In Montemurlo eskalierte ein Arbeitskampf: Arbeiter einer Textilfabrik, viele aus Afghanistan und Bangladesch, wurden während eines Streiks von der Firmenchefin und weiteren Angreifern attackiert. Hinter dem Konflikt steht laut der Gewerkschaft Sudd Cobas ein System der Ausbeutung, das durch Briefkastenfirmen, Lohndumping und extreme Prekarität geprägt ist – mitten im Herzen der italienischen Modeindustrie.
Prato. Der Arbeitskonflikt bei Alba Srl – Bügel- und Textilkonfektion hat neue Qualitäten erreicht. Bis vergangenen Jänner waren die Beschäftigten formal bei Forservice Srls angestellt, auch wenn sie im Werk von Alba arbeiteten und von dieser direkt angeleitet wurden. Hungerlohn durch Anwendung des Reinigungsvertrags auf Bügler und Näher, unbezahlte Überstunden und extreme Prekarität prägten ihre Bedingungen. Zuvor waren sie bei ReStiro Srl beschäftigt gewesen, die verschwand, ohne Abfertigungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld zu zahlen. Nach den ersten Streiks war im Februar ein Abkommen erreicht worden, das zur direkten Anstellung bei Alba Srl mit unbefristeten Verträgen und Anwendung des nationalen Kollektivvertrags für die Textilindustrie führte.
Doch die Hoffnungen zerschlugen sich bald: Im April wurden einige der Nähmaschinen in ein neues Werk verlegt, das wiederum auf Forservice registriert war, wo die Arbeiter – von einem Vorarbeiter auch in anderen Städten rekrutiert – laut Sudd Cobas zu Zwölf-Stunden-Schichten gezwungen und zwischen Fabrik und Unterkunft eingepfercht würden.
„Es handelt sich um eine schwerwiegende Situation, die Gefahr läuft, Dutzende reguläre Arbeitsplätze zu vernichten und sie durch ebenso viele Ausbeutungsverhältnisse zu ersetzen“, prangert Sudd Cobas Prato-Florenz an. Das Unternehmen habe nämlich ein systematisches Projekt gestartet, das Hauptwerk durch Subunternehmer und Tochtergesellschaften auszuhöhlen und damit das Gewerkschaftsabkommen zu umgehen.
Völlig menschenunwürdige Zustände
Fäuste, Tritte und ein Arbeiter, der mit dem Krankenwagen abtransportiert wurde. Am dritten Tag der Mahnwache vor den Werkstoren standen die Beschäftigten der Firma Alba in Montemurlo, Provinz Prato, vor einer Szene, die sie sich im Verlauf ihres Kampfes niemals hätten vorstellen können – eines Kampfes, der noch vor einigen Monaten eine positive Wendung genommen zu haben schien.
Doch sie mussten erneut ihre Stimme erheben. Unterbrochen durch den erlittenen Angriff war es der dritte Tag der Mahnwache: Die Arbeiter – fast alle aus Afghanistan und Bangladesch – streikten, um ihre Arbeitsplätze und erkämpften Rechte zu verteidigen, als ihnen die Firmenchefin selbst gegenüberstand, die die Zelte der Mahnwache zerstörte und die Arbeiter tätlich angriff, gefolgt von der Ankunft eines Autos mit Personen, die es offensichtlich darauf abgesehen hatten, die Protestierenden zu verprügeln.
Made in Italy-Marken sollen zusehen
Bestätigt werden diese Vermutungen durch die seit Monaten ausbleibende Mietzahlung für das historische Werk sowie die gleichzeitige Eröffnung zweier weiterer Fabriken unter verschiedenen Firmennamen. Die angegriffenen Arbeiter bügeln und nähen Kleidungsstücke für wichtige Modemarken des Made in Italy, „die im Geschäft so viel kosten wie ein Monatsgehalt von ihnen“, betont die Gewerkschaft. Deshalb schließt Sudd Cobas nicht aus, die Auftraggeber direkt in den Konflikt einzubeziehen: „Die Marken sollen nicht glauben, unbeteiligt zu sein. Was bei Alba Srl passiert ist, betrifft sie direkt.“
Der Vorfall reiht sich in ein größeres Bild von Gewalt gegen Streikende im Prateser Industriebezirk ein: „Ein Jahr nach dem Knüppelüberfall auf die Mahnwache in Seano erleben wir wieder Szenen von Gewalt“, erinnert die Gewerkschaft an frühere Übergriffe gegen kämpfende Arbeiter.
Prato als Schandfleck der Arbeitsrechte
Nun kündigen die Gewerkschafter an, das Eingreifen der Arbeitsinspektion zu beantragen, und appellieren an die lokalen Institutionen: „Prato darf nicht länger die Stadt der verweigerten Rechte und der Gewalt gegen Streikende sein. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger, die Zivilgesellschaft und die Institutionen auf, zu reagieren. Wir sind bereit zur Mobilisierung.“ Ein Kampf, der nicht nur eine einzelne Fabrik betrifft, sondern das gesamte System der Mode „Made in Italy“, in dem „verweigerte Rechte, Firmen, die schließen und unter anderem Namen wieder öffnen, und Gewalt gegen Protestierende“ für viel zu viele Beschäftigte Alltag sind.
Quelle: IlFattoQuotidiano