Gaza/Tel Aviv. Israel hat in der Nacht auf Donnerstag eindrucksvoll gezeigt, dass es nicht nur das Völkerrecht, sondern auch die einfachste Menschlichkeit mit Füßen tritt. Man rühmt sich einmal mehr seiner „Sicherheitsdoktrin“ und macht dabei, was Apartheid- und Kolonialstaaten immer tun: Völkerrecht missachten, Lügen zur Waffe machen. Rund 40 Boote der „Global Sumud Flotilla“, beladen mit Medikamenten, Lebensmitteln und vor allem dem Willen, der mörderischen Blockade von Gaza etwas entgegenzusetzen, wurden von der israelischen Marine abgefangen – in internationalen Gewässern, weit vor der Küste. „Kein Boot durchbrach die Blockade“, prahlt das Außenministerium in Tel Aviv. Man könnte auch sagen: Kein Boot durfte.
Die Organisatoren berichten, dass 443 Menschen auf das Kriegsschiff MSC Johannesburg gebracht wurden – ein klarer Akt der Entführung in internationalen Gewässern. Ganze Schiffe, etwa die Aurora, die Grande Blu oder die Free Willy, sind seitdem „verschwunden“. Israel spricht von einer „erfolgreichen Sicherung der Blockade“. In Wahrheit ist es nackte Piraterie.
Die Aktivistinnen und Aktivisten – rund 500 Menschen aus 44 Ländern, darunter Greta Thunberg, europäische Abgeordnete, Juristen, Parlamentarier, ein Enkel Mandelas – werden wie Verbrecher behandelt. Identifiziert, festgesetzt, abgeschoben. Ihr „Verbrechen“? Den Versuch, eine Million hungernde und belagerte Menschen zu erreichen. Dass Israel ihre Festnahme als „Sicherheitsmaßnahme“ verkauft, ist der Gipfel der Perversion. Was hier wirklich „unterbunden“ wird, sind Medikamente gegen Seuchen, Nahrung gegen Hunger und das Überleben einer Bevölkerung.
Die israelische Propaganda kennt keine Schamgrenze. Mal heißt es, die Hamas stecke hinter allem, die Hilfsflotten seien „provokativ“ und nicht „wirklich humanitär“. Gleichzeitig behauptet man, man sei doch bereit gewesen, die Hilfsgüter „über Aschdod“ in den Gazastreifen zu bringen – also durch eben jene Blockade, die Hunger und Krankheit systematisch als Kriegswaffe einsetzt. Die Organisatoren lehnten ab, mit gutem Grund: Humanitäre Hilfe, die vom Blockierer verwaltet wird, ist keine Hilfe, sondern Teil der Belagerung.
Das Update der Flottille vom 2. Oktober spricht Klartext: Israel hat zivile Freiwillige entführt, Schiffe gekapert und versucht, durch Demütigung und Gewalt den Widerstand gegen seine Blockade zu brechen. Doch die Realität ist eine andere: Diese Repression hat die internationale Aufmerksamkeit erst recht verstärkt.
Während in Italien und Spanien Proteste Bahnhöfe lahmlegen, während Kolumbien seine verbliebenen israelischen Diplomaten ausweist und selbst die Türkei juristische Schritte einleitet, hält sich die offizielle EU auffallend zurück. Österreichs Regierung? Fest im Schlepptau Israels, fest im Würgegriff der „Staatsräson“. Dass sich unter den Entführten auch vier Österreicher befinden, reicht nicht, um in Wien mehr als ein paar lauwarme Floskeln zu produzieren.
Gaza wurde seit fast zwei Jahrzehnten in ein Freiluftgefängnis verwandelt, und Israel verteidigt diese Politik mit Bomben, Lügen und Massenmord. Dass man nun in internationalen Gewässern Boote stoppt, die Nahrung und Medikamente bringen wollen, ist nichts anderes als Piraterie im Dienste eines Genozids. Doch je aggressiver die Repression, desto sichtbarer wird die Wahrheit: Nicht die Flotte ist „provokativ“, sondern eine Blockade, die Millionen Menschen zur Geisel nimmt. Nicht die Aktivistinnen und Aktivisten sind eine „Gefahr“, sondern der israelische Staat, der in Gaza vor den Augen der Welt einen Genozid verübt.
Die internationale Solidarität wächst – und sie wächst, weil Israels Kriegsmaschinerie es selbst erzwingt. Wer Hilfsgüter stoppt, wer Friedensaktivisten fesselt, wer Hunger als Kriegswaffe nutzt, zeigt der Welt sein wahres Gesicht: das eines kolonialen Apartheidstaats. Und noch etwas entlarvt es: den Westen, der schweigt, relativiert und mit jedem Tag deutlicher zeigt, dass „Menschenrechte“ für ihn nur dort gelten, wo sie nicht mit Kapital und imperialen Interessen kollidieren.
Quelle: ORF / Global Sumud Flottila