Mit 56 Prozent der Stimmen wurde Alexander Van der Bellen als Bundespräsident wiedergewählt. Für einen Kandidaten, der mehr oder minder die Unterstützung von vier der fünf Parlamentsparteien hatte, ist das ein schwaches Ergebnis.
Wien. Der amtierende Bundespräsident Alexander van der Bellen, der ein „Vertreter des kapitalfreundlichen, EU- und US-hörigen Establishments“ ist, wie die Partei der Arbeit in ihrer Stellungnahme zur Bundespräsidentenwahl schrieb, wurde bei der Wahl am 9. Oktober für weitere sechs Jahre im Amt bestätigt. Laut letzter Hochrechnung von Sonntagabend erreichte er etwa 56 Prozent der Stimmen, und muss damit nicht in eine zweiten Wahlgang.
Wenn man bedenkt, dass vier von fünf Parlamentsparteien zugunsten Van der Bellens auf einen eigenen Kandidaten verzichtet haben, ist das Ergebnis nicht gerade großartig. Dazu kommt eine Wahlbeteiligung von gerade einmal 66 Prozent, so dass der alte und neue Präsident ohne nur von einem starken Viertel der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt wurde.
„Wir sind die Guten“, Politik ohne Positionen, aber gut für den Umsatz
Das System der Wahldemokratie zelebriert den Sieger, ohne zu hinterfragen, dass immer mehr Menschen mit dieser Art von Politik nichts anfangen können, oder ihr ganz den Rücken zugekehrt haben. Viele sind auch bereits mit den Sorgen und Nöten des täglichen Lebens so eingedeckt, dass ihnen das, was auf der Bühne als Politik dargestellt wird, schlicht egal ist. Etwas zu erwarten haben sie davon ohnehin nicht.
So verwundert es auch nicht, dass außer dem FPÖ-Kandidaten Walter Rosenkranz, der knapp 18 Prozent der Stimmen erhielt auch noch allerlei komische Figuren aus dem rechten Lager Stimmen einsammeln konnten.
Mit 8,4 Prozent der abgegebenen Stimmen schnitt der Musiker, Arzt und Unternehmer Dominik Wlazny alias Marco Pogo sehr gut ab, und wird damit voraussichtlich den dritten Platz erreichen, in der Bundeshauptstadt Wien ist sogar der zweite Platz möglich. Wlazny sprach am Wahlabend davon, dass er mit seinem Antreten zur Bundespräsidentenwahl vor allem die Jugend für Politik begeistert habe. Diese seine Aussage ist jedoch zu hinterfragen. Denn Wlazny steht für eine Politik, die ausweicht, kaum Positionen einnimmt, und ein bestimmtes „feeling“ von „wir sind die Guten“ transportiert, nicht mehr. Das ist aber keine Ermunterung dazu, sich zu organisieren und die Gesellschaft zu verändern. Dem Umsatz von Band, Merchandising und Biermarke „Turbobier“, also der Firma von Wlazny wird die Kandidatur aber in jedem Fall einen ordentlichen Schub gegeben haben.
Wie schrieb die PdA in ihrer Stellungnahme zur Bundespräsidentenwahl: „Abseits dieser Feststellungen gilt bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022 das Gleiche wie bei allen anderen Wahlen, wo den revolutionären, klassenkämpferischen Kräften (noch oder grundsätzlich) die Möglichkeiten fehlen: Man muss sich diese durch Aufbau und Organisierungen selbst schaffen. In diesem Sinne: Die Stimme nicht abgeben, die Stimme erheben! Für die Schaffung einer revolutionären, antiimperialistischen, antikapitalistischen Kraft, einer organisierten Gegenmacht gegen das Österreich und das EUropa der Banken, Konzerne und Militärs!“
Quelle: orf.at