HomePolitikJUNOS und NEOS fordern Pensionsreform: Hauptsache mehr Kapitalismus

JUNOS und NEOS fordern Pensionsreform: Hauptsache mehr Kapitalismus

Die Neos und ihre Jugendorganisation, die Junos, nutzen das Sommerloch für Vorschläge zur Reformierung des österreichischen Pensionssystems. Man ist sich zwar uneinig, wie eine solche aussehen soll und präsentiert zwei Vorschläge, klar ist aber, dass es mehr Markt sein soll. Mit Zahlen und Fakten nimmt man es hingegen nicht so genau.

Wien. Die Schulen sind geschlossen, die Sommerferien haben begonnen und die Sommerpause des österreichischen Parlaments steht auch kurz bevor. Das alljährliche Sommerloch hat also begonnen. Die Neos und die Junos versuchen das Sommerloch nun mit zwei verschiedenen Vorschlägen zur Reformierung des österreichischen Pensionssystems zu füllen. Während sich die Modelle zwar unterscheiden, ist man sich im Wesentlichen einig: mehr Kapitalismus soll es sein.

Mit Zahlen und Fakten nimmt man es nicht so genau

Verkauft werden soll das Ganze als „Aktienpension“ und eine „Pensionsrevolution“, Pensionskonterrevolution wäre wohl die passendere Bezeichnung. Schon bei der Begründung ihres Vorschlags nehmen sie es mit den Fakten nicht so genau. Gerald Loacker, Sozialsprecher der Neos, behauptet, dass ein Drittel der österreichischen Staatsausgaben in die Pensionen fließen würden und der Anteil an den Staatsausgaben weiter steigt.

Die Zahlen für das Jahr 2022 zeigen aber etwas anderes. Einem Kurierbericht aus dem Jahr 2022 ist zu entnehmen, dass die Ausgaben für die Pensionen damals bei 26,1 Milliarden Euro lagen. Die Staatsausgaben insgesamt gibt die Statistik Austria im selben Jahr mit 236 Milliarden Euro an. Das entspricht rund elf Prozent oder etwas mehr als einem Zehntel. Grundsätzlich ist es aber richtig, dass die Ausgaben für die Pensionen zunehmen. Bis 2027 sollen sie auf 37,9 Milliarden Euro steigen. Der Grund dafür ist, dass die sogenannte Babyboomer-Generation das Pensionsalter erreicht. Aber selbst, wenn die Staatsausgaben bis 2027 insgesamt nicht steigen, entspricht das lediglich einem Anteil von rund 16 Prozent oder einem Sechstel.

Das österreichische Pensionssystem

Das österreichische Pensionssystem stützt sich aktuell auf drei Säulen. Die gesetzliche Pensionsversicherung, das sogenannte Umlagesystem, ist die Hauptsäule. Aus dem Umlagesystem erhält jeder unselbstständig Arbeitende seine Pension. Dieses wird im Wesentlichen aus den Beiträgen der arbeitenden Menschen zur gesetzlichen Pensionsversicherung finanziert. Zusätzlich schießt der Staat Geld zu, im Jahr 2022 waren das eben 26,1 Milliarden Euro.

Die beiden Nebensäulen sind die betriebliche Altersvorsorge und die private Altersvorsorge. Die betriebliche Altersvorsorge ist eine freiwillige Sozialleistung mancher Unternehmen. Die private Altersvorsorge ist gegeben, wenn jemand zusätzlich eine private Pensionsversicherung bei einem Versicherungskonzern abschließt, in die er zusätzlich einzahlt.

Die Forderung nach einer „Aktienpension“

Folgt man der nicht auf Fakten basierten Argumentation der Neos und Junos, ist die gesetzliche Pensionsversicherung erledigt. Die Babyboomer würden ihre gesetzliche Pension auf Kosten der jungen Generation beziehen. Sie fordern deshalb eine Aufwertung und Stärkung der privaten Pensionsversicherungen. Das Geschäftsfeld und damit der Profit von Versicherungskonzernen soll vergrößert werden.

Gerald Loacker forderte auf der heutigen Pressekonferenz der Neos, dass Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Angestellte in Betrieben ohne betriebliche Altersvorsorge ebenfalls die Möglichkeit erhalten sollen, in eine solche einzahlen zu können. Außerdem fordert Loacker die Abschaffung der Kapitalertragssteuer beim Verkauf von Wertpapieren, wenn diese länger als ein Jahr gehalten werden. Er begründet das damit, dass Menschen, die jahrelang Geld in Wertpapieren und Aktien veranlagen mit dem Ziel ihre Pension aufzubessern, wie Spekulanten behandelt würden.

Etwas anders sieht der Vorschlag der Junos aus. Diese fordern, dass ein Teil der Gelder aus der gesetzlichen Pensionsversicherung abgespalten werden soll. Dieser soll dann in einen staatlichen Fonds fließen, der mit dem Geld auf der Börse spekulieren soll. Für den Beginn schlagen die Junos vor, dass dafür jährlich eine Milliarde Euro verwendet werden soll. Außerdem sollen Erwerbstätige die Möglichkeit erhalten, zusätzlich selbst Geld in diesen Fonds einzuzahlen. Den Vorschlag der Junos lehnen die Neos ab, weil ein solcher Fonds wohl von der jeweiligen Regierung genützt würde, um „Spezis“ zu versorgen.

Markt vergrößern, Profite maximieren

In beiden Fällen soll der Markt im Bereich Altersvorsorge gestärkt werden. Die Profiteure einer solchen Politik sind Versicherungs- und Finanzkonzerne. Die Verliererinnen und Verlierer sind die zukünftigen Pensionistinnen und Pensionisten. Ihre Pensionen wären mit einer solchen Politik alles andere als gesichert. Die Umsetzung wäre ein erster Schritt in Richtung Privatisierung der Altersvorsorge. Was zu erwarten ist, wenn mit Pensionsgeldern an der Börse spekuliert wird, kann man übrigens auch bei der „Abfertigung neu“ gut beobachten.

Anders als die alte Abfertigung, die sich aus den Beiträgen der Arbeitnehmer gespeist hat und stetig wuchs, je länger man im selben Betrieb war, wird die Abfertigung neu in Wertpapieren veranlagt. In letzter Zeit häufen sich die Berichte darüber, was ohnehin zu erwarten war, nämlich dass in Zeiten von Turbulenzen auf den Finanzmärkten auch die Abfertigungen sinken. Es gibt zwar einen garantierten Mindestbetrag, der ausbezahlt werden muss, darüber hinaus bleibt für viele aber kaum etwas übrig.

Quelle: Der Standard/Kurier/Statistik Austria

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