Die NEOS propagieren die Abschaffung der Kammern und die ungenierte Förderung von Kapitalinteressen. Sie geben sich modern, wollen ein effizienteres Bildungssystem und weniger Korruption und ergänzen damit die alte Tante ÖVP.
Wien. Wozu braucht es NEOS? Die Partei unterscheidet sich etwa von der ÖVP dadurch, dass sie Kapitalinteressen reinsten Wassers im modernen Gewand vertreten kann, ohne die alten Zöpfe Kirche und Bauernbund und ohne den Neoliberalismus bremsende Faktoren wie ÖAAB und Pensionisten zu haben.
Das attraktive an den pinkfarbenen NEOS ist aus Sicht der Unternehmer, dass sie mit ihrem vermeintlichen Modernismus alte Ladenhüter der Kapitalinteressen in schönerer Verpackung präsentieren können. Nehmen wir das Beispiel Pensionen. An mehreren Stellen im Programm der NEOS kommen immer wieder Stichworte wie „Aktienpension“ oder „private Vorsorge“. Nicht zufällig haben große Versicherer ähnliche Ideen. Erst vor kurzem trat der ehemalige ÖVP-Finanzminister und jetztige CEO der Vienna Insurance Group (früher Wiener Städtische), Hartwig Löger, dafür ein, dass es steuerbegünstigte private Pensionsvorsorge geben soll. Das geht so: Die Versicherer verkaufen Pensionsprodukte, die in Fonds angelegt sind und zu einem Gutteil aus Aktien und Anleihen bestehen. Die Idee hatte schon der in erster Instanz zu einer Haftstrafe verurteilte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Es stellte sich bloß heraus, dass in der Regel gerade einmal das eingezahlte Kapital übrigblieb, eine Wertsicherung – die bei der gesetzlichen Pensionsversicherung durch die jährlichen Pensionserhöhungen gegeben ist – aber nicht stattfand. Die Aktien warfen nicht das ab, was man vorher angepriesen hatte. Der Aktienmarkt ist Spekulation, und damit sollte die Pensionsvorsorge der arbeitenden Menschen gar nichts zu tun haben.
Abschaffung der Kammern
Apropos Spekukation: NEOS will die Kapitalertragssteuer (KEST) auf Kursgewinne am Aktienmarkt abschaffen. Die großen Fische, die ohnehin noch genug andere Möglichkeiten der Steuervermeidung haben, sollen also keine KESt zahlen, während vom Sparbüchl der kleinen Leute 25 Prozent der ohnehin mickrigen Zinsen an den Staat wandern.
Ein weiteres Thema der NEOS sind die Lohnnebenkosten. Damit sind die Sozialversicherung und die Lohnsteuer gemeint. Wer soll die ausfallenden Sozialversicherungsbeiträge dann aufbringen oder die Einnahmenausfälle des Staates (wobei gegen eine Senkung der Lohnsteuer für die unteren und mittleren Einkommenschichten gar nichts einzuwenden ist)? Die Reichen nicht, denn die wollen NEOS ganz bestimmt nicht höher besteuern.
Die Kammern will man (in trauter Eintracht mit der FPÖ) abschaffen. Das würde den Unternehmern und den Großagrariern bei Verlust der Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer wenig ausmachen, denn sie haben genug andere Möglichkeiten, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Die Abschaffung der Arbeiterkammer würde aber die ArbeiterInnen und Angestellten hart treffen. Nicht nur wegen der Rechtsberatung und dem Konsumentenschutz, die es dann nicht mehr gäbe, sondern auch wegen der Expertise, die von den Fachleuten der AK ausgearbeitet wird und schließlich der Selbstverwaltung, die sich in den AK-Wahlen ausdrückt.
NEOS sind was für hippe Neoliberale, Entrepeneure, und solche, die es noch werden wollen. Sie treten zweifellos für eine weniger korrupte Republik und für ein effizienteres Schulsystem ein, aber auch hier geht es um maximale Verwertbarkeit im Dienste des Kapitals.
Quelle: NEOS