Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Staatenblock Mercosur—nach jahrzehntelangen Verhandlungen einer der größten Handelspakte der Welt—ist vorläufig gescheitert. In den letzten Tagen blockierten mehrere EU-Mitgliedstaaten den Abschluss, sodass ein Abkommen auf unbestimmte Zeit verschoben ist. Für viele progressive Kräfte ist dies kein Rückschlag, sondern ein bedeutender Erfolg im Kampf gegen neoliberal gelenkte Globalisierung und kapitalistische Ausbeutung.
Die Struktur des Mercosur-Deals wäre klassisch neoliberal gewesen: Zölle und Handelsbarrieren für industrielle Produkte und Agrarimporte wären weitgehend abgeschafft worden, um den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu „liberalisieren“ und multinationalen Konzernen neue Profitchancen zu eröffnet.
Doch hinter diesem Euphemismus verbirgt sich ein brutales Klassenprojekt:
- Arbeitsplätze in Produktion, Landwirtschaft und Industrie wären zugunsten globaler Konzerne gefährdet worden, die Lohndumping und prekäre Beschäftigung als „Wettbewerbsvorteil“ nutzen.
- Kleine und mittlere Betriebe hätten nicht mit den globalen Großunternehmen konkurrieren können, die Produktion und Wertschöpfung unter Bedingungen organisieren, die weit unter jenen Standards liegen, die Arbeiter*innen erkämpft haben. Der schon vorhandene Druck ist bereits jetzt sehr heftig.
- Die Angleichung an niedrigere soziale Standards hätte Druck auf Löhne, Arbeitszeiten und Mitbestimmungsrechte ausgeübt—in Europa wie in Lateinamerika.
Statt eine „faire Partnerschaft“ zu schaffen, hätte der Deal die neoliberale Tendenz verstärkt, Arbeitende als bloße Kostenfaktoren zu behandeln, denen der Zugang zu gerechten Arbeitsbedingungen und kollektivem Schutz verweigert wird.
Klimazerstörung und die Rolle indigener Völker
Auch die Umwelt hätte unter dem Mercosur-Abkommen massiv gelitten—und mit ihr die oft am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen: Indigene Völker und lokale Kleinbäuerinnen und Kleinbauern
Kritikerinnen und Kritiker warnen, dass durch einen Zollabbau Billigexporte aus dem Mercosur-Block, etwa Soja und Rindfleisch, in die EU vor allem in großindustriellen Monokulturen produziert würden, die riesige Regenwaldflächen zerstören. Dies bedroht nicht nur das Klima, sondern auch die Lebensgrundlagen der indigenen Gemeinschaften und die globale biologische Vielfalt.
Die Ausweitung agrarischer Großprojektionen geht historisch oft einher mit Landnahme, Gewalt und Entrechtung der indigenen Bevölkerung – eine Fortsetzung kolonialer Strukturen, bei denen Macht und Ressourcen in den Händen weniger Finanzkapitalisten liegen.
Das kapitalistische Motiv hinter dem Scheitern
Was auf den ersten Blick wie ökologische oder agrarpolitische Bedenken erscheinen mag, zeigt bei genauerer Betrachtung tiefer liegende Widersprüche des kapitalistischen Welthandels auf:
- Während transnationale Konzerne an einer permanenten Ausweitung von Märkten interessiert sind, stoßen sie auf wachsenden Widerstand von unten—von Arbeitendenbewegungen, Umweltgruppen und indigenen Bewegungen gleichermaßen.
- Die Kritik an Mercosur kommt nicht nur aus ökologischen Kreisen, sondern auch aus politischen Organisationen, die ein anderes Verständnis von Internationalismus haben und freie Handelsabkommen als Instrumente der neoliberalen Hegemonie ablehnen.
Die blinde Öffnung der Märkte führt in der kapitalistischen Logik dazu, dass Gewinne maximiert werden auf Kosten von Natur, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechten und sozialer Gerechtigkeit. Die Ablehnung des Mercosur-Deals zeigt, dass dieser Widerspruch nicht mehr ignoriert werden kann—und dass ein alternatives Modell des internationalen Handels erforderlich ist, das dem Schutz von Mensch und Umwelt Vorrang vor Profitlogik einräumt.
Ein Sieg, aber kein Ende der Auseinandersetzung
Die Verschiebung oder mögliche Ablehnung des Mercosur-Abkommens sollte als Startpunkt tieferer Kritik verstanden werden—nicht als bloßer politischer Sieg. Denn das kapitalistische System beruht auf grenzenloser Ausbeutung von Arbeitskraft, Natur und marginalisierten Völkern. Daher werden neue Abkommen und Globalisierungsstrategien immer wieder diese Dynamiken reproduzieren. Die Auseinandersetzung um Mercosur zeigt: Kämpfe um Handelsabkommen sind Klassenkämpfe—zwischen den Interessen multinationaler Konzerne und den Rechten der arbeitenden Mehrheit, zwischen kurzfristigen Profitinteressen und langfristigen globalen Überlebensfragen. eine solidarische Weltwirtschaft gleichberechtigter Völker kann es erst geben, wenn die kapitalistische Profitwirtschaft überwunden ist.
Quellen: Welt/ greenleft/gerechter-welthandel





















































































