Der Donaustädter Bezirksvorsteher und drei weitere SPÖ-Mandatarinnen sollen sich über die Umwidmung einer Kleingartensiedlung bereichert haben. Bei der Staatsanwaltschaft liegt eine Anzeige vor – es gilt die Unschuldsvermutung…
Wien. Im 22. Wiener Gemeindebezirk, der Donaustadt, enthüllt sich gegenwärtig ein handfester sozialdemokratischer Skandal – und der geht so: SPÖ-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy kaufte im Sommer 2020 ein Grundstück in der Kleingartensiedlung Breitenlee am zweiten Krcalgrubenteich, wo lediglich eine Badehütte von maximal 30 Quadratmetern zulässig war. Ein Jahr später kam es im Wiener Gemeinderat jedoch zur Umwidmung der Schrebergartengrundstücke: Nun handelt es sich um vollwertiges Bauland, auf dem die Errichtung mehrstöckiger Wohnhäuser erlaubt ist. Der Wert von Nevrivys Seegrundstück hat sich dadurch schlagartig verdoppelt. Der Verdacht liegt nahe, dass man sich hier durch Insiderwissen bereichert hat.
Doch damit ist es nicht genug, denn die SPÖ-Familie macht keine halben Sachen: Es sind noch weitere Personen mit sozialdemokratischem Parteibuch und politischen Funktionen involviert, die von der Wertsteigerung profitiert haben. Julia Lessacher, heute stellvertretende Bezirksvorsteherin von Mariahilf, hat sich in der fraglichen Kleingartensiedlung ebenfalls ein Grundstück gesichert, nämlich schon 2016 – im Vertrag ist sogar von einer möglichen Umwidmung die Rede. Lessacher scheint auch als Verbindungsfrau zwischen dem Kleingartenverein, dessen stellvertretende Obfrau sie inzwischen ist, dem Wiener Rathaus und der Donaustädter Bezirksvorstehung um Nevrivy fungiert zu haben.
Astrid Rompolt, Wiener Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin für die SPÖ, hat ebenso in der Breitenleer Schrebergartensiedlung ein Grundstück mit Seezugang erworben. Sie war sogar anwesend, als im Gemeinderat im November 2021 die Umwidmung und somit Aufwertung u.a. ihres eigenen Grundstückes beschlossen wurde, ja sie hat sogar ungeniert selbst dafür gestimmt. An Unvereinbarkeit oder die Notwendigkeit einer Offenlegung dachte Rompolt nicht. Die vierte im Bunde ist Andrea Bayr, seit 2002 Nationalratsabgeordnete der SPÖ. Sie konnte sich mit ihrem üppigen Gehalt als Parlamentarierin gleich zwei Grundstücke im fraglichen Kleingartenverein leisten – und eines davon will sie inzwischen auch wieder verkaufen, mit einem entsprechenden goldenen Profit durch die Umwidmung.
Mittlerweile ist auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit der Causa befasst, wobei gänzlich unklar ist, ob es zu tatsächlichen Ermittlungen oder gar Anklagen kommt. Das spielt aber auch eine nebensächliche Rolle: Denn auch wenn alles als „juristisch korrekt“ dargestellt werden könnte, so handelt es sich moralisch um eine letztklassige Vorstellung der SPÖ. Andreas Bablers sozialer Rekurs auf „unsere Leut‘“ bekommt plötzlich einen anderen, sehr unangenehmen Beigeschmack: Geht es der Sozialdemokratie dabei womöglich gar nicht um die Arbeiterklasse, sondern nur um die ehrenwerte SPÖ-Familie und um Vorteile für ihre eigenen Berufsfunktionärsbonzen?
Quelle: Der Standard