Bei Experimenten in den 1960er und 1970er Jahren wurde zu dermatologischen Forschungszwecken Gefangenen Pestizide und Herbizide in ihre Venen injiziert. Eine interne Untersuchung deckt auf.
San Francisco. Die Universität von Kalifornien, San Francisco (University of California San Francisco – UCSF), hat eine interne Untersuchung über vergangene unethische medizinische Experimente an Gefangenen durchgeführt. Dabei deckte sie auf, dass an mindestens 2.600 inhaftierten Männern in den 60er und 70er Jahren solche Menschenversuche durchgeführt wurden. Im Zuge dieser Experimente wurden den menschlichen Versuchskaninchen u.a. Pestizide und Herbizide auf die Haut aufgetragen und in ihre Venen injiziert. Bei einem anderen Experiment wurden Käfige mit Moskitos in der Nähe der Arme der Teilnehmer oder direkt auf ihrer Haut platziert, um die Anziehungskraft von Menschen auf Stechmücken zu analysieren.
Informationen über Zustimmung zu den Menschenversuchen fehlen
Howard Maibach und William Epstein, zwei Dermatologen, hatten die Experimente in der California Medical Facility, einem Gefängniskrankenhaus in Vacaville, durchgeführt. Sie wiederum waren an der Universität von Pennsylvania von Albert M. Kligman ausgebildet worden, einem bekannten Dermatologen, der von den 50er bis in die 70er Jahre im Holmesburg-Gefängnis in Philadelphia unethische Forschungen an Gefangenen, zumeist Schwarzen, durchführte.
Obwohl die Inhaftierten von Epstein und Maibach für ihre Teilnahme bezahlt wurden, warf die Untersuchung natürlich ethische Bedenken hinsichtlich der Art und Weise auf, wie die Forschungen durchgeführt wurden. In vielen Fällen gab es keine Aufzeichnungen über eine Zustimmung der Gefangenen.
„Nur in einer der verbleibenden 13 Veröffentlichungen wurde angegeben, dass die Einwilligung der sieben Probanden eingeholt und die Studie vom UCSF-Ausschuss für Forschung am Menschen genehmigt worden war“, heißt es dazu etwa im Bericht.
Sowohl Kligman als auch Epstein sind verstorben, während Maibach derzeit noch ein aktives Mitglied der UCSF-Fakultät ist. Arthur Caplan, Professor für Bioethik an der New York University’s Grossman School of Medicine, gab zu bedenken, dass die informierte Zustimmung der wichtigste Schutz gegen unfreiwillige Experimente darstellt:
„Die Zustimmung ist Ausdruck des grundlegenden Respekts vor der Würde und der Autonomie der Person“, sagte Caplan. Er fügte hinzu, dass der Nürnberger Kodex von 1947 festlegt, dass die freiwillige Zustimmung des menschlichen Subjekts absolut notwendig sei.
Eine Entschuldigung ist nicht genug
Der Vizerektor der UCSF, Dan Lowenstein, entschuldigte sich offiziell nach der Veröffentlichung der Untersuchung für das begangene Verbrechen:
„Die UCSF entschuldigt sich für die eindeutige Rolle, die sie bei der Schädigung der Versuchspersonen, ihrer Familien und unserer Gemeinschaft durch die Ermöglichung dieser Forschung gespielt hat, und erkennt die implizite Rolle der Institution bei der Aufrechterhaltung der unethischen Behandlung gefährdeter und unterversorgter Bevölkerungsgruppen an – ungeachtet der rechtlichen oder wahrnehmungsbezogenen Standards der damaligen Zeit“.
Bedienstete und ehemalige Angestellte der UCSF äußerten sich diesbezüglich dahingehend, dass eine „Entschuldigung nicht genug“ sei und dass der darin involvierte noch lebende Wissenschaftler „sofort entlassen“ werden müsse.
Quelle: teleSUR