HomeWeitere RessortsKommentarWeshalb wählt ein 83-jähriger, in Wien lebender Tiroler die „Liste Gaza“?

Weshalb wählt ein 83-jähriger, in Wien lebender Tiroler die „Liste Gaza“?

Gastbeitrag von Gerhard Oberkofler, geb. 1941, Dr. phil., Universitätsprofessor i. R. für Geschichte an der Universität Innsbruck.

Zu Mantua in Banden der treue Hofer war, in Mantua zum Tode führt ihn der Feinde Schar. Es blutete der Brüder Herz, ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz, mit ihm das Land Tirol, – mit ihm das Land Tirol, – mit ihm das Land Tirol, - mit ihm das Land Tirol.

In der vom “Deutschen Reich” besetzten Hauptstadt des “Heiligen Landes Tirol” 1941 geboren und römisch-katholisch getauft, erinnert sich der Autor, dass ihm in der nach dem Feldprediger Joachim Haspinger benannten Buben-Volksschule dieses Lied von der Lehrerin im gleichen Rang wie vom Katecheten aus dem Stift Wilten die “Zehn Gebote” als Ergebnis der Vertreibung der Menschen aus dem “Paradies” eingeübt wurde. An der Ecke Haspingerstraße zu der nach dem Kriegshelden Josef Speckbacher benannten Straße wuchs der Autor in einer bombengeschädigten Erdgeschoßwohnung mit darunter liegendem, während der Bombenangriffe als Luftschutzkeller benützten Kohlenkeller auf. Seit 1945 war das “Heilige Land Tirol” nicht mehr “großdeutsch”. Es war, von den gegen die deutschen Faschisten siegreich kämpfenden Alliierten befreit, wieder ein föderales Land der Republik Österreich geworden.

Im Zwielicht des Alters werden Kindheitserinnerungen öfters präsent, zumal wenn sie sich mit der Gegenwart von Kindern in unserer Welt konfrontieren. Weshalb hat es “Bombenkinder” gegeben und weshalb gibt es solche auch heute noch? Das Fundament für Kriege um Annexionen, für Unterdrückung und Völkermord ist im Jetzt nicht anders als vor 1945, weil die dafür verantwortlichen imperialistischen Herrschaftsstrukturen sich nicht geändert haben. Denken wir zum Beispiel nur an den von den USA-Imperialisten durch ihr Militär exekutierten Völkermord mit Napalm in Vietnam. Ein Unterschied zu den von den deutschen Faschisten in Charkow 1942/43 erstmals ausprobierten “Gaswagen” zur Tötung friedlicher Sowjetfrauen mit ihren Kindern mittels Gas ist aus Sicht der Opfer nicht erkennbar. Oder denken wir, wie mit unseren zivilisatorischen Werten zugesehen wird, wie im Mittelmeer Hunderte von flüchtenden Frauen und Kinder mit ihren Träumen auf ein menschliches Leben ertränkt werden. Unsere wahlwerbenden Parteien lassen mit ihrer korrumpierten Journaille und mit ihren intellektuellen Kommis, die sich mit Berufung auf die Stilistik unserer Republikverfassung sammeln, bewusst wegschauen, weil die reichen Systemeliten in Österreich und Europa das für die Erweiterung und Sicherung ihres Profits eben wünschen und daraus Nutzen ziehen.

Es gibt bei den anstehenden Parlamentswahlen nicht wirklich eine Wahl zwischen “rechts” oder “links”. Das sind austauschbare Etiketten. Die Gelegenheit dieser Wahl nimmt aber eine “Liste Gaza” zum Anlass, um das Volk in Österreich auf den von unseren Parlamentsparteien totgeschwiegenen, wenn schon nicht wie von AfD, Ampelparteien und CDU/CSU unterstützten Völkermord der israelischen Militärs (vgl. Oskar Lafontaine auf NachDenkSeiten vom 13.8.2024) gegen das palästinensische Volk aufmerksam zu machen. Dessen Hintergrund ist nackter Rassismus und Kolonialismus. Deshalb wähle ich die “Liste Gaza”.

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