei von der marxistischen Linksopposition gesäubert hat. Mit anderen Ausgeschlossenen und mehr oder minder freiwillig Ausgetretenen habe ich dann den Ottakringer Arbeiterbildungsverein ins Leben gerufen. Als 2013 die Partei der Arbeit Österreichs geschaffen wurde, gehörte ich zu den Gründungsmitgliedern.

Welche Themenstellungen sind es, die zu deinem politischen Engagement führen?

Alle etablierten Parteien arbeiten dem Kapital in die Hände – und dagegen braucht es organisierten Widerstand. Es braucht Widerstand gegen die Zerstörung des Gesundheitssystems, die uns erst in die schwierige und unsichere Epidemielage gebracht hat; Widerstand gegen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, die von den Grundgesetzen des Kapitalismus selbst verursacht wurde, und deren Lasten nun auf die Arbeitenden und Arbeitslosen abgeladen werden sollen, während die Unternehmen, die Banken und Konzerne mit Milliarden Euro „gerettet“ werden – die Reichen sollen selber für ihre Krise bezahlen; es braucht Widerstand gegen autoritäre und demokratiefeindliche Politikmodelle, gegen Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Muttersprache, Religion, Geschlecht oder privater Orientierung; Widerstand gegen die fortlaufende Verdrängung der Arbeiterklasse und der „sozial Schwächeren“ mittels Verteuerung und Kommerzialisierung ihres Umfeldes und Wohngebietes, was nicht zuletzt in Ottakring ein größer werdendes Problem darstellt; Widerstand gegen die undemokratische EU-Unterordnung und die militaristische NATO- sowie USA-Anbindung; Widerstand gegen die Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel, die Ergebnisse der rücksichtslosen Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt sind; Widerstand gegen Sozialabbau, Lohn- und Arbeitsdruck, Arbeitslosigkeit, Altersarmut, Perspektivlosigkeit der Jugend. Natürlich versprechen dies alle Parteien, doch die Realität lehrt, dass dies nur Lügen und Ablenkungsmanöver sind. Denn all dies hat mit den unverrückbaren Gesetzen des Kapitalismus zu tun, denen sich alle Parteien verschrieben haben. Die PdA spielt da nicht mit, und ich auch nicht.

Warum sollte man seine Stimme der PdA geben?

Eine Stimme für die PdA ist eine Stimme für die Arbeiterklasse. Diese hat keine Lobby und keine Partei – und keine parlamentarische Vertretung. Wir wollen, dass das herrschende System mit all seinen Problemen beseitigt wird, dass die Arbeitenden nicht mehr für die maßlosen Profite und das Luxusleben der Reichen, der Unternehmer, Manager und Politbonzen schuften, sondern selbst das Heft in die Hand nehmen. Hierfür müssen die Arbeitenden und Arbeitslosen selbst für ihre Interessen aktiv werden, sie müssen selbst den Kampf aufnehmen. Die PdA ist nur ein Angebot, diesen Kampf zu führen und zu organisieren, sie wird dies aber nicht stellvertretend, sondern nur mit der Arbeiterklasse tun können. In diesem Sinne ist auch unsere Wahlteilnahme zu verstehen: Eine Stimmabgabe für die PdA wird nicht über Nacht alles ändern, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, in die Richtung des Aufbaus einer kämpferischen Arbeiterbewegung. Eine Stimme für die PdA bedeutet eine Stärkung dieses Kampfes, eine Stimme für die PdA bedeutet die Stärkung der Arbeiterklasse. Mit einer Stimme für die PdA stärken die Arbeitenden und Arbeitslosen letztlich sich selbst und ihre Position in der Gesellschaft. Es ist höchste Zeit, den Herrschenden die Rechnung zu präsentieren. Der Wahltag ist eine Möglichkeit, dies mit einer Stimme für die PdA in aller Deutlichkeit zu tun: Wir lassen uns das nicht länger gefallen! Schluss damit!

Was unterscheidet die PdA von den anderen Parteien?

Bei ÖVP und NEOS ist ohnedies klar, dass es sich um neoliberale Unternehmerparteien handelt, und die FPÖ ist mit ihrer sozialen Demagogie und ihrer Fremdenfeindlichkeit schlussendlich immer nur der verbale Schlägertrupp des Kapitals. Die Grünen mögen in grauer Vorzeit mal einen halblinken Anspruch gehabt haben, heute zeigt sich, dass sie einerseits alle Schweinereien der ÖVP prinzipienlos mittragen, und in Wien, an der Seite der SPÖ, sich nur als Lifestyle- und Bobo-Partie mit moralistischem Verbotsprogramm inszenieren – für die „normalen“, arbeitenden Menschen haben sie keinen Sinn und kein Gespür, und offenbar auch kein Interesse an ihnen. Die SPÖ bemüht sich natürlich, so zu tun, als wäre sie eine Arbeiterpartei mit sozialem Gewissen, das sie insbesondere während Wahlkämpfen plötzlich wiederentdeckt. Die Wahrheit ist aber, dass die Sozialdemokratie schon lange auf der anderen Seite der Barrikade Stellung bezogen hat, sie hat die Arbeiterklasse und ihre Interessen nicht nur einmal verraten. Sie hat selbst Sozialabbau, Privatisierungen, Lohndumping, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und die Durchlöcherung des Bildungs‑, Gesundheits- und Pensionssystems verursacht. In Wien kommt ein undurchsichtiges System der Freunderlwirtschaft, des Bonzentums, des Postenschachers und der persönlichen Bereicherung hinzu. Die SPÖ macht kapitalistische Realpolitik in Komplizenschaft mit den Unternehmern, sie behindert den Klassenkampf. Aber das ist ja auch ihre Aufgabe: Sie soll als trojanisches Pferd die Arbeiterklasse hintergehen und ruhigstellen, gegebenenfalls mit ein paar Almosen abspeisen. Für die PdA ist das zu wenig, um es freundlich zu formulieren. Die PdA ist die Partei des antikapitalistischen Widerstands und des konsequenten Klassenkampfs, sie steht immer auf der Seite der Arbeitenden und Arbeitslosen, der sozial Schwachen und der Diskriminierten. Mit uns gibt es keine windelweichen Kompromisse mit den Ausbeutern, keine permanente Kapitulation gegenüber den „Arbeitgebern“. Wir sagen klar, was Sache ist: Das System der Profitmacherei auf dem Rücken der Arbeiterklasse entspricht nicht den Interessen der überwältigenden Mehrheit der Menschheit, es muss bekämpft und überwunden werden. Man kann es nicht „verbessern“ oder zähmen.

Wie ist der Wahlkampf der PdA verlaufen?

Unsere finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen sind begrenzt. Die herrschenden Parteien verpulvern Millionen an Steuergeldern und Konzernspenden für ihre Propagandashows und Medieninserate, sie haben bezahlte Angestellte, die für sie laufen, sie nützen alle Möglichkeiten, um die Menschen einzukochen. Wir arbeiten finanziell mit unseren Mitgliedsbeiträgen, und wir haben nur unsere ehrenamtlichen Aktivistinnen und Aktivisten. Das befördert unsere Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit, denn wir sind nur der Arbeiterklasse verpflichtet, keinen Geldgebern, keinen Spendern. Aber natürlich bedeutet ein Wahlkampf für uns eine große Herausforderung, bei der umso mehr alle Kräfte mobilisiert werden müssen. Dies ist uns bislang ganz gut gelungen, wir haben tausende unserer Materialien verteilt, Infotische und Verteilaktionen gemacht, auf der Straße Gespräche geführt, unsere Plakate geklebt und das Ganze auch in unseren Parteimedien sowie auf unseren Social-Media-Kanälen begleitet. Man könnte sagen, wir haben alles getan, was wir tun können, doch entspricht so etwas natürlich nicht unserer Herangehensweise. Es gibt immer etwas zu verbessern, und daran werden wir arbeiten. Unterm Strich denke ich aber, dass wir schon einiges geleistet haben, was uns viele nicht zugetraut hätten.

Was sind eure Wahlziele?

Unser erstes Ziel haben wir bereits durch die Wahlteilnahme erreicht. Wir verstehen diese und den Wahlkampf als eine Möglichkeit, die Menschen über die politische, soziale und gesellschaftliche Situation zu informieren, Kontakte zu knüpfen und ins Gespräch zu kommen. Je besser, umfangreicher und nachhaltiger dies gelingt, desto erfolgreicher waren unsere Aktivitäten. Wir fordern im Gegensatz zu den anderen Parteien die Menschen ja nicht einfach auf, einmal alle fünf Jahre ihre Stimme abzugeben, sondern ihre Stimmen zu erheben, selbst aktiv zu werden. Der repräsentative Parlamentarismus in Österreich hat klare Grenzen, in Wirklichkeit wird er von einer massiv überbezahlten Politikerkaste dominiert, die nur ihre eigenen Vorteile und die ihrer Geldgeber im Blick hat. Die Interessen des Volkes, insbesondere der Arbeiterklasse, kommen da immer unter die Räder, denn die eigentliche Macht liegt beim Kapital. Daher müssen die Menschen selbst für ihre Interessen aktiv werden, wobei wir anbieten, sie dabei zu unterstützen. Darum geht es für uns. In den Parlamenten werden nur bereits ausgemauschelte Entscheidungen durchgewunken, wobei alle Wahlversprechen schnell vergessen und gebrochen sind. Keine Partei wird in den Parlamenten, nicht im Nationalrat, nicht im Gemeinderat und nicht in den Bezirksvertretungen, stellvertretend für die Arbeiterklasse deren Probleme lösen, sondern sie werden nur neue schaffen. Insofern ist unser Wahlziel die Aufklärung, Mobilisierung und Organisierung der Arbeiterklasse. Wie viele Stimmen wir am 11. Oktober erreichen, ist dabei nur ein Durchgangspunkt, eine Bestandsaufnahme, die neben anderen Indikatoren zeigen kann, welche Fortschritte dabei gemacht wurden. Wir setzen uns keine zahlenmäßigen Ziele, sondern organisatorische und inhaltliche.

Was könnte ein Bezirksrat der PdA bewirken?

Wir versprechen den Menschen nicht, dass wir als gewählte Mandatare für sie dies oder jenes umsetzen oder durchsetzen würden. Das wäre unrealistisch und unehrlich. Wir versprechen lediglich, dass wir den Klassenkampf gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung konsequent fortführen werden – und dieser Kampf wird nicht in irgendwelchen Parlamenten gewonnen. Für uns würde ein Mandat die Möglichkeit bedeuten, den Herrschenden der bürgerlichen Systemparteien und des Kapitalismus lästig zu sein, ihnen keine Ruhe zu lassen bei ihren dubiosen Machenschaften, und gleichzeitig die Bevölkerung aus erster Hand und mit aller Transparenz zu informieren. Ein Bezirksrat der PdA hätte die Aufgabe, in der parlamentarischen Praxis aufzuzeigen, wie die Mächtigen gegen die Interessen des Volkes und der Arbeiterklasse handeln. Er würde seine Funktion dafür nützen, Einsichten zu vermitteln, Anliegen der Bevölkerung politisch und medial möglichst zu verstärken und den außerparlamentarischen Kampf zu organisieren. Ein PdA-Mandatar hätte nicht die Aufgabe, als Mehrheitsbeschaffer oder Steigbügelhalter für irgendwelche Koalitionen herzuhalten, als reformistischer und opportunistischer Unterhändler zu agieren, sondern er stünde in klarer Opposition zu den Herrschenden, d.h. zum Kapital und all seinen Parteien, von Blassrosa bis Blau mit schwarz-rot-goldenem Einschlag. Unser Oppositionsstandpunkt ist jener der Arbeiterklasse, die sonst keine Lobby hat. Es ist der Standpunkt des Antikapitalismus und Antiimperialismus. Trotzdem bedeutet das nicht, dass auch unsere Mandatare bei sinnvollen Beschlüssen, die es bisweilen gerade auf niedrigeren Ebenen auch geben mag, nicht mitziehen würden – in Niederösterreich ist das ja seit den Gemeinderatswahlen vom Jänner dieses Jahres, wo wir im Weinviertel einen kleinen, aber durchaus bemerkenswerten Erfolg verbuchen konnten, bereits der Fall.

Was machst du am 12. Oktober?

Der Montag nach dem Wahlsonntag wird ein normaler Werktag sein, also werde ich wie gewohnt meiner Lohnarbeit nachgehen. Daneben werden wir in der PdA unsere Kampagne und unser Ergebnis auswerten und die nächsten Schritte planen. Denn klar ist: Ob mit oder ohne Bezirksratsmandat – die PdA wird weiterhin als klassenkämpferische Kraft der Arbeitenden und Arbeitslosen präsent und aktiv sein, denn wir sind ja kein punktuelles Wahlprojekt, sondern eine revolutionäre Arbeiterpartei. Insofern hat sie bestimmte allseitige Aufgaben übernommen, weswegen die Wahlteilnahme weder unsere Tätigkeiten unterbrochen hat, noch werden diese durch den Urnengang beendet. Im Gegenteil: Wir werden unsere Anstrengungen weiter verstärken, nicht nur in Ottakring, sondern in ganz Wien sowie in den anderen Bundesländern. Die PdA ist daher auch die Partei für den Tag nach den Wahlen, wenn es darum gehen wird, den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Politik der Herrschenden, egal welcher Coleur, fortzusetzen, zu organisieren und in die Betriebe, Ausbildungsstätten, Bildungseinrichtungen sowie auf die Straße zu tragen. Das ist unsere eigentliche Aufgabe – und dieser werden wir uns stellen. Mit der Klasse, für die Klasse.

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