In Oberösterreich ist die Corona-Situation besonders kritisch. Mit zwischen 1.000 und 1.500 täglichen Neuinfektionen hat das Bundesland zurzeit die meisten Fälle zu beklagen. Steigen die Zahlen weiter, droht der sanitäre Kollaps.
Linz. Während die Zahl der Neuinfektionen am Dienstag mit 1.183 etwas niedriger als an den Vortagen war, stieg die Zahl jedoch in Alters- und Pflegeheimen. Zuletzt wurden 17 Todesfälle in Oberösterreich im Zusammenhang mit dem Coronavirus gemeldet. Rund 13.815 Menschen gelten in Oberösterreich als infiziert, 900 wurden im Krankenhaus untergebracht, 101 davon befinden sich auf Intensivstationen. Im Durchschnitt bleiben Patientinnen und Patienten zehn bis vierzehn Tage auf der Intensivstation. Auch wenn in Oberösterreich die Zahl der Intensivbetten in den letzten Monaten vergrößert wurde und 50 weitere Betten noch dazukommen sollen, ist die Situation laut Experten nicht klar einzuschätzen. Würden die Zahlen unkontrolliert steigen, wäre angesichts des akuten Personalmangels ein Kollaps des Systems zu befürchten.
Steigen die Fallzahlen weiter an, reicht die Kapazität nicht mehr aus
„Wenn man von der bekannten 100/10/1 Regel ausgeht, dass bei 100 Erkrankten 10 Spitalspatienten und 1 Intensivpatient zu erwarten seien, dann kann man sich ausrechnen, dass bei etwa 1000 bis 1500 Neuinfektionen pro Tag rund 10 bis 15 Patienten auf Intensivbetten eingeliefert werden.“, meint diesbezüglich der Universitätsprofessor und Vorstand der Intensivmedizin am Kepler Universitätsklinikum Jens Meier. Auch wenn derzeit noch keine Triage (eine Situation, in der sich die ärztliche Fachkraft für einen von zweien Patienten entscheiden muss) notwendig sei, könne man berechnen, dass bei gleichbleibenden Fällen mindestens 150–200 Betten mehr benötigt würden. Gesetzt den Fall, die Fallzahlen würden noch weiter steigen, wäre die Kapazitätsleistung der Spitäler aber gänzlich ausgeschöpft.
Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat mittlerweile die Anschaffung von weiteren 50 Betten angekündigt, womit die Zahl von 200 Intensiv- und Beatmungsplätzen, die nur für CoViD-19-Patientinnen und ‑Patienten zur Verfügung stünden, erreicht wäre. 113 an Corona Erkrankte befinden sich bereits (Stand Mittwoch) auf oberösterreichischen Intensivstationen. Zu mehr Intensivbetten wird es laut Stelzer nicht kommen: „Dann sind die Möglichkeiten aber ausgeschöpft“
Verminderung der Behandlungsqualität durch fehlendes Personal
„Die Situation hat auch das Potential, sich sehr dramatisch zu entwickeln. Gelingt es nicht, die Fallzahlen zu reduzieren, so laufen wir tatsächlich in eine Situation, die wir in der Versorgung von Patientinnen und Patienten so bisher noch in keinem Maße kennen“, meint wiederum Jens Meier. Man habe im Laufe des Sommers mehrere Vorkehrungen getroffen, um eine eventuelle zweite Welle überstehen zu können, so in Form von Schutzausrüstungen und einer größeren Menge an Beatmungsgeräten, „allerdings die wichtigste Ressource, nämlich: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Pflege, Ärzte, die mit der Betreuung der Patienten betraut sind“, seien so schnell nicht aufzubauen, da die Ausbildung qualifizierter Kräfte ihre Zeit brauche. Teilen sich immer wenigere Fachkräfte auf immer mehr Patientinnen und Patienten auf, leidet folgerichtig auch die Qualität der Behandlung.
Quelle: ORF