Ein Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit (PdA).
Donald Trump und Benjamin Netanjahu haben also ihren „20-Punkte-Friedensplan“ für den Gazastreifen präsentiert. Unterdessen geht der barbarische Krieg Israels gegen die Bevölkerung des Gazastreifens unvermindert weiter. Allein am Tag nach der Präsentation, also am Dienstag, 30.09., wurden von der israelischen Armee 59 Menschen in Gaza getötet. Der Terror gegen die Bevölkerung der Westbank hält ebenso an. Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten kritisierte die Festnahme eines Fünf- und eines Sechsjährigen durch die israelische Armee: „Jeden Tag werden Kinder von israelischen Streitkräften getötet, verletzt oder willkürlich inhaftiert“. Die Hungersnot in Gaza tötet täglich Menschen, um sie noch zu verschlimmern, hat Israel eine Wasserpipeline bombardiert.
Trumps Plan ist vage und ohne Zeitplan. Vor hebräischsprechendem Publikum sagte Ministerpräsident Netanjahu Stunden nach seinem Auftritt mit Trump, dass er nicht die Absicht habe, die israelischen Truppen aus Gaza abzuziehen, oder einen palästinensischen Staat anzuerkennen. „Auf keinen Fall, das passiert nicht“, sagte er in einem Video, das auf seinem persönlichen X‑Account veröffentlicht wurde. Bereits in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Donald Trump lehnte Netanjahu die Schaffung eines palästinensischen Staates und den Rückzug Israels in die Grenzen von 1967 ab, obwohl beides in Trumps Vorschlag, wenn auch in sehr vager Form, vorgesehen ist.
Die 20 Punkte können so zusammengefasst werden: Die Hamas soll sich auflösen und die Geiseln freilassen, Israel wird dann vielleicht aus Teilen des Gazastreifens abziehen und Gefangene freilassen. Die Kampfhandlungen sollen eingestellt und Gaza unter eine fremde Verwaltung gestellt werden, die von Trump selbst und dem Irak-Kriegsverbrecher und ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair geleitet wird. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens sind in diesem Plan Objekte, nicht Subjekte. Es wird ihnen zumindest in Aussicht gestellt, dass sie nicht in die von Israel geplanten Konzentrationslager gesteckt werden, und Lebensmittellieferungen von Hilfsorganisationen wieder aufgenommen werden können.
Die USA, arabische und internationale „Partner“ sollen eine Art Polizei- und Militärfunktion übernehmen und künftige palästinensische Sicherheitskräfte ausbilden. Es liest sich so, als wäre diese Truppe eine langfristige Absicherung für die wirtschaftlichen Aktivitäten, die Trump und seine Kumpane in Gaza planen. In dem Abkommen ist von einem Trump-Plan zur wirtschaftlichen Entwicklung und einer Sonderwirtschatszone die Rede. Hier ist sie also wieder: Trumps Idee von der Riviera des Nahen Ostens. Geschäfte und Profite sind es, die Truimp antreiben, und nicht umsonst war sein Schwiegersohn Jared Kushner in die ganze Sache tief involoviert. Er hat angeblich schon seit längerem Pläne für die Errichtung von Hotelanlagen und anderen Immobilien an der Gaza-Küste in der Schublade. Hier geht es ums Geschäft, das ist nichts Persönliches.
Den Bewohnern von Gaza, die Netanjahus Genozid überleben, wird wahrscheinlich die Rolle der Dienstboten in den US-amerikanischen Reichenressorts zugedacht werden. Diesen Friedensplan kann niemand ernst nehmen, der den Palästinensern ihren eigenen Staat, in dem sie die eigenen Herren sind, zugestehen will. Profitgier auf der einen – der US-amerikanischen – Seite und die Absicht, den Krieg unter diesem Abkommen und allen möglichen Vorwänden der Nichterfüllung von Pflichten der palästinensichen Seite fortzusetzen, also Mordlust auf der anderen Seite, sind die Leitplanken dieses Plans. Netanjahu hofft damit wohl auch einer internationalen Verfolgung für seine Verbrechen zu entgehen. Das wird aber hoffentlich nicht passieren. Der überwiegende Teil der Welt, das hat die UNO-Vollversammlung gezeigt, ist heute auf Seiten der Menschen in Gaza, und es wird Staaten geben, die seine und Israels Anklage vor IGH und IStGH weiter betreiben werden. Mindestens ebenso wichtig ist aber, dass die weltweite Solidaritätswelle mit Gaza weitergeht.
Link zum Text des 20-Punkte-Plans: Al Jazeera