Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)
Die in der Nacht vom 27. auf den 28. Jänner erfolgten Abschiebungen von österreichischen Schulkindern in die Herkunftsländer ihrer Eltern verdeutlichen abermals die Perversion der hiesigen Asyl- und Fremdengesetzgebung sowie des Vollzuges. Man weiß jetzt: Es reicht nicht, bestens „integriert“ zu sein, es reicht nicht, sogar in Österreich geboren und aufgewachsen zu sein, es reicht nicht, wenn die Mitschülerinnen und ‑schüler an die Regierung appellieren. Die gesamte Verlogenheit der politisch Verantwortlichen kommt zum Vorschein, die ganze unchristliche Unmenschlichkeit der ÖVP, die pure Heuchelei der grünen Rückgratlosigkeit. Es ist, nach der skandalösen Haltung gegenüber den Flüchtlingen auf Lesbos und am Balkan, die nächste bodenlose Schweinerei einer Regierung, die ansonsten durch Unfähigkeit, Schummelei und Ignoranz glänzt. Aber für die Abschiebung von Kindern mittels martialischen Polizeisonderkommando mit Hundestaffel reicht’s noch.
Und wieder einmal ist es so: Niemand hat sich von der herzlosen ÖVP-Partie um Sebastian Kurz etwas Anderes erwartet – dieselben Leute waren ja bedenkenlos mit der Strache-FPÖ in einer Regierung, mit Kickl als Innenminister. Auf den Fahnen der Grünen standen aber immer Humanismus, Anstand und Menschenrechte, der Schutz von Flüchtlingen und Migranten – dafür wurden sie gewählt. Für ein paar Regierungsposten und ‑gehälter inklusive angehängter gut dotierter Pöstchen war und ist man bei den Grünen aber bereit, alles über Bord zu werfen. Die Grünen betreiben als Regierungspartei jetzt faktisch das Geschäft der FPÖ, es gibt keinen substanziellen Unterschied. Die Begründung für die Koalition mit der ÖVP, man müsse die FPÖ verhindern, zieht nicht mehr, denn die Grünen machen nichts besser. Und jetzt verpassen sie sogar noch die Chance, wenigstens die Schnauze zu halten. Kogler, Anschober, Maurer (und VdB) geben sich betroffen, doch das will niemand mehr hören: Es ist Heuchelei. Wer aus solchen Untaten keine Konsequenzen zieht, ist zurecht das Schoßhündchen von Kurz. Diese unmenschlichen Hosenscheißer verdienen keinerlei Vertrauen mehr – und sie mögen uns nun doch wenigstens mit ihren dummen wie dreisten Ausreden verschonen. Doch die Grünen sind eben angekommen im politischen Establishment. Da ist kein Platz für Prinzipien und Menschlichkeit, nur für Machterhaltung und Selbstzweck – koste es, was es wolle.
Höchst empört ist auch die SPÖ über die Abschiebungen. Natürlich, das ist in der Opposition ja auch leicht. Als man in der Regierung war – und sogar den Kanzler stellte –, war man aber auch nicht besser: Die SPÖ hat gemeinsam mit der ÖVP und FPÖ die gegenwärtige Rechtslage bei den Asyl- und Fremdengesetzen zu verantworten – und eine ganze Reihe von Abschiebungen Minderjähriger, von brutalen Härtefällen, von Todesfällen. Auch das sollte man nicht vergessen, wenn sich die Sozialdemokratie jetzt als Verteidigerin des Humanismus und des Kindeswohls inszeniert. Ihre Glaubwürdigkeit ist, gelinde gesagt, nicht gerade die beste. Fast müsste man der SPÖ in ihrem eigenen Interesse wünschen, dass sie niemals wieder in die Regierung kommt. Aber im Ernst: Dies zeigt, dass in Österreich mehr im Argen liegt als nur die Moral der gegenwärtigen Regierungskonstellation. Wir leben in einer Gesellschaft, wo der Mensch wenig zählt – und daran sind alle Parteien des bürgerlich-kapitalistischen Systems beteiligt.
Es ist voller Schande und Niedertracht, was in der Nacht auf Donnerstag passiert ist. ÖVP und Grüne haben Herz, Hirn und Masken endgültig abgelegt, und damit auch ihr Menschsein. Denn Menschen tun so etwas nicht – und sie tun alles, um es zu verhindern. Kurz und Kogler könnten sich bei den demonstrierenden (und von der Polizei brutal entfernten) Schülerinnen und Schülern informieren: Eine wahrhaft menschliche Gesellschaft sieht anders aus.
Am 27. Jänner war der internationale Gedenktag für die Opfer des Holocausts. Diesen kann man auf sehr unterschiedliche Weise begehen. Die österreichische Regierung feierte ihn mit der gewaltsamen Deportation schutzsuchender Kinder. Man kann nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte.