Die Wiener Ärztekammer warnte erneut vor einem sich verschärfenden Mangel an Kassen-Kinderärztinnen und Kinderärzten. Die Versorgungssicherheit könnte bald nicht mehr gegeben sein.
Wien. In Wien gibt es immer weniger Fachärzte und ‑ärztinnen mit Kassenvertrag. Die Folge sind überfüllte Wartezimmer und lange Wartezeiten. George Zabaneh, Obmann der Sektion der zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Ärzte der Ärztekammer für Wien und Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, schiebt die Verantwortung für die derzeitige Situation auf den SPÖ-Gesundheitsstadtrat in Wien.
Zabaneh ist selbst Wahlarzt ohne Kassenvertrag und lässt sich auf orf.at zu gleich damit zitieren, dass er „gerne einen Kassenvertrag“ hätte, diesen würde er aber nur bekommen, „wenn er seinen Dienst im Spital an den Nagel“ hängen würde. Zabaneh erklärt orf.at zu Folge, dass es eine deutliche finanzielle Verbesserung bräuchte, damit er als Kassenarzt dasselbe verdienen würde wie als Wahlarzt. Selbstverständlich schiebt Zabaneh hinterher, dass die „Grundlösung“ darauf abzielen müsse, dass „die Verträge für die Ärzte die Zeit für den Patienten einkalkulieren“.
Als aktuelles Beispiel führt er den Streit um das Honorar für die Mutter-Kind-Pass Untersuchungen an. Für diese Untersuchungen gibt es bisher 18,02 Euro. Die Ärztekammer fordert eine deutliche Erhöhung des Honorars. Die Ärztekammer in Wien hat bereits beschlossen im März 2023 aus dem Vertrag über die Mutter-Kind-Pass Untersuchungen auszusteigen, wenn es keine Erhöhung der Honorare gibt. Auch in anderen Bundesländern droht die Ärztekammer den Vertrag für die Untersuchungen zum Mutter-Kind-Pass zu kündigen.
Das Problem heißt Kapitalismus
Der Streit nicht nur um den Mutter-Kind-Pass, sondern auch die Aussagen Zabanehs selbst zeigen deutlich, dass das zentrale Problem des Gesundheitssystems der Kapitalismus selbst ist. In einer kapitalistischen Gesellschaft kann die Volksgesundheit eben nicht nach der Prämisse der Bedürfnisse der Arbeiterklasse und der kleinen und mittleren Volksschichten und auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen und technologischen Möglichkeiten organisiert und zur Verfügung gestellt werden, sondern lediglich in einem für das System verträglichen Art und Weise.
Letztlich muss festgehalten werden, dass sowohl der Mangel an Kassenärzten und ‑ärztinnen als auch geringe Honorare und Verdienste für Kassenärzte und ‑ärztinnen das Ergebnis einer profitorientierten Gesellschaft und Wirtschaftsweise sind. In einer auf Profit ausgerichteten Wirtschaftsweise ist es nur konsequent, dass Kosten also auch Honorare und damit auch Behandlungszeiten möglichst geringgehalten werden. Schließlich wird von Regierungen aller Couleur immer wieder dieselbe alte Mär von der Reform des Gesundheitssystems in Richtung Leistungsorientierung und Rentabilität erzählt. In einer solche Gesellschaft ist es, dann auch nur konsequent, wenn Ärztinnen und Ärzte als Wahlärzte arbeiten, schließlich lässt sich mit privatversicherten Patientinnen und Patienten mehr Geld verdienen also ein größerer Profit erwirtschaften.
Dass das kein Problem ist, das alleine Wien ist oder nur die SPÖ in Wien verursachte hätte, zeigt auch die Tatsache, dass andere Bundesländer ebenfalls von einem Mangel an Kinderärztinnen und ‑ärzte betroffen sind. Auch in Niederösterreich und Tirol, beides ÖVP geführte Bundesländer, häufen sich die Berichte über einen Mangel an Kinderärztinnen und ‑ärzte.
Die Partei der Arbeit hat sich auf ihrem letzten Parteitag im April ebenfalls mit dem Gesundheitssystem in Österreich befasst. Im auf dem Parteitag beschlossenen Antrag setzt sie sich ausführlich mit der Geschichte des österreichischen Gesundheitssystems und dem Ist-Zustand auseinander. Die Partei hat außerdem einige grundsätzliche Forderungen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beschlossen.
Quelle: ORF/Ärztekammer Wien/PdA