Hunderttausende kambodschanische Wanderarbeiter fliehen aus Thailand zurück in ihre Heimat – aus Angst vor neuen Grenzgefechten, Angriffen und Gerüchten über drohenden Land- und Staatsbürgerverlust. Eine fragile Waffenruhe hält bislang, doch die Unsicherheit bleibt.
Phnom Penh. Aus Angst vor neuer Gewalt kehren derzeit Hunderttausende kambodschanische Arbeitsmigranten aus Thailand zurück. Gleichzeitig bemühen sich beide Länder, eine fragile Waffenruhe entlang ihrer gemeinsamen, 800 Kilometer langen Grenze zu bewahren. Die Spannungen hatten sich zuletzt wegen Streitigkeiten um kleinere Grenzgebiete verschärft. Ein fünftägiges Gefecht im Juli forderte mindestens 43 Tote und zwang über 260.000 Menschen in beiden südostasiatischen Staaten zur Flucht.
Zurück in der Heimat – arbeitslos
Eine fragile Waffenruhe, die von Malaysia mit Unterstützung der USA und Chinas vermittelt wurde, scheint derzeit zu halten, während Vertreter versuchen, die dem Konflikt zugrundeliegenden Probleme zu lösen. Die Rückkehr hat viele der Arbeiter, die nun nach Kambodscha strömen, in Sorge versetzt, wie sie über die Runden kommen sollen, nachdem sie ihre Jobs aufgegeben haben, mit denen sie ihren Familien Geld schicken konnten.
Die Gründe für die Flucht aus Thailand sind vielfältig. Menschenrechtsaktivisten berichteten, dass einige Wanderarbeiter von Banden junger Thais angegriffen worden seien. Andere seien durch unbestätigte Gerüchte beunruhigt gewesen, wonach die kambodschanische Regierung ihr Land beschlagnahmen und ihre Staatsbürgerschaft entziehen würde, falls sie nicht bis Mitte August zurückkehrten.
65 Prozent aus Thailand zurückgekehrt
Das kambodschanische Ministerium für Arbeit und berufliche Ausbildung schätzt, dass 1,2 Millionen Kambodschanerinnen und Kambodschaner in Thailand arbeiteten, als die Grenzstreitigkeiten im Juni zu eskalieren begannen. Die Schätzungen variieren, doch Ministeriumssprecher Sun Mesa sagte, dass mindestens 780.000 – etwa 65 Prozent – nach Kambodscha zurückgekehrt seien.
Er erklärte, die Arbeiter könnten auch in ihrer Heimat Jobs mit gleicher Bezahlung und gleichen Leistungen finden – wobei sich dann natürlich die Frage stellt, warum sie überhaupt in ein fremdes Land gezogen sind. Viele jener, die aus Armut oder aufgrund des Klimawandels zur Arbeit nach Thailand gegangen waren, äußerten Zweifel.
Wanderarbeiter als gut ausbeutbare Arbeitskräfte
Wanderarbeiter übernehmen in Thailand wichtige Aufgaben in Landwirtschaft, Bauwesen und Industrie. Außerdem überweisen sie jedes Jahr fast drei Milliarden US-Dollar an ihre Familien, wie Daten des Arbeitsministeriums zeigen.
Der Verlust dieses Einkommens könne für Familien, die auf diese Überweisungen angewiesen sind, um hohe Schulden zu bedienen, verheerend sein, sagte Nathan Green, Assistenzprofessor für Geographie an der National University of Singapore.
„Solche Konflikte zeigen, wie unsicher die Lebensgrundlagen von Migranten in Kambodscha sind“, so Green.
Eine im Ausland ansässige Interessenvertretung, die Khmer Movement for Democracy, forderte die Regierung auf, Kreditrückzahlungen zu verschieben und Anreize für Unternehmen zu schaffen, zurückkehrende Migrantinnen und Migranten einzustellen.
„Ohne wirtschaftliche Schutzmaßnahmen werden die Familien der Rückkehrer ihre Schulden nicht zurückzahlen können, und die Finanzinstitute werden ihnen im Nacken sitzen“, sagte Mu Sochua, Präsidentin der Gruppe. „Wir sprechen hier von den Ärmsten der Armen, die dann ohne Einkommen dastehen.“
Quelle: AP